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Vorsteuerberichtigungsansprüche entstehen im Rahmen der Masse­verwaltung und erhöhen damit die gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 InsO als Masseverbindlichkeit festzusetzende Umsatzsteuerjahresschuld.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige wurde jeweils zum Insolvenzverwalter der X-GmbH, ihrer Holding- sowie ihrer Schwestergesellschaft G bestellt.

In der Zeit vor Insolvenzeröffnung bezog die GmbH zum Vorsteuerabzug berechtigende Eingangsleistungen. Den Vorsteuerabzug nahm sie in den entsprechenden Veranlagungszeiträumen vor Insolvenzeröffnung in Anspruch. Die entsprechenden Eingangsrechnungen waren jeweils an sie als Leistungsempfängerin adressiert. Sie wurden jedoch u. a. von der mittlerweile ebenfalls insolventen Holdinggesellschaft sowie ihrer Schwester­gesellschaft G bezahlt. Im Rahmen der Insolvenzverfahren dieser beiden Gesellschaften forderte der Steuerpflichtige als deren Insolvenzverwalter die an die leistenden ­Unternehmer gezahlten Beträge im Wege der Insolvenzanfechtung nach § 134 InsO als sog. unentgeltliche Leistung zurück.

Die leistenden Unternehmer zahlten die entsprechenden Beträge im Jahr 2015 an die Insolvenzmasse der jeweils ursprünglich die Zahlung veranlassten Holdinggesellschaft bzw. der G zurück. Mit der Rückzahlung lebte der Anspruch auf Zahlung des leistenden Unternehmers gegen die GmbH nach § 144 Abs. 1 InsO wieder auf und konnte von ihm zur Insolvenztabelle der GmbH angemeldet werden.

Das beklagte Finanzamt erließ für das Jahr 2015 unter der vor Insolvenzeröffnung geltenden Umsatzsteuernummer der GmbH eine Steuerberechnung, die als Grundlage für eine Anmeldung der Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle dienen sollte. Darin forderte es die an die GmbH gezahlte Vorsteuer aufgrund der Rückzahlungen der leistenden Unternehmer zurück. Eine Anmeldung zur Insolvenztabelle erfolgte nicht.

Einige Monate später teilte das beklagte Finanzamt dem Steuerpflichtigen die sofortige Aufhebung der Steuerberechnung mit. Gleichzeitig erließ es für das Streitjahr nach § 164 Abs. 2 AO unter der Massesteuernummer einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das beklagte Finanzamt durfte die zunächst ergangene Steuerberechnung aufheben und mangels entgegenstehender Bestandskraft den streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheid erlassen. Eine Steuerberechnung stelle lediglich eine formlose Mitteilung an den Insolvenzverwalter dar.

Überdies habe das beklagte Finanzamt den Vorsteuerabzug dem Grunde und der Höhe nach zutreffend im Streitjahr berichtigt. Die Vorsteuerberichtigung hänge im Streitfall nicht von einer Vereinnahmung des zurückgezahlten Entgelts des Steuerpflichtigen als Insolvenzverwalter der GmbH ab.

Der Wortlaut des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG setze eine derartige Vereinnahmung nicht voraus.

Auch der Sinn und Zweck und der im Umsatzsteuerrecht geltende Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer sprächen gegen das Erfordernis einer Vereinnahmung des Leistungsempfängers, der den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen habe. Die Umsatzsteuer- und Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG seien bedingungslos und zeitgleich vorzunehmen. Zudem seien die Berichtigungsansprüche nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 UStG im Rahmen der Masseverwaltung entstanden und hätten daher die gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 InsO als Masseverbindlichkeit festzusetzende Umsatzsteuerjahresschuld 2015 erhöht. Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 InsO lägen bereits bei einem sonstigen Bezug zur Insolvenzmasse vor.

Praxistipp

Der Steuerpflichtige hat beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen V R 29/21 Revision eingelegt.

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FG Niedersachsen 19.8.21, 11 K 133/20, Rev. BFH V R 29/21