Neben dem Auto ist mittlerweile auch das Handy des Deutschen liebstes Kind. Nach § 3 Nr. 45 EStG sind zudem – entgegen der Autoüberlassung – die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von Handys und Smartphones steuerfrei. Bei der steueroptimierten Umsetzung kommen Arbeitgeber und Arbeitnehmer immer wieder auf interessante Ideen. Eine sehr kreative Gestaltung beschäftigte jüngst das FG München. Nun muss der BFH entscheiden und hat das letzte Wort.
Rechtlicher Hintergrund
Gemäß den Richtlinien zu § 3 Nr. 45 EStG ist die Privatnutzung betrieblicher Personalcomputer und Telekommunikationsgeräte durch den Arbeitnehmer, unabhängig vom Verhältnis der beruflichen zur privaten Nutzung, steuerfrei. Die Steuerfreiheit umfasst auch die Nutzung von Zubehör und Software und ist nicht auf die private Nutzung im Betrieb beschränkt.
Praxistipp
Zu den Telekommunikationsgeräten i. S. d. § 3 Nr. 45 EStG gehören auch Handys und Smartphones, also z. B. ein iPhone.
Fall
Die A-GmbH möchte ihren Arbeitnehmern Mobiltelefone auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Mobiltelefone sollen dabei im Eigentum der A-GmbH verbleiben. Der von der A-GmbH geleistete Kostenersatz für die mit diesen Handys geführten Gespräche sollte deshalb steueroptimiert nach § 3 Nr. 45 EStG nicht der Lohn- bzw. Einkommensteuer unterliegen und auch sozialabgabenfrei sein.
Kreative Umsetzungsidee
Schauen wir uns die Gestaltungsidee im Detail an. Die A-GmbH hat ab März 2015 mit den jeweiligen Arbeitnehmern Kaufverträge zum Erwerb der ursprünglich den Arbeitnehmern gehörenden Handys abgeschlossen. Der Kaufpreis betrug zwischen 1 und 6 EUR. Diese durch die A-GmbH erworbenen Handys wurden anschließend den Arbeitnehmern unmittelbar wieder zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Dies wurde mit zeitgleichen Verträgen vereinbart. Zudem wurde geregelt, dass die A-GmbH die für das Mobiltelefon entstehenden Kosten des Mobilfunkvertrags (Grundgebühr, Verbindungsentgelte oder auch Flatrate-Gebühr) bis zu einer in den jeweiligen Verträgen vereinbarten monatlichen Höhe übernimmt. Die Arbeitnehmer hatten die Kosten des Mobilfunkvertrags, den sie mit einem Mobilfunkanbieter abgeschlossen hatten, nachzuweisen.
Die Überlassung an Dritte war unzulässig. Der Überlassungsvertrag konnte gekündigt werden, wenn die A-GmbH infolge eines nicht vorhersehbaren Umstandes und aus dringendem betrieblichen Interesse das Mobiltelefon benötigte oder wenn die Arbeitnehmer das Mobiltelefon vertragswidrig gebrauchten. Der Überlassungsvertrag war an das bestehende Arbeitsverhältnis gebunden und endete automatisch an dessen Ende.
Finanzamt erkennt Steuergestaltung nicht an
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Übernahme der Handygebühren nicht steuerfrei habe erfolgen können, da es sich bei dem vorliegenden Sachverhalt um eine unangemessene rechtliche Gestaltung nach § 42 AO gehandelt habe. Die Gestaltung wäre von einem verständigen Dritten in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung ohne den Steuervorteil nicht gewählt worden. Einem fremden Dritten wäre das eigene Mobiltelefon zum marktüblichen Wert, nicht aber für nur 1 EUR überlassen worden. Denn es bestehe durchaus ein Markt für gebrauchte Handys. Der Verkauf des Handys zu 1 EUR sei lediglich wegen der damit verbundenen Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift erfolgt.
Die von der A-GmbH übernommenen Unkosten für die Handynutzung stellten daher gemäß dem H 3.45 LStH zu R 3.45 LStR steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Lediglich der Ersatz von Gebühren für berufliche Telefongespräche, die die Arbeitnehmer für die Arbeitgeberin außerhalb des Betriebs geführt hätten, seien in Höhe des Einzelnachweises oder ohne Einzelnachweis i. H. v. bis zu 20 % des Rechnungsbetrags, höchstens jedoch mit 20 EUR monatlich als Auslagenersatz steuerfrei. Insgesamt ging es um Kosten von ca. 11.800 EUR, wovon 80 %, also 9.600 EUR, als nach Meinung des Finanzamts unzutreffend steuerfrei behandelt worden waren.
