Sowohl das Hessische FG als auch der BFH haben aktuell zur Tarifbegünstigung bei Abfindungen als außerordentliche Einkünfte entschieden.
Keine Begünstigung bei Vertragsauflösung
Das FG Hessen hat in zwei Urteilen gegen eine Tarifermäßigung entschieden, da es sich bei den Entschädigungen nicht um Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gehandelt hat.
FG Hessen 1.8.12, 10 K 761/08,
FG Hessen 27.6.12, 11 K 459/07, rkr.
BFH 10.7.12, VIII R 48/09
Sachverhalte
Im ersten Fall wollte der Vermieter das Haus abreißen und neu bauen. Der Mietvertrag mit einem Steuerberater wurde gegen Abfindung vorzeitig beendet. Das FG Hessen sieht in der Einmalzahlung, die der Freiberufler für die Auflösung des Mietverhältnisses erhielt, keine steuerbegünstigte Entschädigung. Die Abfindung war ausschließlich als Entgelt für die Räumung und Rückgabe der angemieteten Kanzleiräume gedacht und insoweit kein Ersatz für entgehende Einnahmen aus der Freiberuflertätigkeit.
In einem zweiten Fall vor dem FG Hessen musste ein Rechtsanwalt eine Vertragsstrafe an eine Sozietät zahlen. Hier hatte die Sozietät mit einem anderen Anwalt vereinbart, sich in Form einer Bürogemeinschaft in anzumietenden Räumen zusammenzuschließen. Dieser ließ die Vereinbarung jedoch ungenutzt und wurde deshalb aufgrund eines Gerichtsvergleichs zum Ausgleich aller vertraglichen Ansprüche an die Sozietät verpflichtet.
Entscheidung und Begründung
Auch dabei handelt es sich nicht um eine steuerbegünstigte Entschädigung, sondern um laufende Einkünfte der Sozietät. Es fehlt an Leistungen, die als Ersatz für wegfallende Einnahmen gewährt werden, so das Gericht. Die Vergleichszahlung erfolgt vielmehr für eine bereits zuvor vertraglich verabredete Vertragsstrafe. Der Sozietät wird hierdurch weder dauerhaft die Basis für künftige Einnahmen entzogen noch handelt es sich um einen außergewöhnlichen Vorgang. Auch die Bedingungen für eine Tarifvergünstigung für einen Veräußerungsgewinn nach §§ 16, „18 EStG liegen nicht vor, weil die Sozietät keinen Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil aufgegeben hat.
Mögliche Tarifbegünstigung für Vergleichsabfindung eines Anwalts
Entschädigungen unterliegen als außerordentliche Einkünfte einem ermäßigten Steuersatz, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden. Eine Abfindung muss also zur Nutzung von §§ 24 Nr. 1 und „34 EStG an die Stelle wegfallender Einnahmen treten.
Das trifft bei den Gewinneinkünften nicht mehr zu, wenn die Entschädigung auf Einnahmen aus Vorfällen resultiert, die zur laufenden Geschäftsführung gehören. Dies ist nach der Rechtsprechung beispielsweise beim Schadenersatz der Fall, der für die Nichterfüllung eines Vertrags geleistet wird. Demgegenüber greift die Tarifermäßigung bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit grundsätzlich bereits dann, wenn die Zahlung unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen veranlasst ist und diesen Verlust ausgleichen soll.
In Abgrenzung zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern kommt der BFH nun zu dem Ergebnis, dass ein Rechtsanwalt eine Entschädigung für die Auflösung eines Beratungsvertrags noch tarifbegünstigt bekommen kann. Schuldet der Freiberufler nämlich seine Leistung trotz rechtlicher Selbstständigkeit im Wesentlichen wie ein Arbeitnehmer, kommt die Steuerbegünstigung bei ihm nach den gleichen Grundsätzen in Betracht, die auch für Arbeitnehmer gelten.
Sachverhalt
Im Urteilsfall erhielt der selbstständig tätige Anwalt per Beratungsvertrag monatlich 2.500 EUR. Der Rechtsanwalt hatte sich in einem Beratungsvertrag verpflichtet, die laufende Rechtsberatung unter Beibehaltung der Selbstständigkeit für die Mandantin – eine GmbH – zu übernehmen. Im Gegenzug sagte diese dem Anwalt eine betriebliche Altersversorgung zu. Innerhalb der vereinbarten Vertragszeit kündigte die GmbH den Rechtsberatungsvertrag mit sofortiger Wirkung. Per Vergleich einigte man sich auf die Aufhebung des Vertrags und die Zahlung einer einmaligen Abfindung an den Anwalt.
Entscheidung und Begründung
Laut BFH führt die Kündigung eines üblichen Mandatsvertrags beim Anwalt nicht zu begünstigten Einnahmen, wenn dadurch ein entgangener Gewinn entschädigt wird. Schuldet der Betroffene seine Leistung aber im Wesentlichen wie ein Arbeitnehmer, kommt § 24 EStG in Betracht. Insoweit kommt es auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls an.