Erbt ein Steuerpflichtiger eine mit einem Wohnrecht belastete Immobilie und beabsichtigt er, nach entgeltlicher Ablösung des Wohnrechts, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, stellt sich die Frage nach der steuerlichen Qualifizierung dieser an den Wohnrechtsberechtigten geleisteten Zahlung. Das FG Niedersachsen hat hierzu aktuell entschieden, dass eine solche Zahlung zu (nachträglichen) Anschaffungskosten des Grundstücks und nicht zu sofort abziehbaren Werbungskosten führt.
Diese Auffassung entspricht der bisherigen Rechtsprechung des BFH. Danach sind Zahlungen zur Ablösung eines einem Dritten zustehenden dinglichen Rechts an einem Grundstück nachträgliche Anschaffungskosten i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB, wenn
* durch das dingliche Recht die Befugnisse des Eigentümers i. S. v. § 903 BGB beschränkt gewesen sind,
* der Eigentümer durch die Ablösezahlung die Beschränkung seiner Eigentümerbefugnisse beseitigt und
* er sich somit die vollständige rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Grundstück verschafft.
* Auf der anderen Seite besteht nach Auffassung des BFH ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn der Eigentümer aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit dem Wohnungsberechtigten ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser sein Wohnungsrecht nicht (mehr) ausübt und er es so erreicht, das Grundstück vermieten und Einkünfte daraus erzielen zu können. Solche Zahlungen sind daher sofort abziehbare Werbungskosten.
Praxistipp
Der BFH hat im Besprechungsfall die Revision im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nachträglich zugelassen und hat damit Gelegenheit, seine bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze zu präzisieren. In vergleichbaren Fallkonstellationen sind daher Einspruch bzw. Klage geboten.
Fundstlle
FG Niedersachsen 2.7.20, 2 K 228/19, Rev. BFH IX R 9/21