Kalkulieren Sie die Kosten für eine Betriebsveranstaltung im Vorfeld so, dass die Kosten pro Teilnehmer nicht mehr als 110 EUR betragen, kann es Ihnen trotzdem passieren, dass Lohnsteuer fällig wird und der Vorsteuerabzug versagt wird. Dann nämlich, wenn Gäste absagen, das Finanzamt die Kosten auf die Anwesenden umlegt und so die 110-EUR-Grenze überschritten wird. Diese Auffassung hat der BFH jetzt bestätigt.
Sachverhalt
Eine GmbH plante Ende 2016, einen gemeinsamen Kochkurs als Weihnachtsfeier durchzuführen. Nach dem Konzept des Veranstalters durfte jeder Teilnehmer unbegrenzt Speisen und Getränke verzehren. Von den ursprünglich angemeldeten 27 Arbeitnehmern sagten zwei kurzfristig ab, ohne dass sich dadurch die vom Veranstalter veranschlagten Kosten reduzierten. Die GmbH berechnete die Zuwendung an die einzelnen Arbeitnehmer, indem sie die ursprünglich angemeldeten 27 Arbeitnehmer berücksichtigte. Das Finanzamt stellte auf die tatsächlich teilnehmenden 25 Arbeitnehmer ab, sodass sich ein höherer zu versteuernder Betrag ergab.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass die Zuwendungen gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG – und somit abweichend von § 8 Abs. 2 EStG – mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers i. S. d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG anzusetzen sind. In die Bemessungsgrundlage sind damit alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon einzubeziehen, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG).
Es handelt sich bei § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 i. V. m. Satz 2 EStG mithin um eine eigenständige Bewertungsvorschrift, die in ihrem Anwendungsbereich die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG verdrängt. Damit sind alle der Betriebsveranstaltung direkt zuzuordnenden Aufwendungen des Arbeitgebers in die Bemessungsgrundlage nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG einzustellen. Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen, sind hingegen nicht zu berücksichtigen. Ebenso sind rechnerische Selbstkosten des Arbeitgebers für den äußeren Rahmen und steuerfreie Leistungen für Reisekosten nicht in die Gesamtkosten einer Betriebsveranstaltung einzubeziehen.
Zudem ist weiterhin zu beachten, dass eine Betriebsveranstaltung Elemente einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung enthalten kann, die nicht zur Lohnzuwendung führt. Darüber hinaus besteht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 i. V. m. Satz 2 EStG keine Rechtsgrundlage dafür, bestimmte einzelne Aufwendungen des Arbeitgebers aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. Es kommt hiernach für die Einbeziehung von Aufwendungen des Arbeitgebers in die anzusetzenden Gesamtkosten einer Betriebsveranstaltung insbesondere nicht (mehr) darauf an, ob eine betreffende Aufwendung, sofern sie der zu bewertenden Zuwendung (Veranstaltung) direkt zurechenbar ist, ihrerseits (isoliert betrachtet) zu einem Vorteil des Zuwendungsempfängers führen würde.
Die Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer anlässlich von Betriebsveranstaltungen sind sodann mit den anteilig auf Arbeitnehmer und Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers i. S. d. Satzes 2 und damit die anteiligen Gesamtkosten der Veranstaltung anzusetzen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG). Abzustellen ist insoweit auf die teilnehmenden Arbeitnehmer/Begleitpersonen. Denn nur insoweit ist zu bewertender Arbeitslohn zugeflossen und gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG „anzusetzen“.
Fundstelle
BFH 29.4.21, VI R 31/18