Der BFH hatte jüngst entschieden, dass Zivilprozesskosten sowohl für den Kläger als auch den Beklagten unabhängig vom Gegenstand des Verfahrens außergewöhnliche Belastungen sind, wenn das Verfahren eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Urteilsbegründung, wonach Ansprüche regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren sind und eine Person das Prozesskostenrisiko daher nicht freiwillig übernimmt, ließ darauf schließen, dass hierunter nicht nur die Kosten für Zivilprozesse, sondern auch für Verwaltungs-, Sozial-, Straf- und privat veranlasste Finanzgerichtsverfahren fallen.
BMF 20.12.11, IV C 4 – S 2284/07/0031 :002,
BFH 12.5.11, VI R 42/10
Die Verwaltung ist jedoch vom BMF angewiesen, dieses Urteil nicht anzuwenden, weil solche Aufwendungen regelmäßig nicht zwangsläufig erwachsen. Es bleibt damit bei der bisherigen Ausnahme, dass ein Abzug im Rahmen des § 33 EStG nur in Betracht kommt, wenn eine Person ohne den Rechtsstreit Gefahr laufen würde, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Die langjährige Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung hat der BFH aktuell geändert. Nach der neuen Sichtweise muss die Prozessführung nur eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten. Für eine solche eindeutige, zuverlässige und rechtssichere Einschätzung stehen der Finanzverwaltung keine Instrumente zur Verfügung. Betroffen von dieser neuen Rechtsprechung ist eine erhebliche Anzahl von Fällen. Im Hinblick auf eine mögliche gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung von (Zivil-)Prozesskosten, die auch die Rückwirkung an die bisher geltende Rechtslage einschließt, können daher grundsätzlich Prozesskosten auch für eine Übergangszeit nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.