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Mehrere Urteile beschäftigen sich mit dem Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Grundstücken.
Der BFH hat sich aktuell zur Abgrenzung einzelner Gebäudeteile geäußert. Zu der Berechnung der Vorsteueraufteilung und der 2004 gestrichenen Aufteilung nach dem günstigen Umsatzsteuerschlüssel liegen zwischenzeitlich mehrere FG Entscheidungen vor.
Quelle:
FG Niedersachen 23.4.09, 16 K 271/06, Revision unter V R 19/09,
FG Düsseldorf 11.9.09, 1 K 996/07 U, Revision unter XI R 31/09,
FG Münster 8.12.09, 15 K 5079/05 U, 15 K 1271/06 U,
Revision unter V R 1/10 und V R 2/10
BFH 15.10.09, XI R 82/07, 13.8.08, XI R 53/07, BFH/NV 09, 228
BFH 23.9.09, XI R 18/08, 17.12.08, XI R 64/06, BFH/NV 09, 798
EuGH 8.5.03, C-269/00, BStBl II 04, 378; 12.2.09, C-515/07, UR 09, 199
OFD Karlsruhe 28.1.09, S 7300/5
BMF 13.4.04, IV B 7 – S 7300 – 26/04, BStBl I 04, 469

Kein Vorsteuerabzug aus Kosten für einen privaten Anbau

Errichtet ein Unternehmer ein ausschließlich für private Wohnzwecke zu nutzendes Einfamilienhaus als Anbau an eine Werkshalle auf seinem Betriebsgrundstück, darf er den Anbau nicht seinem Unternehmen zuordnen, wenn beide Bauten räumlich voneinander abgrenzbar sind. In diesem Fall steht ihm kein Vorsteuerabzug aus den Kosten für die Errichtung des Anbaus zu. In dem vom BFH entschiedenen Fall wollte der Unternehmer durch die räumliche Nähe ständig kurzfristig für Kunden und Lieferanten erreichbar sein. Die Werkshalle wurde teilweise durch den Anbau des Einfamilienhauses überdacht, sämtliche Versorgungsleitungen des Neubaus verliefen über die Werkshalle und der Anbau wurde auf die Eckfundamente der Werkshalle aufgesetzt.
Grundsätzlich kann nach dem Seeling-Urteil des EuGH eine gemischt genutzte Immobilie insgesamt dem Unternehmen zugeordnet werden. Die auf das gesamte Gebäude entfallenden Vorsteuerbeträge können dann abgezogen werden. Dieses Zuordnungswahlrecht könnte für das Einfamilienhaus aber nur ausgeübt werden, wenn es als Bestandteil gemeinsam mit der Werkshalle als einheitliches Gebäude anzusehen wäre. Wird jedoch ein getrenntes Wirtschaftsgut neu hergestellt und ausschließlich privat genutzt, besteht von vornherein kein Zuordnungswahlrecht.
Zwar ist das Einfamilienhaus zivilrechtlich ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks geworden, was aber umsatzsteuerlich für die Einstufung als selbstständiger Gegenstand nicht maßgeblich ist. Die Werkshalle ist vom Eigenheim abgrenzbar, wird vom Anbau nicht geprägt und sie erfährt durch den Neubau trotz der räumlichen Nähe keine wesentliche Nutzungs- und Funktionsänderung. Um dies zu erreichen und den Vorsteuerabzug zu retten, wäre zum Beispiel ein Durchgang zwischen Einfamilienhaus und Betriebshalle notwendig. Gemeinsame Versorgungsleitungen sowie das Fehlen einer eigenen Außenwand beim Einfamilienhaus reichen nach Meinung des BFH nicht aus, um ein einheitliches Gebäude anzunehmen.
Der Urteilstenor deckt sich mit der Auffassung der Finanzverwaltung. Hiernach ist die Zuordnung eines Anbaus unabhängig von der des Altgebäudes zu beurteilen. Wird der Anbau ausschließlich nichtunternehmerisch genutzt, ist eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen daher nicht möglich. Wird der Anbau hingegen sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch genutzt, ist eine Zuordnung nach den allgemeinen Kriterien zulässig. Diese Beurteilung ist für Umbaumaßnahmen entsprechend anzuwenden, da hier die Zuordnungsentscheidung ebenfalls für jeden Leistungsbezug separat getroffen werden muss.
Nicht mit dem Gebäude zusammenhängende Bauwerke auf demselben Grundstück sind Garagen, Photovoltaikanlagen und Gartenhäuser, die stets selbstständig zu beurteilen sind. Außenanlagen können insoweit dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden, als eine unternehmerische Mitbenutzung erfolgt. Gartenanlagen werden in der Regel ausschließlich nichtunternehmerisch genutzt und berechtigen daher nicht zum Vorsteuerabzug.

Vorsteueraufteilung nach Umsatzschlüssel ist weiterhin möglich

Bei gemischt genutzten Gebäuden ist eine Vorsteueraufteilung auch nach dem Verhältnis der jeweiligen Umsätze zueinander weiterhin möglich. Mit diesem Tenor schließt sich das FG Münster der Auffassung des FG Niedersachsen an, wonach eine zwingende Aufteilung nach dem Flächenverhältnis nicht mit der Mehrwertsteuer-Richtlinie zu vereinbaren ist (s. AStW 09, 550). Nach § 15 Abs. 4 UStG kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge der Vorsteuer im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln, wobei ab 2004 das Verhältnis der Nutzflächen vorrangig ist und der Umsatzschlüssel nicht mehr zur Anwendung kommt. Für diese Einschränkung in § 15 Abs. 4 S. 3 UStG sehen die FG keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage, sodass ein Unternehmer sich auf das günstigere EU-Recht beziehen und als alternativen Aufteilungsmaßstab den Umsatzschlüssel verwenden kann.
Aufgrund der anhängigen Revision sollten Unternehmer ihre Fälle in Hinblick auf den günstigeren Umsatzschlüssel über ein ruhendes Verfahren offenhalten und diesen Maßstab anstelle der Flächenaufteilung dokumentieren. Da der BFH bereits zuvor mehrfach betont hatte, dass das Verhältnis der Ausgangsumsätze sachgerecht sei, ist mit einem entsprechenden Verfahrensausgang zu rechnen. Da die Entgelte für steuerpflichtig vermietete oder eigengenutzte Geschäftsräume in der Praxis meist höher als die für private Wohnzwecke ausfallen, bringt der Umsatzschlüssel ein größeres Vorsteuerabzugsvolumen.