Der EuGH hatte jetzt erneut über die umsatzsteuerliche Beurteilung der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen zu entscheiden.
Diesmal ging es um die Fragestellung, ob die entgeltliche Überlassung eines Fußballstadions als steuerfreie Grundstücksvermietung anzusehen ist.
EuGH 22.1.15, C-55/14, Stade Luc Varenne, MwStR 2015, 172
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige betreibt ein Fußballstadion in Belgien. Sie begehrt den Abzug der Vorsteuern aus den Anschaffungskosten für das Stadion. Das Stadion überließ sie einem örtlichen Verein entgeltlich zur Nutzung.
Die Nutzung beinhaltete sowohl das Zugangsrecht zum Fußballfeld als auch verschiedene Unterhalts-, Reinigungs- und Wartungsleistungen. Hierfür zahlte der Verein eine Pauschalvergütung pro Spieltag, wobei nach Angaben der Klägerin 20 Prozent auf das Zugangsrecht und 80 Prozent auf die übrigen Dienstleistungen entfielen.
Die nationalen Finanzbehörden waren der Auffassung, dass es sich insoweit um eine steuerfreie Grundstücksverpachtung handele, sodass der Vorsteuerabzug versagt werden müsse.
Entscheidung
Der Begriff der „Vermietung und Verpachtung von Grundstücken“ ist im Befreiungstatbestand des Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL (im Streitfall war noch die wortidentische Vorschrift des Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-RL anwendbar) nicht definiert.
Grundlegendes Merkmal der Vermietung von Grundstücken ist nach Ansicht des EuGH, dass dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt werde, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen.
Im Streitfall ist Folgendes zu berücksichtigen: Zwar ist die Überlassung des Fußballstadions an sich steuerbefreit (Vermietung eines Grundstücks). Wenn aber neben der „Vermietung“ noch andere steuerpflichtige Dienstleistungen erbracht werden, ist zu prüfen, ob diese steuerpflichtigen Leistungen überwiegen und der Gesamtleistung das Gepräge geben.
Die Steuerpflichtige hat neben der Platzüberlassung noch umfangreiche andere Dienstleistungen erbracht. Hier sind insbesondere der Unterhalt, die Reinigung, die Wartung und die ordnungsgemäße Bereitstellung der Sportanlage zu nennen.
Der Umstand, dass auf diese Leistungen 80 Prozent der vertraglich vorgesehenen Vergütung entfallen, spricht ebenfalls dafür, keine Vermietung sondern eine einheitliche steuerpflichtige Dienstleistung anzunehmen.
Letztlich ist diese Beurteilung aber – so der EuGH abschließend – Aufgabe des vorlegenden Gerichts.
Praxishinweis
Der BFH hat die Rechtsprechung des EuGH bereits mit Urteil vom 31.5.2001 (V R 97/98, BStBl II 01, 658) umgesetzt. Er entschied, dass die Vermietung von Sportanlagen grundsätzlich als einheitliche steuerpflichtige Leistung anzusehen ist.
Die steuerfreie Grundstücksüberlassung wird regelmäßig von den umfangreichen steuerpflichtigen Leistungen (Überlassung von Betriebsvorrichtungen, Umkleide- und Duschräumen sowie den sonstigen Serviceleistungen) überlagert und geprägt.
Dagegen ist von einer steuerfreien Vermietung einer Sporthalle an eine Kommune auszugehen, wenn die Vermietung langfristig vereinbart wird und die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen nicht prägend ist (BFH 7.5.14, V B 94/13, BFH/NV 2014 1242).
Die dauerhafte Überlassung eines Grundstücks als Grünausgleichsfläche an eine Gemeinde zur Erfüllung naturschutzrechtlicher Verpflichtungen stellt keine steuerfreie Vermietung dar (BFH 21.2.13, V R 10/12, BFH/NV 2013, 1635). Gleiches gilt für die Zurverfügungstellung eines Grundstücks zu ökologischen Ausgleichsmaßnahmen (BFH 28.5.13, XI R 32/11, BStBl II 14, 411).
Die entgeltliche Überlassung möblierter Zimmer an Prostituierte ist keine umsatzsteuerfreie Vermietung, wenn zusätzliche Leistungen der Gesamtleistung ein anderes Gepräge geben als einer Vermietung.
Als „vermietungsschädlich“ wurde vom BFH die Erbringung der folgenden weiteren Leistungen angesehen: Überlassung eines Platzes zur Kontaktaufnahme und Vertragsanbahnung, Ausstattung der Räume mit einem Alarmknopf und Gegensprechanlage, die Reinigung der Zimmer, der Verkauf von Getränken und Süßwaren gegen gesondertes Entgelt und die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen (BFH 17.12.14, XI R 16/11).