Die Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern durch Arbeitgeber an Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung stellt Arbeitslohn dar. Ertragsteuerlich erfährt dieser Lohnanteil durch Halbierung bzw. Viertelung der Bemessungsgrundlage und teilweise sogar vollständige Steuerbefreiung erhebliche Begünstigungen. Diese Begünstigungen finden jedoch für umsatzsteuerliche Zwecke keine Anwendung.
Der Gesetzgeber möchte das umweltfreundliche Verhalten von Fahrradfahrern und ihren Arbeitgebern fördern. „Freie Hand“ hat der Gesetzgeber dabei jedoch nur bei den Ertragsteuern. Europarechtliche Vorgaben hindern ihn (noch) bei der Umsatzsteuer. Lohnsteuer und Umsatzsteuer behandeln infolgedessen die Fahrradgestellung derzeit höchst unterschiedlich:
Lohnsteuerliche Behandlung
Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads, das kein Kraftfahrzeug i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist, sind steuerfrei (§ 3 Nr. 37 EStG). Erfolgt die Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern an Arbeitnehmer zur Privatnutzung also zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, bleibt der geldwerte Vorteil lohnsteuerfrei.
Fahrradüberlassung aufgrund Gehaltsumwandlung
Die Fahrradüberlassung kann auch im Rahmen einer steuerlich anzuerkennenden Gehaltsumwandlung mit Wirkung für die Zukunft vereinbart werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Arbeitnehmer unter Änderung des Arbeitsvertrags im Vorhinein auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und ihm der Arbeitgeber stattdessen Sachlohn in Form eines Nutzungsrechts an einem betrieblichen (Elektro-)Fahrrad des Arbeitgebers gewährt (vgl. BFH 6.3.08, BStBl II 08, 530).
In diesem Fall beträgt der geldwerte Vorteil des Arbeitnehmers 1 % der auf volle 100 EUR abgerundeten unverbindlichen Brutto-Preisempfehlung des Herstellers.
* Der geldwerte Vorteil wird seit dem Veranlagungszeitraum 2020 und bis zum Veranlagungszeitraum 2030 zu lediglich einem Viertel bei der Lohnsteuer berücksichtigt.
* Im Veranlagungszeitraum 2019 wurde dagegen der Vorteil noch zur Hälfte angesetzt.
Umsatzsteuerliche Behandlung
Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 37 EStG sowie die Halbierung bzw. Viertelung der Bemessungsgrundlage finden für umsatzsteuerliche Zwecke keine Anwendung. Das bedeutet Folgendes:
* Die entgeltliche Überlassung eines betrieblichen (Elektro-)Fahrrads eines Unternehmers (Arbeitgeber) an sein Personal zu privaten Zwecken stellt eine entgeltliche sonstige Leistung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG dar.
* Die Überlassung ist als Vergütung für geleistete Dienste des Arbeitnehmers und damit als entgeltlich anzusehen, wenn sie im Arbeitsvertrag geregelt ist oder auf mündlichen Abreden oder sonstigen Umständen des Arbeitsverhältnisses beruht. Von Entgeltlichkeit ist stets auszugehen, wenn das Fahrrad dem Arbeitnehmer für eine gewisse Dauer und nicht nur gelegentlich zur Privatnutzung überlassen wird (tauschähnlicher Umsatz nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG; Abschn. 15.23 Abs. 8 ff. UStAE). Dies bedeutet, dass aus umsatzsteuerlicher Sicht von einer entgeltlichen Überlassung auszugehen ist, wenn dem Arbeitnehmer ein Fahrrad zur Privatnutzung überlassen wird, und zwar unabhängig davon, ob sich der Arbeitnehmer finanziell beteiligt oder nicht (Gehaltsumwandlung, Zuzahlung).
* Als Bemessungsgrundlage ist gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 UStG der Wert der nicht durch den Barlohn abgegoltenen Arbeitsleistung heranzuziehen.
