Erbringt ein Bordellbetreiber neben der tageweisen Vermietung von Zimmern an Prostituierte weitere Leistungen in Form von Werbung und Sicherheitsservice, die bei einer Gesamtschau ein Komplettpaket zur Ermöglichung der Prostitution darstellen, handelt es sich nicht um eine steuerbefreite Grundstücksvermietung, sondern um eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige betreibt ein „Eroscenter“. Das Haus verfügt über Einzelzimmer, einen Eingangsbereich mit Büro und Rezeption, ein gemeinschaftliches Badezimmer, einen Sozialraum, einen Außenbereich mit Liegestühlen und Parkplätze. Im Eingangsbereich befinden sich Automaten für Getränke, Snacks und Zigaretten. Das Gebäude ist im Flur mit Überwachungskameras und in den Zimmern mit einem Notrufsystem gesichert.
Der Unternehmer vermietet die eingerichteten Zimmer für 70 EUR (in späteren Jahren 80 EUR) am Tag ausschließlich an Frauen, die darin Prostitution betreiben. Die Dauer des Mietverhältnisses beträgt jeweils einen Tag (24 Stunden) und kann von den Prostituierten tageweise verlängert werden. Im Büro ist stets eine Person anwesend, die die Sicherheitstechnik überwacht und als Ansprechpartner für die Kunden sowie die Prostituierten zur Verfügung steht. Das Eroscenter hat durchgehend geöffnet und wird im Internet beworben.
Der Unternehmer wendet das Düsseldorfer Verfahren an und dokumentiert die Anwesenheit der Prostituierten, um die – von den Prostituierten vereinnahmten – Pauschalbeträge an die Finanzbehörde abzuführen.
Der Steuerpflichtige wollte die Einnahmen aus der Überlassung der Zimmer zunächst dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterwerfen. Er begehrte zuletzt, diese Einnahmen nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG als steuerfrei zu behandeln, was das FA ablehnte.
Entscheidung
Die hiergegen erhobene Klage wies das FG ab. Die Überlassung der Zimmer an die Prostituierten sei nicht nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei.
Die Steuerfreiheit erstrecke sich zwar auch auf die Vermietung einzelner Räume. Allerdings könnten mehrere Leistungen derart untrennbar miteinander verbunden sein, dass sie eine einheitliche (komplexe) Leistung bilden, die nicht als Vermietung von Grundstücken umsatzsteuerfrei, sondern umsatzsteuerpflichtig sei.
Im Streitfall gehe es nicht darum, ob der Steuerpflichtige ein Bordell betreibe, sondern ob die von ihm erbrachten weiteren Dienstleistungen der Zimmerüberlassung ein anderes Gepräge geben.
Es sei unstreitig, dass der Steuerpflichtige die sexuellen Dienstleistungen nicht im eigenen Namen anbiete. Das FA habe demgemäß die von den Prostituierten mit den Freiern erzielten Umsätze nicht dem Steuerpflichtigen zugerechnet. Vorliegend werde das Gepräge der Leistungen des Steuerpflichtigen aus Sicht der Prostituierten in erster Linie durch die Möglichkeit zur Ausübung der gewerblichen Prostitution in den überlassenen Räumlichkeiten bestimmt.
Die Nutzung der Zimmer für diesen Hauptzweck stelle lediglich ein Merkmal der Gesamtleistung dar. Hierzu gehöre die Werbung im Internet und die Einbindung des Steuerpflichtigen in die telefonische Geschäftsanbahnung zwischen Kunde (Freier) und Prostituierter. Die Kunden hätten keine Möglichkeit, unmittelbar telefonisch mit der Prostituierten Kontakt aufzunehmen.
Darüber hinaus erbringe der Steuerpflichtige weitere Dienstleistungen, die über eine bloße Zimmerüberlassung hinausgehen. So überwache er die Flure mit einer Videoanlage. Die Prostituierten könnten über ein Notrufsystem im Zimmer um Hilfe rufen.
Auch sonst stünden der Steuerpflichtige oder ein Mitarbeiter (vom FA insoweit als „Concierge“ bezeichnet) rund um die Uhr als Ansprechpartner für Kunden und Prostituierte zur Verfügung.
Praxistipp | Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt (XI R 6/18).
Fundstelle
FG Baden-Württemberg 7.12.17, 1 K 1921/17