Bei Erstellung der Einkommensteuererklärung gelten hinsichtlich des häuslichen Arbeitszimmers und der Homeoffice-Pauschale aufgrund der Coronapandemie Ausnahmeregelungen. Hier die interessantesten und in der Praxis häufig nicht bekannten Besonderheiten im Überblick.
Steuertipp 1: Werbungskosten trotz anderem Arbeitsplatz
Stellt ein häusliches Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten dar, kommt höchstens ein Werbungskostenabzug von maximal 1.250 EUR pro Jahr in Betracht. Voraussetzung dafür ist es, dass dem Arbeitnehmer in der Einrichtung des Arbeitgebers kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Ein anderer Arbeitsplatz steht einem Arbeitnehmer nach gefestigter Rechtsprechung dann zur Verfügung, wenn er ihn in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann (u. a. BFH 7.8.13, VI R 17/01).
Ausnahmeregelung wegen Corona: Soll ein Arbeitnehmer aus Gründen des Gesundheitsschutzes wegen der Coronapandemie den ihm zustehenden Arbeitsplatz nicht nutzen, steht ihm für seine berufliche Tätigkeit „kein“ anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitnehmer nicht von seinem Arbeitgeber dazu angewiesen wurde, im Homeoffice zu arbeiten, sondern diese Entscheidung aus eigenem Antrieb aufgrund der Empfehlungen der Bundesregierung bzw. der Länder zur Kontaktbegrenzung gefolgt ist (BMF 9.7.21, IV C 6 – S 2145/19/10006 :013; Tz. 5; Abruf-Nr. 224440).
Praxistipp
Die Corona-Sonderregelung zum Werbungskostenabzug bis maximal 1.250 EUR gilt übrigens für den Zeitraum vom 1.3.2020 bis zum 31.12.2021. Arbeitnehmer profitieren also in den Veranlagungszeiträumen 2020 und 2021.
Steuertipp 2: Corona-Sonderregelung zum Mittelpunkt beachten
Ein höherer Werbungskostenabzug winkt einem Arbeitnehmer, wenn er nachweisen kann, dass das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellt. In diesem Fall dürfen die Arbeitszimmerkosten in voller Höhe als Werbungskosten abgezogen werden.
Ein Problem in der Praxis war häufig, dass der Arbeitnehmer nicht nachweisen konnte, dass die Arbeiten in der Einrichtung seines Arbeitgebers und in seinem häuslichen Arbeitszimmer qualitativ gleichwertig sind.
Beachten Sie | Aufgrund der Coronapandemie soll in der Zeit vom 1.3.2020 bis zum 31.12.2021 auf diesen Nachweis verzichtet werden (BMF 9.7.21, Tz. 6).
Kann also nachgewiesen werden, dass die überwiegende Tätigkeit im Arbeitszimmer durchgeführt wurde (z. B. indem bei einer Fünftagewoche an drei Tagen im Arbeitszimmer gearbeitet wird), stellt das Arbeitszimmer den Mittelpunkt dar und einem Arbeitnehmer steht der volle Werbungskostenabzug zu.
Steuertipp 3: Lehrer & Co. – höherer Werbungskostenabzug durch zulässigen Mix
Aufgrund des Lockdowns während der Coronakrise kann es bei Steuerzahlern zu einem höheren Werbungskostenabzug für das häusliche Arbeitszimmer kommen. Insbesondere Lehrer sollten beim Werbungskostenabzug neu rechnen. Was gemeint ist, verdeutlicht das folgende Beispiel:
Beispiel
Eine Lehrerin war 2021 rechnerisch fünf Monate wegen des Lockdowns oder der Quarantäne in ihrem häuslichen Arbeitszimmer tätig und führte Fernunterricht durch. Sieben Monate ging sie ganz normal zur Schule. Der Werbungskostenabzug für Lehrer beträgt maximal 1.250 EUR pro Jahr. Die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer der Lehrerin betrugen 270 EUR im Monat.
