Eine Rücklage nach § 6b EStG (§ 6b-Rücklage) darf vor der Anschaffung oder Herstellung eines Reinvestitionswirtschaftsguts nicht auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden.
Das hat der BFH aktuell entschieden.
Ein Veräußerungsgewinn, der in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt worden ist, kann in einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen erst in dem Zeitpunkt überführt werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts des anderen Betriebs vorgenommen wird.
Sachverhalt
Die Eltern des Steuerpflichtigen unterhielten einen landwirtschaftlichen Betrieb. Darüber hinaus waren sie Gesellschafter einer gewerblich tätigen KG, an die sie ein Grundstück überließen. Dieses Grundstück wurde im Sonderbetriebsvermögen bilanziert.
Im Wirtschaftsjahr 2005/2006 veräußerten sie im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs Grund und Boden und bildeten aus dem daraus resultierenden Gewinn eine Rücklage nach § 6b EStG.
Am 30.12.2006 übertrugen sie den Betrieb unentgeltlich auf ihren Sohn. Die Eltern wiesen die Rücklage zum 31.12.2006 in der Sonderbilanz bei der KG aus und übertrugen diese dann im Folgejahr auf die Anschaffungskosten eines in 2007 fertiggestellten und im Sonderbetriebsvermögen befindlichen Sechsfamilienhauses. Das Grundstück und das darauf errichtete Sechsfamilienhaus überließen die Eltern unentgeltlich an die KG.
Das FA erkannte die Rücklage nach § 6b EStG in der Sonderbilanz der Eltern des Steuerpflichtigen auf den 31.12.2006 nicht an. Das FA war der Auffassung, die Rücklage sei spätestens im Wirtschaftsjahr 2009/2010 im landwirtschaftlichen Betrieb des Sohnes und in diesem Fall des Steuerpflichtigen aufzulösen.
Entscheidung
So sieht dies auch der BFH.
Die Eltern des Steuerpflichtigen waren zwar grundsätzlich befugt, die in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gebildete Rücklage von den Anschaffungs- und Herstellungskosten anderer Wirtschaftsgüter in ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG abzuziehen. Dem Abzug stand im Streitfall aber entgegen, dass sich zum Bilanzstichtag am 31.12.2006 in ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG kein Reinvestitionsgut befand, von dessen Anschaffungs- und Herstellungskosten sie die Rücklage hätten abziehen können.
Eine isolierte Übertragung der Rücklage in ein anderes Betriebsvermögen bzw. Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen ohne gleichzeitigen Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsguts lässt § 6b EStG nicht zu.
Der Abzug eines Betrags in Höhe der Rücklage setzt nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes insbesondere voraus, dass er von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines innerhalb von vier bzw. sechs Jahren angeschafften oder hergestellten (Reinvestitions-)Wirtschaftsguts vorgenommen wird.
Dabei kommt es wegen der gesellschafterbezogenen Betrachtung nicht darauf an, ob das (Reinvestitions-)Wirtschaftsgut in dem Betrieb des Steuerpflichtigen angeschafft oder hergestellt worden ist, in dem auch die Rücklage nach § 6b Abs. 3 S. 1 EStG gebildet wurde.
Vielmehr kann der Abzug insbesondere auch im Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen Betrieb vorgenommen werden. Die schlichte Übertragung einer Rücklage ohne Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Reinvestitionsguts findet im Gesetz jedoch keine Grundlage. Denn § 6b EStG enthält keine Regelung, die eine derartige Übertragung zulässt.
Praxistipp | Die in R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, eine nach § 6b Abs. 3 EStG gebildete Rücklage könne auf einen anderen Betrieb erst in dem Wirtschaftsjahr übertragen werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei Wirtschaftsgütern des anderen Betriebs vorgenommen werde, stellt eine zutreffende Auslegung des Gesetzes dar.
Fundstelle
BFH 22.11.18, VI R 50/16