In Steuer-Tipps für ALLE

Eine Stundung aus persönlichen, insbesondere wirtschaftlichen Härtegründen, setzt Stundungsbedürftigkeit und Stundungswürdigkeit des Antragstellers voraus.
Erlass bedeutet den Verzicht des Steuergläubigers auf einen Geldleistungsanspruch.
Grundsätzlich sind die Finanzbehörden verpflichtet, durch Bescheid festgesetzte Steuern oder andere auf Zahlung gerichtete Ansprüche zu erheben (Erhebungsverfahren) oder beizutreiben (Vollstreckungsverfahren).
Im Einzelfall kann dies jedoch aus bestimmten Gründen unbillig sein. In einem solchen Fall kann oder muss die Finanzbehörde die Steuer erlassen.

Die Finanzbehörden können „Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis“ erlassen.
Darunter fallen neben den Steueransprüchen auch alle anderen auf Geldleistung gerichteten Ansprüche der Finanzbehörden, wie Ansprüche auf Rückzahlung von Erstattungen und Steuervergütungen (darunter auch Kindergeld), Haftungsansprüche, steuerliche Nebenleistungen, wie Verspätungs- und Säumniszuschläge, Zinsen und Zwangsgelder.
Mit dem Bescheid über den Erlass erlischt die Schuld. Ein Wiederaufleben durch Rücknahme des Erlassbescheids ist aber möglich.

Stundungsbedürftigkeit

Der Steuerpflichtige ist stundungsbedürftig, wenn er zum Fälligkeitszeitpunkt nicht über die erforderlichen Mittel zur Steuerzahlung verfügt und sie sich auch nicht in zumutbarer Weise (z.B. durch Kreditaufnahme) beschaffen kann.
Die positive Entscheidung über einen Antrag auf Stundung setzt voraus, dass der Antragsteller schlüssig und zahlenmäßig nachvollziehbar Auskunft über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gibt.
Je nach Einzelfall (insbesondere bei längeren Stundungen mit Teilzahlungsvorschlag) sollte dies erfolgen durch
Vorlage eines aktuellen Liquiditätsstatus,
Bescheinigung der kreditgebenden Bank, dass die Kreditlinie ausgeschöpft ist,
ggf. auch Einreichung eines Vermögensstatus mit Begründung, warum Verwertung von Vermögensteilen zwecks Entrichtung der Steuer nicht zumutbar ist.

Stundungswürdigkeit

Stundungswürdigkeit ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige seine mangelnde Leistungsfähigkeit weder selbst herbeigeführt hat noch durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat,
z.B. durch
Steuerhinterziehung
regelmäßig verspätete Steuerzahlung, nur pauschaler Hinweis auf das bisherige Zahlungsverhalten jedoch ermessensfehlerhaft
Nichtabgabe / verspätete Abgabe von Steuererklärungen
vorrangige Befriedigung nichtsteuerlicher Verbindlichkeiten
Vornahme betrieblicher Investitionen, obwohl Abschlusszahlung aufgrund der Steuererklärung rechtzeitig erkennbar war
Antragstellung
Stundung soll in der Regel nur auf Antrag gewährt werden. Der Antrag kann formlos gestellt werden, in der Regel empfiehlt sich schriftliche Antragstellung. Die notwendige Begründung des Antrages ergibt sich aus den Stundungsvoraussetzungen. Bei Antrag auf Ratenstundung sollte zudem schon im Antrag ein Ratenzahlungsvorschlag gemacht werden.

Entscheidung

Die Stundung wird von den Finanzbehörden in der Praxis unter Vorbehalt des Widerrufs (§ 120 Abs. 2 Nr. 3 AO) ausgesprochen.
Ratenstundungen unterliegen in der Praxis zudem einer Verfallklausel, wonach die Stundung hinfällig wird, wenn eine fällige Rate nicht rechtzeitig entrichtet wird (auflösende Bedingung, § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO).
Ob eine Stundung (ggf. rückwirkend) ab Fälligkeit gewährt wird oder im Falle der Ablehnung zumindest eine Zahlungsfrist bewilligt wird, richtet sich nach dem Zeitpunkt der Antragstellung.

Sicherheitsleistung

Die Stundung soll in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung erfolgen. Anders als bei der Aussetzung der Vollziehung ist eine Gefährdung des Steueranspruchs nicht Voraussetzung. Sicherheitsleistung wird in der Praxis vornehmlich nur bei höheren Beträgen und längerfristigen Stundungen gefordert.
Arten möglicher Sicherheitsleistungen und das Verfahren ergeben sich aus §§ 241 bis 248 AO#BJNR006130976BJNE021401301.
Grundsätzlich darf man einen ein Stundungsantrag nur wegen wirtschaftlicher Notlage stellen.
Im anderen Fall ergibt sich die Gefahr einer Strafverfolgung wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO oder leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 378 AO.
Deshalb ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob die richtigen und vollständigen Angaben in der Stundungsbegründung über steuerlich erhebliche Tatsachen dargestellt werden, damit kein ungerechtfertigter Steuervorteil erschlichen wird

Persönliche Billigkeitsgründe

Häufiger als ein Erlass aus sachlichen ist der Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen.
Bei der Prüfung der persönlichen Unbilligkeit sind insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen heranzuziehen, der Steuerpflichtige muss erlassbedürftig und erlasswürdig sein.

