Aufwendungen eines Arbeitnehmers zum Erwerb einer Beteiligung an seinem (ggf. künftigen) Arbeitgeber sind regelmäßig auch dann nicht als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbar, wenn die Zahlung Voraussetzung für den Abschluss des Anstellungsvertrags ist.
Fundstelle
BFH 17.5.17, VI R 1/16
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Sachverhalt
Im Streitfall strebte der Steuerpflichtige den Erhalt einer Vorstandsposition in einem Unternehmen an. Hierzu traf er mit seinem künftigen Arbeitgeber die Vereinbarung, dass er für den Abschluss des Anstellungsvertrags einen Betrag von 75.000 EUR auf ein Konto des künftigen Arbeitgebers hinterlegen sollte. Mit der hinterlegten Summe sollten 7.000 Aktien und damit eine Beteiligung am Unternehmen erworben werden.
Letztlich kam es weder zum Abschluss eines Anstellungsvertrags noch zum Erwerb der Aktien, da der potenzielle Arbeitgeber den eingezahlten Betrag abredewidrig zur Deckung operativer Kosten verwendete.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte der Steuerpflichtige den Verlust von 75.000 EUR als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend. Nachdem das FA die steuerliche Anerkennung des Verlusts verweigert hatte, berücksichtigte das FG den Betrag als vergebliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Dem widersprach der BFH jedoch.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass Aufwendungen, die den Erwerb einer Beteiligung an dem Arbeitgeber betreffen, nicht ohne Weiteres den Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zuzurechnen sind. Die Aufwendungen stehen in der Regel nicht unmittelbar mit diesen Einkünften, sondern mit solchen aus Kapitalvermögen im Zusammenhang. Das ist selbst dann der Fall , wenn damit auch die Arbeitnehmertätigkeit gefördert wird.
In solchen Fällen spricht eine Vermutung dafür, dass der Arbeitnehmer mit dem Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht nur die Sicherung seines Arbeitsplatzes beabsichtigt, sondern auch die mit der Stellung als Gesellschafter verbundenen Rechte erstrebt.
Dies gilt auch dann, wenn – wie im Streitfall – der Erwerb der Beteiligung (arbeitsvertragliche) Voraussetzung für die Erlangung der angestrebten Position sein soll oder wenn der Steuerpflichtige sich beteiligt, um durch die Zuführung von Kapital den Fortbestand der Gesellschaft und damit gleichzeitig seinen eigenen Arbeitsplatz zu erhalten. Insoweit besteht ein vorrangiger Zusammenhang der Aufwendungen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Im Streitfall wurde der Zusammenhang mit den Einkünften des Steuerpflichtigen aus nichtselbstständiger Arbeit durch den verfolgten Zweck in Form des Anteilserwerbs überlagert. Denn unabhängig davon, ob und inwieweit der beabsichtigte Aktienerwerb auch durch das beabsichtigte Arbeitsverhältnis motiviert war, bezweckte der Betrag die Finanzierung des beabsichtigten Beteiligungserwerbs als eigenständige Einkunftsquelle.
Merke
Eine steuerliche Berücksichtigung des Verlusts nach § 17 EStG schied darüber hinaus auch aus, weil § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG nicht auf Verluste anwendbar sind, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem geplanten, aber fehlgeschlagenen Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einer tatsächlich nicht gegründeten Kapitalgesellschaft entstehen.