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Verkauft ein Mandant eine Immobilie innerhalb eines 10-Jahreszeitraums zwischen An- und Verkauf, stellt sich die Frage, ob er den Veräußerungsgewinn im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG versteuern muss. Die Antwort lautet „nein, sofern er die verkaufte Immobilie bisher ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat“. Bei geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten lauert hier allerdings ein steuerliches Risiko.

Grundsätze zum privaten Veräußerungsgeschäft

Ein privates Veräußerungsgeschäft wird verneint, wenn eine Immobilie vom Eigentümer entweder ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3, 1. Alt. EStG) oder wenn die Immobilie zumindest im Jahr des Verkaufs und im zweiten Jahr vor dem Verkauf zumindest an einem Tag und im Jahr vor dem Verkauf volle zwölf Monate zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3, 2. Alt. EStG; BMF 17.6.20, IV C 1 – S 2256/08/10006 :006).

Nach einem aktuellen Urteil des FG München droht bei geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten hier ein steuerliches Risiko und zwar für denjenigen, der die Hälfte seines Eigenheims im Rahmen einer Barunterhaltsverpflichtung an den anderen Ex-Ehegatten überlässt. Obwohl die Immobilie vom Zeitpunkt des Kaufs an ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, droht bei Verkauf innerhalb des 10-Jahreszeitraums nach dem Kauf die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts – zumindest für den unterhaltsverpflichteten Ex-Ehegatten.

FG München bestätigt Stolperfalle

In einem Streitfall beim FG München ging es um ein Ehepaar mit einem gemeinsamen Kind. Das Paar trennte sich und ließ sich später scheiden. Der Ehemann zog aus dem gemeinsamen Haus aus. Im Rahmen einer Unterhaltsvereinbarung überließ er seine Hälfte des Hauses seiner Ex-Ehefrau. Um eine Zwangsversteigerung des Hauses zu verhindern, wurde das Haus letztlich nach zwei Jahren verkauft. Der Verkauf fand innerhalb der 10-Jahresfrist nach dem Kauf statt.

Folge

Der Sachbearbeiter im Finanzamt prüfte, ob der Verkauf der Immobilie ein privates Veräußerungsgeschäft ausgelöst hat. Er kam zu folgender Auffassung:

Ex-Ehefrau
Ex-Ehemann

Der Gewinn aus dem Verkauf der Hälfte des Hauses der Ex-Ehefrau ist nicht ein-kommensteuerpflichtig. Denn sie hat ihren Teil des Hauses ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
Beim Ex-Ehemann bejahte der Sachbearbeiter das Vorliegen der Voraussetzungen für ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, weil er durch die Überlassung seines Teils des Hauses die Immobilie nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

Gegen die Besteuerung des auf seinen Eigentumsanteil am gemeinsamen Haus entfallenden Veräußerungsgewinns wehrte sich der Ex-Ehemann mit einem Einspruch und einer Klage beim FG München. Die Richter des FG München gaben dem Finanzamt leider recht (FG München 11.3.21, 11 K 2405/19; Rev. BFH IX R 11/21).

Folgende Argumente des Klägers überzeugten nicht

In der Urteilsbegründung des FG München nahmen die Richter zu verschiedenen Argumenten des Ex-Ehegatten Stellung, mit denen er die Besteuerung seines Veräußerungsgewinns im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts verhindern wollte. Folgende Argumente überzeugten leider nicht:

* Zwangslage: Der Verkauf der Immobilie im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts erfolgte nur aus einer Zwangslage, nämlich um zu vermeiden, dass es zu einer Zwangsversteigerung gekommen wäre. Konter des FG: Der Grund, warum eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf wieder verkauft wurde, spielt bei der Beurteilung, ob ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG vorliegt, keine Rolle.

* Überlassung an gemeinsames Kind: Die hälftige Immobilie wurde dem gemeinsamen Kind überlassen. Die unentgeltliche Überlassung einer Immobilie an ein Kind ist einer Nutzung der Immobilie des Ex-Ehemanns zu eigenen Wohnzwecken gleichzusetzen. Gegenargument des FG München: Dieser Grundsatz würde nur bei alleiniger Überlassung des halben Hauses an den Sohn greifen. Eine alleinige Überlassung an den minderjährigen Sohn erfolgte nicht, weil auch die Ex-Ehefrau bis zum Verkauf noch im Haus lebte.

Verhaltensknigge für betroffene Steuerzahler
Da die Immobilienpreise in Deutschland dauerhaft steigen, sollte der Verkauf einer Immobilie so geplant werden, dass der Veräußerungsgewinn nicht einkommensteuerpflichtig wird. Hier sind verschiedene Überlegungen anzustellen.

Praxistipp

Zur Vermeidung einer Besteuerung aus dem Verkauf einer Immobilie sollten Ex-Ehegatten zumindest aus steuerlicher Sicht noch einmal an einem Strang ziehen und die steuerlich optimale Lösung suchen.

Überlegung 1: Verkauf erst nach Ablauf der 10-Jahresfrist

Die einfachste Lösung, um der Besteuerung eines privaten Veräußerungsgeschäfts zu entgehen, ist natürlich der Verkauf der Immobilie erst nach Ablauf des 10-Jahreszeitraums. Steuerberater sollten bei Beratung von Mandanten, die sich in Trennung oder Scheidung befinden, auf dieses Steuerrisiko hinweisen und dazu raten, den 10-Jahreszeitraum bis zum Verkauf verstreichen zu lassen.

Überlegung 2: Verkauf sofort im Jahr des Auszugs

Die zweite Überlegung ist der Verkauf der Immobilie im selben Jahr, in dem der Ex-Ehegatte wegen Trennung oder Scheidung aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen ist. Denn im Jahr des Verkaufs genügt es, wenn die Immobilie an mindestens einem Tag im Jahr zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (BMF 17.6.20, IV C 1 – S 2256/08/10006:006).

Beispiel

Ehegatten trennen sich und beabsichtigen die Scheidung. Der Ehemann zieht aus dem gemeinsamen Haus aus, das vor vier Jahren gekauft wurde und überlässt es seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind zur Nutzung. Im Jahr des Auszugs wird das Haus verkauft. Steuerlich bedeutet das Folgendes:

Ehefrau
Ehemann

Es liegt kein privates Veräußerungsgeschäft vor, weil die Ehefrau die Immobilie vom Zeitpunkt des Kaufs bis zum Verkauf zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.
Auch der auf den halben Eigentumsanteil des Ehemanns entfallende Verkaufsgewinn ist nicht einkommensteuerpflichtig, weil der Ehemann die Immobilie im Jahr des Verkaufs zumindest an einem Tag zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

Beachten Sie | Sollte ein Mandant in einem gleich gelagerten Fall bereits in die Steuerfalle getappt sein, sollte er gegen den nachteiligen Steuerbescheid Einspruch einlegen und mit Hinweis auf die eingelegte Revision beim BFH (IX R 11/21) einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen. Dann heißt es abwarten, wie die Richter des BFH entscheiden.

Fundstelle
FG München 11.3.21, 11 K 2405/19; Rev. BFH IX R 11/21