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Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG bleibt der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem bebauten Grundstück durch den überlebenden Ehegatten steuerfrei, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.
Voraussetzung ist, dass das Grundstück beim Erwerber zur unverzüglichen Selbstnutzung bestimmt ist (sog. Familienheim). Der BFH musste nun darüber entscheiden, ob eine Selbstnutzung in Ausübung eines dinglichen Wohnrechts ebenfalls ausreicht.
BFH 3.6.14, II R 45/12

Sachverhalt

Im Streitfall war die Klägerin zwar Miterbin ihres verstorbenen Ehemannes. Entsprechend den testamentarischen Verfügungen wurde jedoch das Eigentum an dem zum Nachlass gehörenden Grundstück an die beiden Kinder des Erblassers übertragen und der Klägerin im Gegenzug ein lebenslanges Wohnrecht an der vormals gemeinsamen ehelichen Wohnung eingeräumt. Das FA setzte Erbschaftsteuer ohne Berücksichtigung der Steuerbefreiung für Familienheime nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG fest.

Entscheidung

Die letztwillige Zuwendung eines dinglichen Wohnrechts erfüllt nach Auffassung des BFH, der die Klageabweisung durch das FG im Ergebnis bestätigt hat, nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Steuerbefreiung für Familienheime.
Dass die Klägerin die Familienwohnung weiterhin zu eigenen Wohnzwecken nutzte, sei insoweit unerheblich. Der Gesetzeswortlaut der Steuerbefreiung sei eindeutig und begünstigt nur den Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum. Sei der Erwerber aufgrund eines testamentarisch angeordneten Vorausvermächtnisses verpflichtet, das Eigentum an der Familienwohnung auf einen Dritten (hier die Kinder des Erblassers) zu übertragen, könne er die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen.
Eine Anwendung der Steuerbefreiung auf die letztwillige Zuwendung eines Wohn- oder sonstigen Nutzungsrechts könne weder durch die mit der Vorschrift verfolgten Ziele noch durch verfassungsrechtliche Gründe gerechtfertigt werden.

Erläuterungen

Ein Erwerber kann die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen, soweit er das begünstigte Vermögen aufgrund einer letztwilligen oder rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers auf einen Dritten übertragen muss (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 2 ErbStG).
Der eindeutige Gesetzeswortlaut setzt das Eigentum für die Begünstigung voraus.
Eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut eines Gesetzes durch den BFH wäre nur in Betracht gekommen, wenn die wortgetreue Gesetzesanwendung offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers widersprochen und zu einem offenbar sinnwidrigen Ergebnis geführt hätte, das durch die beabsichtigte Auslegung vermieden oder jedenfalls entscheidend gemindert würde, ohne andere Wertungswidersprüche hervorzurufen. Dies ließ sich indes nicht feststellen.
Bemerkenswert ist schließlich der Hinweis des BFH darauf, dass der Gesetzgeber bei der Steuerfreistellung des zur individuellen Lebensgestaltung bestimmten Vermögens Grundeigentümer und Inhaber anderer Vermögenswerte in einem gleichen Individualbedarf steuerlich gleichbehandeln muss und vor diesem Hintergrund zweifelhaft ist, ob die Befreiungsvorschrift § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG mit diesem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist.
Eine Anwendung dieser Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus auch auf den Nutzungsberechtigten wäre verfassungsrechtlich noch bedenklicher und ist somit ausgeschlossen. Daher scheidet eine Anwendung der Vorschrift aus, wenn der Erwerber nicht Eigentümer ist.