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Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umfasst die Vermietung möblierter Räume oder Gebäude, wenn es sich um eine auf Dauer angelegte und nicht um eine kurzfristige Überlassung handelt (entgegen „Abschn. 4.12.1 Abs. 6 UStAE“:https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/Umsatzsteuer-Anwendungserlass/2010-12-31-UStAE-konsolidierte-Fassung-Stand-31-12-2010.pdf?__blob=publicationFile&v=5).
Leistungen, die für die Nutzung einer gemieteten Immobilie nützlich oder sogar notwendig sind, können im Einzelfall entweder Nebenleistungen darstellen oder mit der Vermietung untrennbar verbunden sein und mit dieser eine einheitliche Leistung bilden, so ein aktuelles Urteil des BFH.
BFH 11.11.15, V R 37/14 , BFH 20.8.09, V R 21/08

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige ist Eigentümerin eines „Seniorenwohnparks“ mit 50 Apartments und 10 Pflegezimmern auf einer Pflegestation mit insgesamt 63 Betten.
Die Steuerpflichtige verpachtete den Seniorenwohnpark an A. Die Verpachtung umfasste das gesamte Grundstück, das Seniorenwohnheim und „… die Einrichtung der Wohnanlage, soweit diese vom Verpächter angeschafft worden ist“.
Der monatliche Pachtzins belief sich
für das Grundstück und die Gebäude des Seniorenwohnparks auf rund 50.000 EUR und
für das bewegliche Inventar auf 6.000 EUR.
Bei dem Inventar handelte es sich zu ca. 80 Prozent um Pflegebetten und speziell abgestimmte, zum Betrieb eines Seniorenheims zwingend erforderliche Ausstattungselemente.
Hinsichtlich der mitverpachteten Einrichtungsgegenstände verpflichtete sich die Pächterin, für zerstörte, sonst unbrauchbare oder bei Pachtende fehlende Gegenstände Ersatz oder Vergütung zu leisten. Strittig war, ob sich die Steuerbefreiung der Immobilienvermietung auch auf das Inventar erstreckt.

Entscheidung

Die Würdigung des FG, dass es sich bei der Überlassung des Inventars um eine Nebenleistung zur gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreien Verpachtung des Seniorenwohnparks gehandelt hat, die aus diesem Grund ebenfalls von der Steuerbefreiung umfasst wird, ist nach Auffassung des BFH revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
In den Gründen verweist der BFH auf umfangreiche eigene – mittlerweile ständige – Rechtsprechung sowie die des EuGH. Danach umfasst die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG auch die Vermietung möblierter Räume oder Gebäude, wenn es sich um eine auf Dauer angelegte und nicht nur kurzfristige Überlassung handelt.
Der BFH distanziert sich insoweit ausdrücklich von der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung.
Leistungen, die für die Nutzung einer gemieteten Immobilie nützlich oder sogar notwendig sind, können im Einzelfall entweder
unabhängig von der Vermietung der Immobilie bestehen,
Nebenleistungen darstellen oder
von der Vermietung untrennbar sein und mit dieser eine einheitliche Leistung bilden.
Die gesonderte Entgeltvereinbarung ist bei Leistungen, die auch von Dritten erbracht werden können, zwar ein Indiz für das Vorliegen selbstständiger Leistungen. Eine entscheidende Bedeutung kommt der gesonderten Rechnungsstellung und der eigenständigen Bildung des Leistungspreises für das Vorliegen selbstständiger Leistungen aber nach Auffassung von EuGH und BFH nicht zu.
Bildet hingegen ein zur Miete angebotenes Gebäude mit begleitenden Leistungen in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv eine Gesamtheit, kann davon ausgegangen werden, dass diese Leistungen mit der Vermietung eine einheitliche Leistung bilden.

Praxishinweis

Der BFH distanziert sich ausdrücklich von der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung in „Abschn. 4.12.1 Abs. 6 Satz 2 UStAE“:https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/Umsatzsteuer-Anwendungserlass/2010-12-31-UStAE-konsolidierte-Fassung-Stand-31-12-2010.pdf?__blob=publicationFile&v=5. Die Stellungnahme der FinVerw steht noch aus.
Da die entgegenstehende Rechtsprechung des BFH mittlerweile wohl als gefestigt bezeichnet werden kann, ist eine Aufgabe der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu erwarten – aber eben noch nicht „amtlich“.

Anmerkung

Die Feststellung, ob im konkreten Fall eine einheitliche Leistung vorliegt, obliegt den nationalen Gerichten, die dabei die notwendigen Bewertungen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, unter denen die Vermietung und die sie begleitenden Leistungen abgewickelt werden, vorzunehmen haben.
Diese Gesamtbetrachtung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG, die den BFH grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindet. Alle entscheidungserheblichen Tatsachen sind also spätestens bis zum Abschluss des FG-Verfahrens vorzutragen.