Das Unwetter hat am 14. und 15.7.2021 in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen zu teilweise flächendeckenden Zerstörungen und zu einem Kollaps der Versorgung in den betroffenen Gebieten geführt. Zur Unterstützung bei der Bewältigung des außergewöhnlichen und parallel zur Coronapandemie eingetretenen Unwetterereignisses haben das BMF und die Landesfinanzminister nunmehr auch umsatzsteuerliche Billigkeitsmaßnahmen verabschiedet.
Durch das Regentief sind beträchtliche Hochwasser-Schäden entstanden. Die Beseitigung dieser Schäden wird bei vielen unmittelbar betroffenen Steuerpflichtigen zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Die Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder haben bereits reagiert und kommen den Geschädigten durch steuerliche Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten entgegen. Unterstützt werden müssen aber auch die vielen freiwilligen Helfer!
BMF und Landesfinanzminister helfen mit Umsatzsteuervergünstigungen, wenn Unternehmer
* selbst hochwassergeschädigt sind oder
* sich helfend in die Schadensbeseitigung einbringen.
Überlassung von Wohnraum durch die öffentliche Hand
Für Nutzungsänderungen von Unternehmen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit der Bewältigung der Flutkatastrophe vom Juli 2021 wird gem. § 163 AO aus sachlichen Billigkeitsgründen bis zum 31.12.2021 von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a UStG und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG abgesehen, wenn und soweit der Sachverhalt in einer Nutzung zur Bewältigung der Flutkatastrophe begründet ist.
Praxistipp
1. Die Billigkeitsregelung ist auch auf Vorsteuern aus laufenden Kosten anzuwenden.
2. Die Billigkeitsregelung ist auf in privater Rechtsform betriebene Unternehmen der öffentlichen Hand entsprechend anzuwenden, sofern die Nutzungsüberlassung unentgeltlich erfolgt.
Überlassung von Wohnraum durch private Unternehmen
Von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe und einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG wird im Billigkeitswege ebenfalls befristet bis zum 31.12.2021 abgesehen, wenn private Unternehmen Unterkünfte, die für eine umsatzsteuerpflichtige Verwendung vorgesehen waren, unentgeltlich Personen zur Verfügung stellen, die infolge der Flutkatastrophe vom Juli 2021 obdachlos geworden sind oder als Helfer in den Krisengebieten tätig sind.
Merke | Beabsichtigen diese Unternehmer bereits bei Bezug von Nebenleistungen (Strom, Wasser o. Ä.) eine unentgeltliche Beherbergung von Flutopfern oder Helfern, wird ausnahmsweise unter den oben genannten Bedingungen und den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG ein entsprechender Vorsteuerabzug für Vorsteuern aus laufenden Kosten gewährt. Dies erfolgt befristet bis 31.12.2021 im Billigkeitswege. Die unentgeltliche Wertabgabe wird im Billigkeitswege nicht besteuert.
Unentgeltliche Nutzung von Wirtschaftsgütern zur Suche und Rettung von Flutopfern sowie zur Beseitigung der Flutschäden
Bei der unentgeltlichen Verwendung von dem Unternehmen zugeordneten Gegenständen (Investitionsgütern), die zuvor zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben,
* zur Bewältigung der unwetterbedingten Schäden und Folgen der Flutkatastrophe vom Juli 2021, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder
* für den privaten Bedarf des durch die Unwetter betroffenen Personals,
wird im Billigkeitswege befristet bis zum 31.10.2021 auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet.
Unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung
Bei der unentgeltlichen Erbringung einer sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke,
* die unmittelbar der Bewältigung der unwetterbedingten Schäden und Folgen dienen, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder
* für den privaten Bedarf des durch die Unwetter betroffenen Personals
wird im Billigkeitswege befristet bis zum 31.10.2021 auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet.
Herabsetzung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021
Bei Unternehmen, die von der Flutkatastrophe betroffen sind, kann auf entsprechenden Antrag die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021 ggf. bis auf null herabgesetzt werden, ohne dass die gewährte Dauerfristverlängerung durch die Erstattung bzw. Festsetzung auf null berührt wird.
Sachspenden
Bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen nach § 3 Abs. 1b UStG, die im Zeitraum 15.7.2021 bis 31.10.2021 erfolgen, wird aus Billigkeitsgründen auf eine Besteuerung verzichtet, wenn es sich bei den gespendeten Gegenständen um
* Lebensmittel, Tierfutter,
* für den täglichen Bedarf notwendige Güter (insbesondere Hygieneartikel, Reinigungsmittel, Kleidung, Geschirr oder medizinische Produkte) oder
* zur unmittelbaren Bewältigung des Unwetterereignisses sachdienliche Wirtschaftsgüter (z. B. Pumpen, Werkzeug, Maschinen) handelt und
* die Gegenstände den unmittelbar von der Flutkatastrophe betroffenen Menschen zugutekommen.
Merke | Beabsichtigen Unternehmer bereits bei Bezug oder Herstellung der gespendeten Waren eine entsprechende unentgeltliche Weitergabe, wird unter den gleichen Bedingungen und den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG ein entsprechender Vorsteuerabzug im Billigkeitswege gewährt.
Fundstelle
BMF 23.7.21, III C 2 – S 7030/21/10008 :001