* Zuzahlungen des Arbeitnehmers mindern die Bemessungsgrundlage nicht (BMF-Schreiben vom 30.12.17, BStBl I 98, 110).
Fahrradüberlassung als Zusatzlohn
Aus Vereinfachungsgründen wird es jedoch nicht beanstandet, wenn bei einer Überlassung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn als monatlicher Durchschnittswert der privaten Nutzung 1 % der unverbindlichen Preisempfehlung inklusive Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Inbetriebnahme angenommen wird, wobei die lohnsteuerlichen Werte als Bruttowerte anzusehen sind, aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen ist.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer erhält im Jahr 2020 von seinem Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn ein Elektro-Fahrrad (UVP 3.200 EUR zuzüglich USt 608 EUR), das verkehrsrechtlich nicht als Kfz gilt. Dieses Fahrrad darf er auch privat nutzen.
Lösung
* Lohnsteuer: Die Überlassung ist nach § 3 Nr. 37 EStG steuerfrei.
* Umsatzsteuer: Es liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor. Bemessungsgrundlage: 1 % × 3.800 EUR (3.200 EUR + 608 EUR = 3.808 EUR, Abrundung auf volle 100 EUR) = 38 EUR × 100/119 = 31,93 EUR, Umsatzsteuer 19 % = 6,07 EUR
Fahrradüberlassung aufgrund Gehaltsumwandlung
Der Wert der Arbeitsleistung ist in den Fällen einer Gehaltsumwandlung betragsmäßig eindeutig in Höhe der Barlohnherabsetzung bestimmt. Eine Ermittlung durch die 1 %-Methode entfällt somit.
Die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG ist jedoch zu beachten. Diese ist anzuwenden, sofern sie den tatsächlich gezahlten Betrag übersteigt. Die Mindestbemessungsgrundlage bestimmt sich nach den entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben, § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG. Zu den entstandenen Ausgaben zählen auch evtl. Anschaffungskosten.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer erhält im Jahr 2020 von seinem Arbeitgeber ein Elektro-Fahrrad (UVP 3.200 EUR zuzüglich USt 608 EUR), das verkehrsrechtlich nicht als Kfz gilt. Der Arbeitnehmer darf das Fahrrad auch privat nutzen. Der Arbeitnehmer verzichtet hierzu monatlich auf 50 EUR seines Gehalts.
Lösung
* Lohnsteuer: Geldwerter Vorteil i. H. v. 1 % × 900 EUR (¼ × 3.808 EUR = 952 EUR, Abrundung auf volle 100 EUR) = 9 EUR
* Umsatzsteuer: Es liegt eine entgeltliche sonstige Leistung vor, § 3 Abs. 9 UStG.
* Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG: Gehaltsverzicht = 50 EUR × 100/119 = 42,01 EUR
* Prüfung der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG: Entstandene Ausgaben, soweit sie zum Vorsteuer-abzug berechtigt haben; Anschaffungskosten auf den 15a UStG-Zeitraum verteilt: 3.200 EUR ÷ 5 Jahre (§ 15a UStG-Zeitraum) ÷ 12 Monate = 53,33 EUR
* Umsatzsteuer § 12 Abs. 1 UStG: 19 % × 53,33 EUR = 10,13 EUR
Da die Nutzungsüberlassung des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer eine unternehmerische Tätigkeit darstellt, erhält der Arbeitgeber aus den Anschaffungskosten des Fahrrads einen Vorsteuerabzug, soweit die weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind.
Praxistipp
Die lohnsteuerlichen Begünstigungen schlagen nicht auf die Umsatzsteuer durch. Eine für die Beratungspraxis wichtige Erkenntnis! Dies ist kein böser Wille des deutschen Gesetzgebers, sondern systembedingt. Denn bei der Umsatzsteuer ist der Gesetzgeber an die europäischen Vorgaben der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie gebunden – und diese sehen keine Begünstigung vor. Zumindest noch nicht! Der Arbeitgeber muss daher die Umsatzsteuerbelastung bei Kalkulation der Fahrradüberlassung berücksichtigen.