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In drei zeitgleich veröffentlichten Entscheidungen hat sich der BFH mit den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs bei Holdinggesellschaften, beim Erwerb zahlungsgestörter Forderungen und aus Strafverteidigungskosten befasst und zu letzteren eine Vorabanfrage an den EuGH gestellt.
In einem weiteren Urteil hat sich der EuGH zu den Auswirkungen der Fahrten Wohnung/Arbeit in Hinsicht auf die Vorsteuer grundlegend geäußert.
Holding: BFH 9.2.12, V R 40/10,
Forderung: BFH 26.1.12, V R 18/08,
BFH 10.12.09, V R 18/08, BStBl II 10, 654
EuGH 27.10.11, C-93/10; DB 11, 2642

Strafverteidiger: BFH 22.12.11, V R 29/10, beim EuGH unter C-104/12
Rückwirkung: EuGH 15.7.10, C-368/09, Pannon Gép, DStR 10, 1475
BFH 17.2.11, V R 39/09, BStBl II 11, 734

Pendelfahrten: EuGH 16.2.12, Rs. C-118/11
BMF 27.8.04, IV B 7 – S 7300 – 70/04, BStBl I 04, 864, Tz. 3, 4.2


Holdinggesellschaft
Ist Hauptzweck einer Holdinggesellschaft das Halten von Beteiligungen und erbringt sie die entgeltlichen Leistungen nur als Nebenzweck, kann sie höchstens zum hälftigen Vorsteuerabzug aus den Gemeinkosten berechtigt sein.
Im Urteilsfall verfügte sie über einen umfangreichen Beteiligungsbesitz und erbrachte daneben auch entgeltliche Dienstleistungen. Das Halten von Beteiligungen ist keine wirtschaftliche Tätigkeit und unterliegt deshalb nicht der Umsatzsteuer. Daher resultiert hieraus das Ergebnis, in welchem Umfang die Vorsteuer aus den Gemeinkosten auf diese nicht wirtschaftliche Tätigkeit entfällt und deshalb teilweise nicht abzugsfähig ist.
Sie ist in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG nur insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt, als die Eingangsleistungen ihren entgeltlichen Ausgangsleistungen wirtschaftlich zuzurechnen sind.
Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht der Steuer unterliegt oder steuerfrei ist, besteht auch dann keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug, wenn der Unternehmer eine Leistung für einen steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.
Ohne Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangs- und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten zu den allgemeinen Aufwendungen gehören und Bestandteile des von ihm erbrachten Leistungspreises sind. Erbringen solche Holdinggesellschaften neben dem Halten von Beteiligungen auch entgeltliche Dienstleistungen, gingen sie bislang davon aus, zum uneingeschränkten Vorsteuerabzug berechtigt zu sein.
Erwerb und Einziehung zahlungsgestörter Forderungen
Auf Vorlage durch den BFH hatte der EuGH entschieden, dass der Forderungserwerber beim Kauf der Forderungen gegenüber dem Verkäufer keine entgeltliche Leistung erbringt, wenn der Kaufpreis dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Forderung entspricht. Diese Voraussetzungen hat der BFH im Urteilsfall als gegeben erachtet, sodass im Zusammenhang mit dem Erwerb der Forderungen kein Abzug der Vorsteuer möglich ist. Der Vorsteuerabzug entfällt dann auch aus den Kosten, die ihm im Zusammenhang mit der Einziehung der erworbenen Forderungen entstehen.
Laut EuGH ist die Differenz zwischen dem Nennwert der übertragenen Forderungen und deren Kaufpreis keine Gegenleistung für eine solche Dienstleistung, sondern auf die Zahlungsstörungen und ein erhöhtes Risiko des Ausfalls der Schuldner zurückzuführen. Dies stellt keine entgeltliche Leistung dar. Aus dem vereinbarten Abschlag lässt sich nicht ableiten, dass die Parteien einen Forderungskauf zu einem unter Wert liegenden Kaufpreis vereinbaren wollten. Die gegenteilige Verwaltungsauffassung in Abschn. 2.4 Abs. 8 UStAE ist mit dem EuGH-Urteil nicht vereinbar.
