Eine Nachzahlung oder Vorauszahlung für eine mehrjährige Tätigkeit kann im Jahr der Zahlung mit der Fünftelmethode ermäßigt besteuert werden. Voraussetzung ist, dass die Vergütung zusammengeballt in einem Kalenderjahr gezahlt wird, die Tätigkeit sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt sowie einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
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Eine Nachzahlung der Kassenärztlichen Vereinigung, die insgesamt mehrere Jahre betrifft, ist zwar eine mehrjährige Vergütung, die grundsätzlich die Voraussetzungen für eine begünstigte Besteuerung erfüllt. Erfolgt die Auszahlung der Gesamtvergütung jedoch in zwei Veranlagungszeiträumen in etwa gleich großen Teilbeträgen, kommt eine Tarifbegünstigung mangels Zusammenballung nicht in Betracht.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige, eine GbR, die eine psychotherapeutische Praxis betreibt, erhielt von der Kassenärztlichen Vereinigung zusätzliche Honorare für die Tätigkeit der Gesellschafter in dem Zeitraum 2000 bis 2004. Die Beträge wurden in vier fast gleich hohen Raten – verteilt über zwei Jahre – nachgezahlt.
Diese Nachzahlungen sah die Steuerpflichtige als tarifbegünstigte Einkünfte aus Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit an.
Entscheidung
FA und FG lehnten die Tarifermäßigung mangels Zusammenballung ab.
So sieht dies auch der BFH. Er entschied, dass es an der erforderlichen Zusammenballung von Einkünften fehlt, da die Vergütung für die mehrjährige Tätigkeit nicht in einem Jahr zugeflossen ist.
Beachten Sie
Außerordentliche Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG liegen nur dann vor, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Zwar ist der Zufluss in einem Veranlagungszeitraum kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal des § 34 EStG. Der unbestimmte Rechtsbegriff der außerordentlichen Einkünfte ist jedoch im Wege der Auslegung zu konkretisieren.
Danach sind außerordentliche Einkünfte solche, deren Zufluss in einem Veranlagungszeitraum zu einer für den jeweiligen Steuerpflichtigen im Vergleich zu seiner regelmäßigen sonstigen Besteuerung einmaligen und außergewöhnlichen Progressionsbelastung führt. Diese abzumildern ist der Zweck der Billigkeitsregelung des § 34 Abs. 1 und 2 EStG.
Es liegen typischerweise keine außerordentlichen Einkünfte vor, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit in zwei Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt.
Andernfalls könnte die Grenze zwischen außerordentlichen Einkünften i. S. des § 34 EStG und den nach dem Regeltarif zu versteuernden Einkünften nicht hinreichend trennscharf gezogen werden.
Praxishinweis
Nur im Ausnahmefall ist § 34 Abs. 1 EStG trotz des Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen anzuwenden. Das ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige nur eine geringfügige Teilleistung erhält und die ganz überwiegende Leistung in einem Betrag ausgezahlt wird.
Ein solcher Ausnahmefall war im Streitfall jedoch nicht gegeben, da die Nachzahlung in den Streitjahren in nahezu gleich großen Beträgen erfolgte.
Auch der Umstand, dass der Steuerpflichtigen die ratenweise Auszahlung der Vergütung in zwei statt in einem Veranlagungszeitraum von der Kassenärztlichen Vereinigung aufgezwungen wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Praxishinweis
Mit einer Verfügung hat die OFD Nordrhein-Westfalen (Kurzinfo 25.8.14, ESt 32/2014) geklärt, dass KV-Nachzahlungen, die mehrere Jahre betreffen, tarifbegünstigt sind. Ob aber der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG anzuwenden ist, hängt davon ab, ob die Zahlung in einem oder in mehreren Veranlagungszeiträumen zugeflossen ist.
Für den Zufluss in mehr als zwei Veranlagungszeiträumen gibt es keinen ermäßigten Steuersatz.
Fundstelle
BFH 2.8.16, VIII R 37/14