Stellen Sie sich die folgenden zwei Situationen vor: Situation eins – Steuerberater A übernimmt eine Steuerberaterkanzlei mit zwei Mitarbeitern. Situation zwei – Steuerberater B macht sich als Start-up selbstständig, zunächst ohne Mitarbeiter.
Frage: Müssen sich beide bei einer Berufsgenossenschaft (BG) melden? Oder gilt dies nur für A, weil er feste Mitarbeiter hat? Eine kleine Umfrage unter Steuerberatern führte zu überraschenden Antworten.
Zunächst: Die BGen sind die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und für alle Betriebe, Einrichtungen und Freiberufler zuständig (Ausnahme: landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften oder der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand). Zudem sind sie für die Bereiche Arbeitssicherheit und -gesundheit verantwortlich und beraten sowie überwachen die Betriebe.
Die erste Antwort der Steuerberater lautete: Nur derjenige, der Mitarbeiter hat, muss melden. Diese Antwort ist falsch! Es muss zunächst zwischen „melden“ und „versichern“ unterschieden werden. Zwar ist man als selbstständiger Unternehmer, der keine Mitarbeiter beschäftigt, nicht in jedem Fall versicherungspflichtig, aber nach § 192 SGB VII muss der Existenzgründer sein Unternehmen beim zuständigen Unfallversicherungsträger melden.
Beachten Sie | Für Freiberufler (Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Beratende Betriebs- und Volkswirte, Architekten, Ingenieure, Wissenschaftler, Sachverständige, Schriftsteller, Künstler aus den Bereichen Wort, Musik, bildende Kunst und darstellende Kunst, Designer und Berufe der IT-Branche) ist die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) zuständig: www.vbg.de.
Steuerberatern, die ihre Kanzlei melden möchten, entstehen hierbei keine Kosten (sofern sie keine Mitarbeiter haben). Steuerberater können ihre Kanzlei online unter https://meine.vbg.de anmelden. Nach etwa zehn Tagen erhält der Steuerberater dann postalisch eine „Feststellung unserer Zuständigkeit für Ihr Unternehmen“.
Die zweite Antwort der befragten Steuerberater lautete: Beide müssten gemeldet werden, aber wenn B sich nicht meldet, löst das keine Sanktionen aus. Wie oben beschrieben, muss auch derjenige, der keine Mitarbeiter hat, angemeldet werden. Sanktionen gibt es wohl in der Tat derzeit nicht. Selbst wenn die Meldung schlichtweg vergessen wurde oder wegen Unkenntnis des § 192 SGB VII unterblieben ist, kann der VBG der Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens gemeldet werden. Die VBG erhebt aber nur dann rückwirkend (bis zu vier Jahre) Beiträge, wenn B Mitarbeiter gehabt hätte. A hat zwei Mitarbeiter und muss diese in jedem Fall versichern.
Abwandlung: B bleibt ohne feste Mitarbeiter, hat aber zeitweise Praktikanten mit im Büro. Dann muss B nicht nur melden, sondern auch die Praktikanten versichern.
Praxistipp | Wenn Sie Start-ups beraten, sollten Sie auf § 192 SGB VII hinweisen.
In der Umfrage teilte übrigens ein Steuerberater mit, dass man nicht melde, weil es keine Sanktionen gebe. Ein solches Verhalten ist allerdings nicht mit den Standespflichten vereinbar. Darüber hinaus gerät man unter Umständen unnötigerweise „ins Blickfeld“ der BGen und anderer Behörden. Das sollte tunlichst vermieden werden.
Fundstelle
* Eine Übersicht über die zuständigen BGen finden Sie unter https://www.dguv.de