Folge: Der Werbungskostenabzug 2021 der Lehrerin für das häusliche Arbeitszimmer berechnet sich folgendermaßen:
5 Monate Fernunterricht (Arbeitszimmer = Mittelpunkt; Werbungskosten 5 × 270 EUR)
1.350 EUR
+ 7 Monate Normalunterricht (Arbeitszimmerkosten 7 × 270 EUR, maximal jedoch 1.250 EUR pro Jahr)
1.250 EUR
= Gesamter Werbungskostenabzug für häusliches Arbeitszimmer
2.600 EUR
Steuertipp 4: Wahlrecht beim Werbungskostenabzug ausüben
Arbeitnehmer haben in den Veranlagungszeiträumen 2020, 2021 und 2022 ein Wahlrecht. Handelt es sich bei dem zu Hause für berufliche Zwecke genutzten Raum um ein häusliches Arbeitszimmer, kommen folgende Abzugsvarianten in Betracht:
* Begrenzter Werbungskostenabzug bis 1.250 EUR im Jahr
* Voller Werbungskostenabzug, wenn das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten darstellt
* Abzug der Homeoffice-Pauschale i. H. v. 5 EUR pro Tag, maximal 600 EUR pro Jahr
* Der Abzug der Homeoffice-Pauschale trotz Vorliegens eines häuslichen Arbeitszimmers bietet sich an, wenn die anteiligen Arbeitszimmerkosten entweder unter 600 EUR liegen oder wenn ein Arbeitnehmer keine Lust oder keine Zeit dazu hat, die anteiligen Arbeitszimmerkosten zu ermitteln.
Praxistipp
Dieses Wahlrecht kann jedes Jahr aufs Neue ausgeübt werden. Entscheidet sich ein Arbeitnehmer also in einem Jahr für die Homeoffice-Pauschale, kann er bei höheren Arbeitszimmerkosten im nächsten Jahr die Werbungskosten auf jeden Fall nach den Arbeitszimmer-Spielregeln ermitteln.
Steuertipp 5: Homeoffice-Pauschale auch bei doppelter Haushaltsführung
Arbeitnehmer, die aus beruflichen Gründen am Beschäftigungsort Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend machen, profitieren ebenfalls von der Homeoffice-Pauschale. Die Pauschale von 5 EUR je Tag, maximal i. H. v. 600 EUR soll sogar greifen, wenn die Arbeit in der Zweitwohnung verrichtet wurde. Das ist eine sehr großzügige Regelung, weil die Unterkunftskosten bereits in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar sind. Diese auf Bund-Länder-Ebene getroffene Aussage ist bisher nur in internen Verfügungen zu finden.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer mietet am Beschäftigungsort eine Zweitwohnung an. Für Miete und Nebenkosten bezahlt er jährlich 10.350 EUR. Aufgrund von Kontaktbeschränkungen in der Firma arbeitete er an 120 Tagen am Wohnzimmertisch in der Zweitwohnung.
Folge: Der Werbungskostenabzug beträgt 10.950 EUR (Unterkunftskosten 10.350 EUR plus Homeoffice-Pauschale 600 EUR).
Beachten Sie | Die Homeoffice-Pauschale ist personenbezogen und nicht haushaltsbezogen. Hat ein Arbeitnehmer also an 120 Tagen in der Zweitwohnung und an 120 Tagen in seiner Erstwohnung gearbeitet, sind lediglich 600 EUR Homeoffice-Pauschale als Werbungskosten abziehbar.
Steuertipp 6: Homeoffice-Pauschale auch für Wochenendarbeit
In der Praxis stellen sich zur Homeoffice-Pauschale zwei Fragen:
* Wie lange muss im Homeoffice gearbeitet werden, damit die Homeoffice-Pauschale von 5 EUR pro Tag, maximal 600 EUR im Jahr, als Werbungskosten abgezogen werden darf?
* Zweite Frage: Ist auch die Arbeit am Wochenende begünstigt?
Antworten: Nach dem reinen Gesetzeswortlaut reicht es aus, nur fünf Minuten am Tag zu Hause zu arbeiten und auch die Arbeit am Wochenende oder an Feiertagen ist erlaubt. Im Gesetz heißt es in § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 4 EStG lediglich, dass es die Homeoffice-Pauschale für jeden Kalendertag gibt, an denen ausschließlich zu Hause gearbeitet wird.
In einem Prüfbericht des Niedersächsischen Finanzministeriums (Landtag Niedersachsen, Drucksache 18/10058 vom 12.10.21) ist vermerkt, dass der Gesetzgeber keine allzu großen Anforderungen an die Gewährung der Homeoffice-Pauschale stellt. Dies könnte zu einem Gestaltungsmissbrauch führen (Prüfbericht, Abruf-Nr. lautet 228868).
Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass Arbeitnehmer, die an Wochenenden oder an Feiertagen ausschließlich – wenn auch nur kurz – zu Hause beruflich tätig werden, einen Anspruch auf die Homeoffice-Pauschale haben. Bleibt abzuwarten, ob und wann die Finanzverwaltung hierzu Einschränkungen beschließt.
Praxistipp
Besonders interessant dürfte die Homeoffice-Pauschale für Selbstständige sein, die ihre Büroarbeiten in der Regel an Wochenenden und an Feiertagen zu Hause erledigen. Hier stellt der Betriebsausgabenabzug sicherlich keinen Gestaltungsmissbrauch dar.