Wird ein Berufsbetreuer gerichtlich bestellt, kann er sich nach Ansicht des BFH auf die Steuerfreiheit seiner Betreuungsleistungen auf Unionsrecht berufen, auch wenn sie vor dem 1.7.2013 im Inland noch nicht umsatzsteuerfrei waren.
BFH 25.4.13, V R 7/11
Hintergrund
Nach dem im Streitzeitraum geltenden Recht waren Leistungen als Einrichtung zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen oder zur ambulanten Pflege gemäß § 4 Nr. 16 UStG von der Umsatzsteuer befreit.
Alternativ galt dies über § 4 Nr. 18 UStG auch für Mitglieder in einem anerkannten Verband der Wohlfahrtspflege. Gemäß (Art. 132 Abs. 1 Buchstabe g) der Mehrwertsteuer-System-Richtlinie sind aber die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen von der Steuer zu befreien, wenn sie durch eine Einrichtung mit sozialem Charakter bewirkt wird.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige erbrachte in den Streitjahren Betreuungsleistungen und wurde hierfür von den zuständigen Vormundschaftsgerichten bestellt. Sie behandelte die erbrachten Betreuungsleistungen zunächst als umsatzsteuerpflichtig, beantragte dann aber, dass die Leistungen um-satzsteuerfrei sind.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass die Leistungen der Steuerpflichtigen in den Streitjahren nach deutschem Recht nicht steuerfrei seien, da die notwendigen Voraussetzungen einer Steuerfreiheit nicht gegeben waren. Jedoch kann sich die Betreuerin auf internationales Recht berufen.
Demzufolge sind die Betreuungsleistungen aufgrund einer Bestellung vom zuständigen Vormundschaftsgericht umsatzsteuerfrei. Das Unionsrecht umfasst gemäß §§ 1896 ff. BGB alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, sodass es dessen Wohl entspricht. Hierbei handelt es sich um eng mit der Sozialfürsorge verbundene Dienstleistungen. Der Betreuer ist durch seine gerichtliche Bestellung und Überwachung auch eine anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter.
Hinweis?
Nicht steuerfrei sind allerdings Leistungen, die zum Gewerbe oder zum Beruf des Betreuers gehören, etwa Beratungsleistungen als Rechtsanwalt für betreute Personen.
Zu beachten ist im Übrigen, dass bei umsatzsteuerfreier Betreuungsleistung in der Vergangenheit geltend gemachter Vorsteuerabzug zu korrigieren bzw. rückgängig zu machen ist. Außerdem sind die Rechnungen zu berichtigen, um eine Steuerschuld nach § 14c UStG zu vermeiden.
Praxishinweis
Seit dem 1.7.2013 sind Leistungen der Betreuer auch nach § 4 Nr. 16k UStG umsatzsteuerfrei. Die Neuregelung durch das Amtshilfe-Richtlinie-Umsetzungsgesetz gilt aber nur für Leistungen, die ab Juli 2013 erbracht werden.
Für Leistungen bis zum 30.6.2013 können sich die Berufsbetreuer jetzt gemäß BFH in allen noch offenen Veranlagungen auf Unionsrecht berufen, was entsprechende Erstattungen zur Folge hat.