Erlassbedürftigkeit

Erlassbedürftigkeit ist gegeben, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernstlich gefährden würde. Das ist der Fall, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann.
_Zu den Lebenshaltungskosten gehören insbesondere Aufwendungen für:_
Nahrung,
Kleidung,
Wohnung,
ärztliche Behandlung,
die sonst erforderlichen Ausgaben des täglichen Lebens,
den Unterhalt für die mit dem Steuerpflichtigen in Hausgemeinschaft lebenden Angehörigen, soweit sie von ihm unterhalten werden müssen, insbesondere Unterhalt von erwachsenen Kindern, die wegen Krankheit nicht in der Lage sind, sich selbst zu unterhalten.
Für die Frage, ob die Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet ist, spielt außer seinen Einkommensverhältnissen auch seine Vermögenslage eine entscheidende Rolle. Grundsätzlich ist der Steuerpflichtige gehalten, zur Zahlung seiner Steuerschulden alle verfügbaren Mittel einzusetzen und auch seine Vermögenssubstanz anzugreifen. Das gilt allerdings nicht in den Fällen, in denen die Verwertung der Vermögenssubstanz den Ruin des Steuerpflichtigen bedeuten würde. So ist nach der Rechtsprechung des BFH alten, nicht mehr erwerbsfähigen Steuerpflichtigen wenigstens so viel von ihrem Vermögen zu belassen, dass sie damit für den Rest ihres Lebens eine bescheidene Lebensführung bestreiten können.
Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ehegatten sind in die Prüfung einzubeziehen.
Weiterhin muss sich der Billigkeitserlass auf die wirtschaftliche Situation des Steuerpflichtigen konkret auswirken. Lebt der Steuerpflichtige unabhängig von Billigkeitsmaßnahmen in wirtschaftlichen Verhältnissen, die, weil Einkünfte und Vermögen gering sind und im übrigen dem Pfändungsschutz unterliegen, eine Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis ausschließen, könnte ein Erlass hieran nichts ändern und wäre aus diesem Grunde nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Steuerpflichtigen verbunden. Bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit kommt deshalb grundsätzlich weder eine zinslose Stundung noch ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen in Betracht.
Anders sind die Verhältnisse ausnahmsweise z.B. dann zu beurteilen, wenn die Steuerrückstände den Steuerpflichtigen hindern, eine neue (selbständige) Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich so eine eigene, von Sozialhilfeleistungen unabhängige wirtschaftliche Existenz aufzubauen.
Sind die geschuldeten Steuern bereits entrichtet, kommt es für die Billigkeitsprüfung auf die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entrichtung der Steuern an, es ist somit erforderlich und ausreichend, dass die Einziehung im Zeitpunkt der Zahlung der Steuern unbillig war.

Erlasswürdigkeit

Die erforderliche Erlasswürdigkeit setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die mangelnde Leistungsfähigkeit nicht selbst herbeigeführt oder durch sein Verhalten in eindeutiger Weise gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen hat.
So kann z.B. die schuldhafte Herbeiführung einer wirtschaftlichen Notlage (durch zu hohen Verbrauch) einem Erlass entgegenstehen. Die Rechtsprechung lässt aber erkennen, dass nicht jeder überhöhte Aufwand zur Erlassunwürdigkeit führt, die Entscheidung hierüber soll vielmehr von den Umständen des Einzelfalles abhängen.
Ein eindeutiger Verstoß gegen die Interessen der Allgemeinheit wird angenommen, wenn der Steuerpflichtige seine steuerlichen Verpflichtungen durch die Nichtabgabe von Steuererklärungen vorsätzlich oder grob fahrlässig mit der Folge vernachlässigt hat, dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen musste. Aber auch hier ist immer auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen und nach den Hintergründen der Pflichtverletzung zu fragen.
Bei der Frage der Erlasswürdigkeit ist stets zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang der Steuerpflichtige Anstrengungen unternimmt, um seine Steuerschulden abzutragen. Daher wird die Erlasswürdigkeit wegen selbst herbeigeführter Leistungsunfähigkeit regelmäßig zu verneinen sein, wenn der Steuerpflichtige sein Arbeitsverhältnis aus nicht näher erläuterten Gründen kündigt.
§ 227 AO gibt als „Kann-Vorschrift“ der Behörde ein Ermessen, ob sie die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlässt oder nicht.
Diese Ermessenentscheidung kann vom Finanzgericht nur auf Ermessensfehler überprüft werden. Hält das Finanzgericht die Verwaltungsentscheidung für rechtswidrig, darf es i.d.R. nur die Verpflichtung aussprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Nur wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeschränkt ist, dass lediglich eine Entscheidung ganz bestimmten Inhalts ermessensgerecht wäre (sog. Ermessensreduzierung auf Null), kann das Gericht ausnahmsweise eine Verpflichtung zum Erlass aussprechen. In keinem Fall darf es Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis selbst erlassen.