Entschädigungen für Zeitaufwand, die ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit als Mitglied des Verwaltungsrats einer Krankenkasse und als Mitglied der Vertreterversammlung erhält, sind zu versteuern.
Sachverhalt
Streitig war, ob die an den Steuerpflichtigen gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand steuerpflichtige Einnahmen i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG darstellen. Im Einspruchs- und Klageverfahren verwies der Steuerpflichtige auf eine Entscheidung des BFH wonach eine an ehrenamtliche Richter gezahlte Entschädigung für Zeitversäumnis nicht steuerbar ist.
Entsprechend beantragte der Rechtsanwalt, dass auch die an ihn gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand von der Besteuerung auszunehmen seien.
Entscheidung
Das FG entschied jedoch, dass die Entschädigungen im Rahmen der sonstigen selbstständigen Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) zu versteuern sind.
Die Ausführungen des BFH zur nicht steuerbaren Entschädigungszahlung an einen Richter (IX R 10/16) lassen sich nach Auffassung des FG auf den vorliegenden Streitfall nicht übertragen. Denn die an ehrenamtliche Richter gemäß § 16 JVEG einerseits und an ehrenamtliche Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV gezahlten Entschädigungen für Zeitversäumnis bzw. Zeitaufwand sind nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar. Bereits hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs des § 16 JVEG einerseits und des § 41 Abs. 3 SGB IV andererseits ergeben sich Unterschiede. § 16 JVEG richtet sich ausschließlich an ehrenamtliche Richter. § 41 Abs. 3 SGB IV richtet sich nicht nur an die Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane (Satz 1), sondern auch an die Versichertenältesten und die Vertrauenspersonen (Satz 2) und erfasst somit verschiedene Formen des ehrenamtlichen Engagements bei Versicherungsträgern.
Darüber hinaus beziehen sich die an ehrenamtliche Richter gezahlten Entschädigungen für Zeitversäumnis auf die Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten (maximal zehn Stunden je Tag) und betragen 6 EUR je Stunde. Die Entschädigungen für Zeitaufwand für die Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane, Versichertenältesten und Vertrauenspersonen können auch für eine Tätigkeit außerhalb der Sitzungen geleistet werden (§ 41 Abs. 3 S. 2 SGB IV).
Dies entspricht auch der jüngsten Rechtsprechung des BFH. Nach der Entscheidung vom 3.7.2018, VIII R 28/15 ist weder die ehrenamtliche Tätigkeit als Versichertenberater noch die ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied eines Widerspruchsausschusses mit der Tätigkeit eines ehrenamtlichen Richters vergleichbar. Diesen Tätigkeiten ist immanent, dass sie im Interesse der Versicherten und der Versicherungen erfolgen. Dies unterscheidet sie von der Tätigkeit eines unabhängigen Richters.
Die an den Steuerpflichtigen gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand sind auch nicht gemäß § 3 Nr. 12 S. 2 EStG steuerfrei. Nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG sind bestimmte aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge steuerfrei. Gemäß § 3 Nr. 12 S. 2 EStG gilt das Gleiche für Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen. Rechtsgrundlage für die an den Steuerpflichtigen gezahlten Entschädigungen war jedoch § 41 Abs. 3 SGB IV. Danach können als Entschädigungen Pauschbeträge für Zeitaufwand geleistet werden. Mithin handelt es sich um Zahlungen für Zeitverlust, der die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG ausschließt.
Fundstelle
FG Münster 31.10.18, 7 K 1976/17 E, Rev. zugelassen