Finanzgericht erkennt keinen Gestaltungsmissbrauch
Voraussetzung der Steuerbefreiung ist u. a., dass der Arbeitnehmer ein betriebliches Gerät privat nutzt. Nach der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 45 EStG ist entscheidend, dass es sich um ein Gerät handelt, das „zum Betrieb des Arbeitgebers gehöre“ (BT-Drucks. 14/4626, 3, 6). Dies wird in der Vorschrift jedoch nicht näher definiert. Somit muss also das zivilrechtliche Eigentum oder das wirtschaftliche Eigentum i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO beim Arbeitgeber vorliegen. Im zu entscheidenden Fall waren die von den Arbeitnehmern erworbenen Geräte der A-GmbH gemäß § 39 AO als eigenständiges Wirtschaftsgut zuzurechnen, da sie sowohl zivilrechtliches als auch wirtschaftliches Eigentum an dem jeweiligen Telefon innehatte. Denn die Arbeitnehmer hatten ihr damaliges Handy zum Preis von 1 EUR zivilrechtlich wirksam an ihre Arbeitgeberin, die A-GmbH, verkauft. Dass der Vertrag zivilrechtlich unwirksam sei oder es sich um ein Scheingeschäft gemäß § 41 Abs. 2 AO handle, sah das FG München nicht.
Praxistipp
Im Rahmen von Betriebsprüfungen wird von den Prüfern bei kreativen Ideen häufiger der Verdacht eines Gestaltungsmissbrauchs geäußert. Allerdings zeigt sich in der Praxis regelmäßig, dass über den Weg des Einspruchs oder ggf. über den Klageweg nur in seltenen Fällen ein Gestaltungsmissbrauch tatsächlich nachweisbar ist.
Nach Ansicht des FG München war für § 3 Nr. 45 EStG auch nicht schädlich, dass die A-GmbH für von den Arbeitnehmern abgeschlossene und auf deren Namen laufende Mobilfunkverträge die Verbindungsentgelte übernahm. Denn es kommt allein darauf an, dass die Arbeitgeberin die Verbindungsentgelte letztendlich getragen hat, wonach sie sich arbeitsvertraglich verpflichtet hatte.
Auch einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch sehen die Finanzrichter aus München nicht als erfüllt an. Die Anwendung des § 3 Nr. 45 EStG scheitert nicht daran, dass es sich bei dem Handykauf- und Überlassungsvertrag um einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten i. S. d. § 42 AO handelt, der bei der A-GmbH oder den Arbeitnehmern im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i. S. d. § 42 Abs. 2 AO liegt nur vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AO).
Missbrauch liegt danach vor, wenn die gewählte Gestaltung gemessen an dem angestrebten Ziel unangemessen, d. h., ungewöhnlich ist und der Steuerminderung dienen soll und nicht durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe zu rechtfertigen ist (vgl. BFH 29.5.08, IX R 77/06, BStBl II 08, 789; 29.8.07, IX R 17/07, BFH/NV 08, 426). Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (vgl. u. a. BFH 17.12.03, IX R 56/03, BStBl II 04, 648).
Praxistipp
Unangemessene Gestaltungen sind zumeist umständlich, kompliziert, unökonomisch, widersinnig oder undurchsichtig und nicht selten unpraktikabel und wenig effektiv. Der Steuerpflichtige muss mit Umgehungsabsicht gehandelt haben. Die objektive Beweislast für das Vorliegen einer unangemessenen rechtlichen Gestaltung, die zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil führt, trägt das Finanzamt (BFH 13.7.89, V R 8/86, BStBl II 90, 100).
Das FG erkannte in dem Verkauf des Mobiltelefons der Arbeitnehmer an die A-GmbH zu einem Kaufpreis von 1 bis 6 EUR keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten. Ein Missbrauch würde selbst dann nicht vorliegen, wenn das alleinige Ziel die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 45 EStG gewesen sein sollte. Denn mit der Regelung des § 3 Nr. 45 EStG wollte der Gesetzgeber die zuvor vorhandenen Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich des Anteils der betrieblichen und privaten Nutzung eines vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Telefons dahingehend lösen, dass auch ohne eine tatsächliche betriebliche Nutzung die Kosten für die gesamte Privatnutzung des Smartphones vom Arbeitgeber steuerfrei übernommen werden können. Aus der Regelung des § 3 Nr. 45 EStG und den dazu vorhandenen Gesetzesmaterialien ergibt sich jedoch nicht, dass eine Steuerbefreiung nur dann erfolgen kann, wenn der Arbeitgeber für das dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellte Handy Betriebsausgaben aufwenden musste.
Fazit | Nun hat der BFH zu prüfen, ob insoweit tatsächlich kein Gestaltungsmissbrauch stattgefunden hat, der die Steuerfreiheit der späteren Übernahme der Verbindungsentgelte erfassen kann. Streng genommen handelt es sich beim Kauf und die anschließende Übernahme der Verbindungsentgelte um zwei unterschiedliche und voneinander völlig unabhängige Rechtsgeschäfte. Das bedeutet, dass selbst wenn ein Rechtsgeschäft nicht fremdüblich sein sollte, dies nicht unmittelbar auf das andere Rechtsgeschäft übertragen werden kann.
Beachten Sie | In gleichgelagerten Fällen sollte Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens unter Angabe des Az. VI R 50/20 beantragt werden. Wer bei künftigen Verträgen auf Nummer sichergehen will, kauft seinen Arbeitnehmern bestehende Handys und Verträge zu marktüblichen Preisen ab. Grobe Richtwerte hierzu lassen sich im Internet schnell finden. Wer ein wenig Risiko nicht scheut, vereinbart einen Kaufpreis von lediglich einem EUR und hofft auf einen positiven Ausgang des BFH-Verfahrens.
Fundstelle
FG München 20.11.20, 8 K 2655/19, Rev. beim BFH unter VI R 50/20