Einkommensteuer
Steueranrechnung für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen
Der BFH hat aktuell klargestellt, dass die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 S. 2 EStG auch Steuerzahlern zusteht, denen Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung eines Dritten erwachsen, selbst wenn die Pflege- und Betreuungsleistungen nicht im eigenen Haushalt des Steuerzahlers, sondern im Haushalt der gepflegten Personen ausgeübt oder erbracht werden. Zudem ist es für die Steueranrechnung nicht Voraussetzung, dass der Steuerzahler eine Rechnung erhalten hat und dass die Zahlung über ein Kreditinstitut erfolgt.
Das Bundesfinanzministerium beabsichtigt nach Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene eine gesetzliche Änderung des § 35a EStG dahingehend, dass für die Inanspruchnahme einer Steuerermäßigung für Pflege- und Betreuungsleistungen der Erhalt einer Rechnung sowie die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers Voraussetzungen sind. Bis zu dieser Gesetzesänderung soll das steuerzahlerfreundliche BFH-Urteil nicht veröffentlicht und somit nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus angewandt werden.
Praxistipp
Einer internen Verfügung ist jedoch zu entnehmen, dass keine weiteren Einspruchs- und Klageverfahren zu dieser Thematik gewünscht sind. Aus diesem Grund sollen die Urteilsgrundsätze des BFH-Urteils vom 12.4.2022 in der Praxis von den Finanzämtern angewandt werden. Zusätzliche Voraussetzung für die Steueranrechnung: Es muss allerdings nachgewiesen werden, dass der Steuerzahler, der die Kosten für eine ambulante Pflege und Betreuung eines Dritten übernommen hat, einen Vertrag mit dem ambulanten Pflegedienst in seinem Namen abgeschlossen hat.
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* BFH 12.4.22, VI R 2/20
Unterhaltsleistungen an Personen in der Ukraine
Unterstützt ein Steuerzahler unterhaltsberechtigte Personen in der Ukraine, kann er dafür nach § 33a Abs. 1 EStG Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Das Finanzamt erwartet bei Unterhaltszahlungen im Ausland jedoch Nachweise zur Höhe der Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person und Nachweise zur sogenannten Erwerbsobliegenheit, also ob Personen im erwerbsfähigen Alter ihre Arbeitskraft als die ihr zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung stehende Quelle in ausreichendem Maße ausschöpfen, so das aktuelle BMF-Schreiben vom 6.4.22
Doch gelten die strengen Nachweispflichten auch für unterstützte Personen in der Ukraine? Denn die Erfüllung der Mitwirkungspflichten muss erforderlich, möglich, zumutbar und verhältnismäßig sein. Grundsätzlich gilt, dass hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen aus Krisengebieten Beweiserleichterungen in Betracht kommen können. Einer internen Verfügung kann für unterstützte Personen in der Ukraine Folgendes entnommen werden:
* Auch wenn die unterhaltsberechtigte Person im erwerbsfähigen Alter in der Ukraine lebt, kann nicht generell davon ausgegangen werden, dass sie aufgrund der Ansässigkeit in einem Krisengebiet keiner oder nur in geringem Umfang einer Beschäftigung gegen Entgelt nachgehen könnte.
* Wie das Finanzamt letztlich hinsichtlich § 33a EStG entscheidet, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.
* Unterhaltszahlungen für Personen in der Ukraine können danach u. a. als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn durch Zerstörung die Existenzgrundlage oder aufgrund der Flucht innerhalb der Ukraine die Erwerbsmöglichkeit weggefallen ist. Die Finanzämter werden für diese Einzelfälle allerdings aussagekräftige Nachweise fordern.
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* BMF 6.4.22, IV C 8 – S 2285/19/10002 :001
Energiepreispauschale (EPP) für Rentner
Das Finanzministerium Schleswig-Holstein hat in der Kurzinfo 2023/2 vom 3.2.2023 darauf hingewiesen, dass die EPP für Rentenbezieher in Höhe von 300 EUR zwar einkommensteuerpflichtig ist, jedoch in der Einkommensteuererklärung 2022 nicht anzugeben ist. Die ausbezahlte EPP wird automatisch in die Besteuerung miteinbezogen, weil die EPP in der Rentenbezugsmitteilung der Deutschen Rentenversicherung enthalten ist.
Sollte ein Rentner seine EPP für Rentenbeziehende versehentlich in der Einkommensteuererklärung erfasst haben und das Finanzamt besteuert diese, weil es sich auch um eine EPP für Erwerbstätige (z. B. aus einem Minijob) handeln könnte, wurden insgesamt zu Unrecht 600 EUR versteuert. Eine Änderung könnte nach § 129 AO in Betracht kommen, wenn das Finanzamt ohne Überprüfung den Fehler übernommen hat.
Steuerliche Behandlung von Aufwandsentschädigungen
Aufgrund des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4.5.2021 haben sich Änderungen hinsichtlich der BGB-Verweise ergeben. Diese Änderungen im BGB sind zum 1.1.2023 in Kraft getreten. Ehrenamtliche Betreuer nach § 1878 BGB erhalten ab 1.1.2023 eine jährliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 425 EUR (bis 31.12.22: 400 EUR). Die Aufwandsentschädigung wird für jede einzelne Vormundschaft, Pflegschaft und Betreuung gewährt. In Ausnahmefällen kann eine Betreuungsperson mehrfach eine Aufwandsentschädigung erhalten.
