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Der BFH hat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass die sogenannte Mindestbesteuerung beim Verlustvortrag in bestimmten Situationen zu einer verfassungsrechtlich unangemessenen Besteuerung führen kann.
BFH 26.8.10, I B 49/10
FG Berlin-Brandenburg 15.6.10, 6 K 6216/06 B, Revision unter IV R 29/10
FG München 31.7.08, 8 V 1588/08, EFG 08, 1736


Nach § 10d EStG dürfen in den Vorjahren nicht ausgeglichene negative Einkünfte nur bis zur Höhe von 1 Mio. EUR unbeschränkt abgezogen werden und der übersteigende Verlustbetrag nur bis zu 60 %. Die Besteuerung der verbleibenden 40 % wurde eingeführt, um das Steueraufkommen für die öffentlichen Haushalte kalkulierbarer zu machen.
In dieser liquiditätsbelastenden zeitlichen Streckung des Verlustabzugs sieht der BFH solange keinen Verfassungsverstoß, wie ein Abzug der verbleibenden Verluste in den Folgejahren prinzipiell möglich ist. Bedenken bestehen nach Meinung des BFH jedoch dann, wenn es zu einem endgültigen Fortfall der Verlustnutzungsmöglichkeit kommt und es hierfür keine gesetzliche Vorsorge gibt.
Im zugrunde liegenden Fall ging der wegen der Mindestbesteuerung nicht ausgenutzte Verlustvortrag einer GmbH durch Gesellschafterwechsel nach § 8c KStG verloren.
Der BFH ließ dabei offen, ob nicht bereits die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG Verfassungsbedenken aufwirft. Der Beschluss betrifft aber nicht nur Körperschaften, sondern auch natürliche Personen, wenn der über die Jahre angewachsene Verlustvortrag etwa im Todesfall nicht vererbt werden kann. In Hinsicht auf Körperschaften könnte die Mindestbesteuerung vorläufig veranlagt und später beim tatsächlichen Ausfall wieder rückgängig gemacht werden. Alternativ könnte dieser Sachverhalt auch als rückwirkendes Ereignis nach § 175 AO eingestuft werden.

Steuer-Tipp

• Die BFH-Entscheidung bedurfte als Beschluss lediglich einer summarischen Prüfung und sie entfaltet daher keine vergleichbare Wirkung wie ein Urteil. Sie verbessert allerdings die Chancen auf eine Aussetzung der Vollziehung in gleichgelagerten Fällen.
• Das FG Berlin-Brandenburg äußert sich ähnlich in Bezug auf die gewerbesteuerliche Mindestbesteuerung nach § 10a S. 1 und 2 GewStG. Im zugrunde liegenden Fall ging ein Verlust wegen der Beendigung einer gewerblichen Tätigkeit endgültig unter. So wie der BFH geht das FG von der Annahme aus, dass eine zeitliche Streckung des Gewerbeverlustes durch die Mindestbesteuerung noch hinnehmbar ist, eine Verlustvernichtung hingegen nicht mehr.
• Zuvor hatte bereits das FG München in einem Aussetzungsverfahren verfassungsrechtliche Zweifel an § 10a GewStG anlässlich eines Gesellschafterwechsels geäußert. In diesem Fall ist der Verlustausgleich betragsmäßig begrenzt, obwohl bereits zum Zeitpunkt des Wechsels feststeht, dass ein späterer Verlustausgleich nicht mehr möglich sein wird, soweit er dem ausgeschiedenen Gesellschafter zuzurechnen ist.