Muss der Steuerpflichtige in seiner Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolger noch eine Einkommensteuer-Abschlusszahlung des Erblassers für das Todesjahr leisten, so ist diese Zahlung nach dem Urteil des BFH als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig.
Hierzu gehören nicht nur die Steuerschulden, die zum Todeszeitpunkt in der Person des Erblassers bereits rechtlich entstanden waren, sondern auch solche Verbindlichkeiten, die der Verstorbene noch durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen selbst begründet hatte und die erst nach dem Todesjahr entstehen.
BFH 4.7.12, II R 15/11,
BFH 2.3.11, II R 5/09, BFH/NV 11, 1147
BGH 7.6.91, V ZR 214/89, NJW 91, 2558
LfSt Bayern 9.2.10, S 3810.1.1 – 1 St 34
Dies gilt laut BFH in Übereinstimmung mit der zivilrechtlichen BGH-Rechtsprechung, wonach Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls als Erblasserschulden im Sinne des § 1967 Abs. 2 BGB noch nicht voll wirksam entstanden sein müssen.
Somit ist für den Abzug der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten entscheidend, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa ein Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb für ihn noch eine Steuer entsteht.
Abzugsfähig sind zudem die auf den Erben entsprechend der Erbquote entfallenden Abschlusszahlungen für die vom Erblasser herrührende Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag. Es verbleibt jedoch dabei, dass der Abzug einer Steuerschuld als Nachlassverbindlichkeit – abweichend vom Zivilrecht – zusätzlich voraussetzt, dass diese eine wirtschaftliche Belastung darstellt.
Der BFH betont aber, dass Steuererstattungsansprüche von dieser Änderung der Rechtsprechung nicht tangiert werden. Es gibt nämlich unterschiedliche Regelungen in § 10 Abs. 1 und Abs. 5 ErbStG hinsichtlich Forderungen und Schulden. Eine Erfassung von Steuererstattungsansprüchen aus dem Todesjahr würde zudem dem Bereicherungsprinzip widersprechen.
Im Fall von zusammenveranlagten Eheleuten, von denen ein Partner verstirbt, ist entsprechend § 270 AO zu ermitteln, inwieweit die Steuernachzahlung auf den vorverstorbenen Ehegatten entfällt. Soweit die Abschlusszahlung nach einer Aufteilung analog § 270 AO auf den Verstorbenen entfällt, ist diese beim Erwerb des Erben als eine vom Erblasser herrührende Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.
Eine Einkommensteuerschuld für das Todesjahr bleibt trotz des Über-gangs auf den Erben eine vom Verstorbenen herrührende Steuerschuld. Insoweit ist es unerheblich, dass der Einkommensteuerbescheid für den Erblasser gegenüber den Erben als Gesamtrechtsnachfolger ergeht.
Praxishinweis:
Nach Ansicht der Finanzverwaltung sind Einkommensteuerschulden aus dem Todesjahr des Erblassers nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig, da der Abzug einer vom Erblasser herrührenden Schuld deren rechtliches Bestehen im Besteuerungszeitpunkt voraussetzt. Da die Einkommensteuer erst mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums, also regelmäßig zum 31. Dezember eines Kalenderjahres entsteht, soll bisher die im Todesjahr entstandene Einkommensteuer des Erblassers nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden.
Nach den neuen R E 10.3 und 10.8 ErbStR 2011 sind private Steuererstattungsschulden und -ansprüche des Erblassers im Sterbejahr weder eine Forderung noch eine Nachlassschuld.
Schulden und Erstattungen vor dem Todesjahr werden jedoch unabhängig von einer Festsetzung im Todeszeitpunkt als Nachlassverbindlichkeit und Forderung berücksichtigt. Abzugsfähig sind darüber hinaus nach R E 10.8 Abs. 4 zum Todestag noch nicht bezahlte Einkommensteuer-Vorauszahlungen, die festgesetzt und entstanden sind.