Gewährt eine Kapitalgesellschaft seinem Gesellschafter ein Darlehen und fehlt bereits bei Ausgabe des Darlehens die Aussicht auf Rückzahlung dieses Darlehens, führt die Darlehensgewährung beim Gesellschafter zu einem Vermögensvorteil aus gesellschaftsrechtlichen Gründen. Folge: Es liegt in Höhe der Darlehensgewährung eine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung
Bei Vertragsverhältnissen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern schauen Sachbearbeiter und Prüfer der Finanzämter meist ganz genau hin. Insbesondere bei Darlehenshingaben von der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter wird dabei überprüft, ob das Vertragsverhältnis den Grundsätzen des Fremdvergleichs standhält. Ist die Fremdüblichkeit zu verneinen, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Diese führt bei der Kapitalgesellschaft zur Erhöhung des zu versteuernden Einkommens und zur Erhöhung des Gewerbeertrags. Der Gesellschafter muss in Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung Kapitalerträge versteuern.
Praxistipp
Ein aktuelles Urteil des FG Münster zeigt einen weiteren Prüfungsschritt der Sachbearbeiter und Prüfer der Finanzämter auf und bestätigt diesen. Die Rede ist von der Überprüfung, ob für das an die Gesellschafterin bzw. den Gesellschafter ausgereichte Darlehen eine realistische Rückzahlungsaussicht besteht. Ist diese Rückzahlungsaussicht zu verneinen, liegt ebenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung vor (FG Münster 9.6.21, 13 K 668/19 E).
Darum ging es in dem Urteilsfall
In dem Streitfall gründete eine Steuerzahlerin eine UG (haftungsbeschränkt) und schloss mit dieser einer Kapitalgesellschaft vergleichbaren UG mehrere Darlehensverträge ab. Das Problem: Bei Auszahlung der Darlehen von der UG war über das Privatvermögen der Gesellschafterin bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Privatschulden beliefen sich auf knapp 450.000 EUR. Im Rahmen dieser Darlehensvereinbarung wurde auf die Vereinbarung von Sicherheiten verzichtet. Die Tilgung und Verzinsung von 4 % sollte erst knapp sechs Jahre später geleistet werden, wenn die Privatinsolvenz abgeschlossen ist.
Folge: Das Finanzamt und das FG Münster waren sich einig, dass hier bereits bei Auszahlung der Darlehen eine verdeckte Gewinnausschüttung im Einkommensteuerbescheid der Gesellschafterin zu besteuern ist. Zur Begründung dieser Ansicht wurden von den Richtern des FG Münster folgende Argumente angeführt:
Ein von vornherein nicht ernstlich vereinbartes Darlehen führt beim Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft bereits in dem Zeitpunkt zu einem Vermögensvorteil, der seinen Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat (so bereits BFH 16.6.15, IX R 28/14).
Ein Vermögensvorteil beim Gesellschafter ist immer dann zu bejahen, wenn aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation nicht mit einer Rückzahlung der Darlehensbeträge gerechnet werden kann.
Praxistipp
Sollte ein Mandant einen Darlehensvertrag mit seiner Kapitalgesellschaft abschließen und bei Darlehenshingabe zu erwarten ist, dass dieses Darlehen vom Gesellschafter nicht zurückbezahlt werden kann, hilft es für die steuerliche Anerkennung des Darlehensverhältnisses nur, wenn die geschäftlichen Bedingungen der Darlehenshingabe wie Verzinsung, Sicherheiten und Rückzahlungsrisiko der Fremdüblichkeit entsprechen (siehe u. a. BFH 5.6.13, I R 37/12). Neben der fremdüblichen Vereinbarung von Zins- und Tilgung ist bei wirtschaftlich in Notlage befindlichen Gesellschaftern eine Sicherheit oder ein Bürge zu vereinbaren.
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FG Münster 9.6.21, 13 K 668/19 E, NZB beim BFH unter VIII B 87/21