Verkauft ein Brezelverkäufer auf dem Oktoberfest in Festzelten „Wiesnbrezn“ an die Gäste des personenverschiedenen Festzeltbetreibers, ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % für Lebensmittel anzuwenden. Der BFH weist damit die Rechtsauffassung der bayerischen Finanzverwaltung zurück, die im Verkauf der Brezeln auf dem Oktoberfest einen restaurantähnlichen Umsatz gesehen hatte, der dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegen sollte.
Fundstellen
BFH 3.8.17, V R 15/17, FG München 22.2.17, 3 K 2670/14
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Sachverhalt
Im Streitfall pachtete die Steuerpflichtige während des Oktoberfestes Verkaufsstände in mehreren Festzelten an. Die von ihr beschäftigten „Breznläufer“ gingen durch die Reihen des Festzelts und verkauften die Brezeln an die an Bierzelttischen sitzenden Gäste des Festzeltbetreibers auf dem Oktoberfest.
Das FA sah hierin umsatzsteuerrechtlich eine sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliege. Es sei ein überwiegendes Dienstleistungselement gegeben, weil der Steuerpflichtigen die von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur, bestehend aus Zelt mit Biertischgarnituren und Musik, zuzurechnen sei. Das Finanzgericht bestätigte dies.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Der Verkauf der Brezeln auf dem Oktoberfest führt umsatzsteuerrechtlich zu einer Lieferung der Backwaren, die ermäßigt zu besteuern ist.
Die in den Festzelten aufgestellten Biertischgarnituren, bestehend aus Tischen und Bänken, dienten den eigenen Gastronomieumsätzen des Festzeltbetreibers. Damit handelte es sich aus der Sicht der Brezn-Unternehmerin um fremde Verzehrvorrichtungen, an denen der Steuerpflichtigen kein eigenes Mitbenutzungsrecht zugestanden hat. Die Steuerpflichtige hat keine Verfügungs- oder Dispositionsmöglichkeit in dem Sinne erlangt, dass sie Besuchern Sitzplätze im Festzelt zuweisen konnte.
Nach der „Realität“ im Bierzelt ist auch nicht davon auszugehen, dass Personen, die ausschließlich Brezeln von der Steuerpflichtigen erwarben, zur Nutzung der Biertischgarnituren berechtigt gewesen wären, ohne zusätzliche Leistungen des Festzeltbetreibers in Anspruch nehmen zu müssen.
Praxishinweis
Das Urteil ist zu den Streitjahren 2012 und 2013 ergangen. Bei gleichbleibenden Verhältnissen ist die kurz vor Beginn des Oktoberfests 2017 veröffentlichte BFH-Entscheidung auch für die Folgejahre zu beachten.