Vorsteuer aus Strafverteidigungskosten
Der BFH fragt beim EuGH an, ob ein Unternehmen, dessen Inhaber und Mitarbeiter sich zur Erlangung von Aufträgen möglicherweise wegen Bestechung oder Vorteilsgewährung strafbar gemacht haben, aus den zur Abwehr dieser Vorwürfe angefallenen Strafverteidigungskosten zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Für den Vorsteuerabzug spricht, dass die möglicherweise strafbaren Handlungen dazu dienten, die steuerpflichtige Umsatztätigkeit des Unternehmens zu fördern. Dagegen spricht, dass die Leistungen der Strafverteidiger unmittelbar nur den persönlichen Interessen der Beschuldigten dienen. Das Interesse des Unternehmens an der Straffreiheit seines Inhabers und seiner Mitarbeiter könnte dann als nur mittelbarer Zusammenhang für den Vorsteuerabzug unbeachtlich sein. Geklärt werden soll im Rahmen der Vorabanfrage auch, wer bei einer Beauftragung durch mehrere Auftraggeber, wie z.B. Beschuldigter und Unternehmer, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Wurde für den Erwerb der Forderungen eine Rechnung mit Steuerausweis erteilt, schuldet der Unternehmer die ausgewiesene Steuer nach § 14c UStG. Eine erst spätere Rechnungsberichtigung wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung zurück.
Hieran hat sich nichts geändert, denn das EuGH-Urteil zu Ungarn betrifft nur die Frage, ob eine Rechnungsberichtigung für Zwecke des Vorsteuerabzugs auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurückwirkt. Das ist für die sich aus § 14c UStG ergebende Steuerschuld ohne Bedeutung. Wie sich aus dem ausdrücklichen Verweis auf § 17 Abs. 1 UStG ergibt, wirkt die Rechnungsberichtigung erst für den Besteuerungszeitraum der Berichtigung ohne Rückwirkung. Jede andere Auslegung wäre mit dem Normzweck des § 14c UStG, einer Gefährdung des Steueraufkommens durch einen unzutreffenden Steuerausweis in Rechnungen entgegenzuwirken, nicht zu vereinbaren.
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
Der EuGH hat zu einem Fall aus Bulgarien entschieden, dass der Vorsteuerabzug für die Anschaffung eines Kfz nach dem Unionsrecht nur dann möglich ist, wenn der Wagen für besteuerte Umsätze verwendet und zudem vollständig dem Unternehmensvermögen zugeordnet wird.
Unter die Verwendung für besteuerte Umsätze fallen auch die Privatnutzung durch den Unternehmer sowie die Verwendung eines Gegenstands für den Bedarf des eigenen Personals. Hinzu kommen unternehmensfremde Dienstleistungen gegen Entgelt. Nach diesen Grundsätzen sind Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eines GmbH-Geschäftsführers grundsätzlich nicht dem unternehmerischen Bereich einer Gesellschaft zuzuordnen. Insoweit entfällt der Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten des Fahrzeugs, stellt der EuGH klar.
Die Anschaffung eines Fahrzeugs muss im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens stehen. Nach Auffassung des EuGH dient die Verwendung des Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit grundsätzlich den privaten Belangen des Geschäftsführers. Davon zu unterscheiden ist die Nutzung für Pendelfahrten eines Einzelunternehmers. Hierin ist eine unternehmerische Nutzung zu sehen.
Steuer-Tipp:
Die Finanzverwaltung nimmt bei Anwendung des UStG bei der Überlassung eines Kfz an das Personal regelmäßig einen tauschähnlichen Umsatz an. Dieser unterliegt der Besteuerung, sodass ein voller Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Pkw möglich ist. Dabei kann der Umsatz aus Vereinfachungsgründen mit den lohnsteuerlichen Werten angesetzt werden, also der Ein-Prozent-Regelung oder der Fahrtenbuch-Methode.