Das Thüringer Finanzministerium hat zur steuerlichen Behandlung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuer nach § 1878 BGB Stellung genommen. Danach gilt Folgendes:
* Für alle in § 3 Nr. 26 und § 3 Nr. 26b EStG genannten Tätigkeiten gibt es jährlich insgesamt nur einen Freibetrag. Das bedeutet im Klartext: Der Verbrauch des Freibetrags nach § 3 Nr. 26 EStG in Höhe von 3.000 EUR durch eine Übungsleitertätigkeit führt zur Steuerpflicht der gezahlten Aufwandsentschädigungen als ehrenamtlicher Betreuer.
* Der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG ist ausgeschlossen, wenn die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26b EStG in Anspruch genommen wurde.
Relevanz für die Praxis
Ein Abzug der mit den steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 26b EStG in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben ist abweichend von § 3c EStG nur insoweit zulässig, als sie Einnahmen des ehrenamtlichen Betreuers und gleichzeitig auch die berücksichtigungsfähigen Betriebsausgaben die steuerfreien Einnahmen übersteigen.
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* FinMin Thüringen, Verfügung vom 9.1.23, 1040-21 – S 2121/18-2-2898/2023
Tariflich gezahlter Mutterschaftszuschuss nicht steuerfrei
In einer Verfügung weist eine Landesbehörde auf ein neues Prüfungsfeld für Lohnsteuerprüfer hin. Es geht um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Mutterschaftszuschuss des Arbeitgebers steuerfrei nach § 3 Nr. 1d EStG ist. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28.9.2022 (VIII R 39/19). Danach ist das Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz, der Reichsversicherungsordnung und dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte, die Sonderunterstützung für im Familienhaushalt beschäftigte Frauen, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach Mutterschutzgesetz sowie der Zuschuss bei Beschäftigungsverboten für die Zeit vor oder nach einer Entbindung sowie für den Entbindungstag während einer Elternzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften nach § 3 Nr. 1d EStG steuerfrei.
Zahlt ein Arbeitgeber allerdings solche Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld an freie, in einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis stehende Arbeitnehmer aufgrund einer an das Mutterschaftsgeld angelehnten tarifvertraglichen Regelung, sind die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 1d EStG nicht erfüllt.
Steuerliche Behandlung von Dienstbarkeitsentschädigungen
Erhalten Steuerzahler eine Entschädigung für die Inanspruchnahme von Grundbesitz im Privatvermögen für den Bau von Hochspannungs- und sonstigen Versorgungsleistungen, war bisher nicht ganz klar, wie solche Entschädigungen steuerlich zu behandeln sind. Einer aktuellen internen Verfügung der Finanzverwaltung können die Steuer-Spielregeln dazu entnommen werden.
Zeitlich unbefristete Überlassung: Wird eine einmalige Entschädigung für das mit einer immerwährenden Dienstbarkeit gesicherte und zeitlich nicht begrenzte Recht auf Überspannung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung gezahlt, ist diese Einnahme beim Grundstückseigentümer nicht einkommensteuerpflichtig.
Zeitlich befristete Überlassung: Eine einmalige Nutzungsentschädigung, die für die Überspannung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks mit Hochspannungsfreileitungen für eine gewisse Dauer gezahlt wird, ist dagegen steuerbar, wenn der Grundstückseigentümer durch die mit der Grunddienstbarkeit gesicherten vertraglichen Vereinbarung nicht endgültig und nicht in vollem Umfang das wirtschaftliche Eigentum an seinem privaten Grundbesitz verliert.
Relevanz für Praxis
Liegt bei einer zeitlich befristeten Überlassung das mit der Grunddienstbarkeit belastete Grundstück lediglich im Schutzstreifen einer Leitungstrasse und überquert die Leitung das Grundstück nicht direkt, kann die Entschädigungszahlung eine nichtsteuerbare Vermögungsumschichtung sein. Hier wird die Entschädigungszahlung hauptsächlich für das Verbot der Bebauung im Schutzstreifen gezahlt, nicht jedoch für eine tatsächliche Nutzungsüberlassung.
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BFH 2.7.18, IX R 31/19
Abgabenordnung
Änderung nach § 175b Abs. 2 AO bei Ansatz falscher eDaten
Steuerzahler können auf Angaben in der Einkommensteuererklärung verzichten, wenn die Angaben durch Dritte i. S. v. § 93c AO ans Finanzamt übermittelt wurden. Dadurch macht der Steuerzahler sich die übermittelten Daten Dritter nach § 150 Abs. 7 AO zu eigen. Wurden von dem Dritten fehlerhafte Daten übermittelt und fließen diese in den Steuerbescheid ein, kann auch eine bestandskräftige Steuerfestsetzung zugunsten des Steuerzahlers geändert werden. Dazu muss der Steuerzahler einen Änderungsantrag nach § 175b Abs. 2 AO stellen.
Die durch Dritte nach § 93c AO übermittelten Daten sollen die Finanzämter bei der Sachverhaltsermittlung unterstützen und sind deshalb nicht bindend. Trägt ein Steuerzahler vor, dass die im Steuerbescheid berücksichtigten eDaten Dritter fehlerhaft sind, kann das nachträglich zu einer Sachverhaltsermittlung führen. Die Änderungsmöglichkeit nach § 175b AO gilt nach einer internen Verfügung der Finanzverwaltung selbst dann, wenn den Steuerzahler ein grobes Verschulden daran trifft, das die Unrichtigkeit erst nachträglich bekannt wird.