Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind die vom Erblasser herrührenden Schulden als Nach-lassverbindlichkeiten abzugsfähig. Die Einkommensteuer für das Kalenderjahr, in dem der Erblasser verstirbt, kann nach Ansicht des FG Niedersachsen beim Erben nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden, weil sie zum maßgeblichen Stichtag der §§ 9, 11 ErbStG noch nicht entstanden ist, sondern erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums.
FG Niedersachsen 23.2.11, 3 K 332/10, Revision unter II R 15/11, ; 3 K 220/10, Revision unter II R 19/11, FG Niedersachsen 3 K 476/10, Revision unter II R 18/11, FinMin Bayern 27.1.10, 34 – S 3810 – 029 – 2 177/10
Zwar endet die persönliche Steuerpflicht mit dem Tode, sodass die Einkünfte nur für den Zeitraum bis zum Ableben zu ermitteln sind. Veranlagungszeitraum bleibt jedoch weiterhin das gesamte Kalenderjahr. Auch nach Ansicht des BFH setzt den Abzug von Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten deren rechtlicher Bestand im Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer voraus. Daher ist weder ein Abzug latenter Steuerschulden anzunehmen, noch ist für Erbschaftsteuerzwecke von einem anderen Zeitpunkt der Steuerentstehung auszugehen. Der Erbe übernimmt den Nachlass in diesem vorhandenen Zustand. Dies schließt die Berücksichtigung von künftigen Belastungen aus.
Das Abstellen auf die Vollendung des Kalenderjahrs als Entstehungszeitpunkt der Ein-kommensteuer wirkt sich nicht einseitig negativ aus. Hatte der Erblasser mit hohen Einkommensteuervorauszahlungen sein der Erbschaftsteuer unterliegendes Vermögen zu Lebzeiten gemindert, wird der spätere Erstattungsanspruch noch nicht als Forderung erfasst. In den eingelegten Revisionen kann der BFH diese in der Literatur kontrovers diskutierte Rechtsfrage klären. Die Finanzverwaltung hat ebenfalls die Sichtweise des FG Niedersachsen bei Erstattungen und Schulden für Zeiträume vor dem und im Todesjahr.