In für ARBEITNEHMER, für BUCHHALTER & UNTERNEHMENSBERATER, für UNTERNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Sozialversicherungen sichern Betroffene bei Krankheit, Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit ab. Zu den Sozialversicherungen gehören:

  • Krankenversicherung,
  • Pflegeversicherung,
  • Arbeitslosenversicherung,
  • Rentenversicherung und
  • Unfallversicherung.

In erster Linie werden Sozialversicherungen durch Beiträge von Arbeitnehmern (AN) und Arbeitgebern (AG) finanziert, während bei Rentnern die Rentenversicherung an die Stelle des Arbeitgebers tritt. Für Arbeitslose übernimmt die Bundesagentur für Arbeit bzw. der Bund die Beiträge des Versicherten vollständig. Folgen­de Tabelle gibt einen detaillierteren Überblick hierzu.

  Beitragshöhe Versicherungs-träger Versicherungs-leistungen
Kranken-versicherung 14,6 % des Bruttolohns.
AN und AG zahlen je 50 %.
Krankenkassen Arzt-, Zahnarzt- und Kranken-hausbehandlung, Arzneimittel, Ent-bindungskosten u.a.
Pflege-versicherung 2,55 % des Bruttolohns.
AN und AG zahlen je 50 %.
Pflegekassen der Krankenkassen Häusliche und stationäre Pflege, Pflegegeld, Ren-tenversicherungs-beiträge für Pfle-gende, Sachleis-tungen
Renten-versicherung 18,7 % des Bruttolohns.
AN und AG zahlen je 50 %.
Versicherungs­anstalten Renten, Heilbe-handlung, Förde-rungsmaßnahmen für Behinderte u.a.
Arbeitslosen-versicherung 3,0 % des Bruttolohns.
AN und AG zahlen je 50 %.
Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld, berufliche Aus- und Fortbildung, Umschulung, Be-rufsberatung, Ar-beitsvermittlung u.a.
Unfall-versicherung Höhe richtet sich nach Gefahrenklasse und Betriebs­größe.
AG zahlt 100 %.
Berufsgenos­senschaften Renten, Heilbe-handlung, Förde-rungsmaßnahmen für Behinderte, Unfallverhütung u.a.

Die Beitragsbemessungsgrenze wird zu Beginn jedes Jahres an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst. Die Beitragssätze der Pflege-, Renten- und Ar­beitslosenversicherung werden bundeseinheitlich vom Gesetzgeber festgelegt. Ebenfalls gesetzlich festgeschrieben wird ein für alle Krankenkassen geltender einheitlicher Beitragssatz zur Krankenversicherung. Einen Sonderfall bildet die Unfallversicherung, die ausschließlich von den Betrieben finanziert wird.

In diesem Merkblatt werden die Sozialversicherungspflicht sowie Einzelheiten zu den verschiedenen Sozialversicherungen vorgestellt.

1      Sozialversicherungspflicht

1.1     Personen in einem Beschäftigungsverhältnis

Der Sozialversicherungspflicht unterliegen alle Arbeitnehmer. Als solche gelten dabei alle Personen einschließlich Auszubildender, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und auf diese Weise abhängige, also nichtselbständige Arbeit leisten. Dieser sozialversicherungsrechtliche Begriff des Arbeitnehmers gilt grundsätzlich auch für gesetzliche Vertreter juristischer Personen und damit auch für Geschäftsführer (GF) einer GmbH. Viele GF unterliegen in der Praxis genauso abhängig den Weisungen der Gesellschafterversammlung bzw. des Mehrheitsgesellschafters wie andere Angestellte. Ihnen kommt daher in der Praxis häufig der Status eines leitenden Angestellten zu.

Hinweis

In wenigen Fällen besteht auch für Selbständige eine Versicherungspflicht. Unbezahlt mithelfende Familienange­hörige und Beamte zählen jedoch nicht dazu.

Arbeitnehmer können jedoch zugleich auch Mitgesellschafter eines Betriebs sein. Grundsätzlich gilt: Je mehr Einfluss der beschäftigte Gesellschafter auf sein eigenes Beschäftigungsverhältnis nehmen kann, desto eher gilt die Sozialversicherungspflicht nicht. Zudem üben mitarbeitende Gesellschafter als wirtschaftlich am Betrieb Beteiligte eine Arbeitgeberfunktion aus, weshalb sie als selbständig zu betrachten sind. Da sie häufig mit einem Arbeitsvertrag ausgestattet sind, sind sie aber auch abhängig Beschäftigte des Unternehmens und damit Arbeitnehmer.

1.1.1    Beamte und beamtenähnlich Beschäftigte

Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit, Berufssoldaten und sonstige beamtenähnlich Beschäftigte sind versicherungsfrei in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung, wenn sie nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben. Diese Freiheit gilt bezüglich der Krankenversicherung auch für eine neben der Beamtentätigkeit ausgeübte Zweitbeschäftigung. Bei der Arbeitslosenversicherung erstreckt sie sich jedoch nicht auf die Zweitbeschäftigung.

Pflegeversicherungspflicht besteht, sofern der Beamte oder beamtenähnlich Beschäftigte in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert ist.

Hinweis

Unter bestimmten Voraussetzungen ist aber auch dann eine Befreiung von der Pflegeversicherungspflicht möglich.

Hinsichtlich der Rentenversicherung besteht regelmäßig Versicherungsfreiheit. Für daneben ausgeübte Beschäftigungen gelten die allgemeinen Regelungen.

Hinweis

Sofern die Versorgungsanwartschaft aufgrund einer Gewährleistungsentscheidung ausdrücklich auf eine Zweitbeschäftigung als Arbeitnehmer erstreckt wird, bleiben Beamte und beamtenähnlich Beschäftigte auch in dieser Zweitbeschäftigung rentenversicherungsfrei.

1.1.2    450-€-Jobber

Ein 450-€-Job (Minijob) ist im Grundsatz sozialver­sicherungsfrei.

Ausnahmen gelten für:

  • Personen, die sich in einer betrieblichen Berufsausbildung befinden (Auszubildende, Teilnehmer an dualen Studiengängen und Praktikanten),
  • Personen, die eine außerbetriebliche Berufsausbildung absolvieren,
  • Personen, die einen Jugendfreiwilligendienst (Freiwilliges soziales Jahr, FSJ, und Freiwilliges ökologisches Jahr, FÖJ) oder den Bundesfreiwilligendienst (BFD) leisten,
  • behinderte Menschen in geschützten Einrichtungen,
  • Personen in Einrichtungen der Jugendhilfe,
  • Personen, die aus saisonbedingten oder konjunkturellen Gründen Kurzarbeit leisten.

Abgesehen von diesen Sonderfällen besteht für alle anderen Minijobber lediglich eine Versicherungs­pflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Da der Arbeitgeber für einen 450-€-Job bereits den Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung in Höhe von 15 % des Arbeitsentgelts zahlt, muss der Minijobber nur die geringe Differenz zum allgemeinen Beitragssatz von derzeit 18,9 % ausgleichen. Das bedeutet einen Eigenanteil von aktuell 3,9 % für ihn.

Hinweis

Minijobber können sich jedoch von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Der Beschäftigte muss seinem Arbeitgeber dazu schriftlich mitteilen, dass er die Befreiung von der Versicherungspflicht wünscht. Der Eigenanteil des Minijobbers entfällt dann. Der Arbeitgeber muss weiterhin den Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung einzahlen.

Aber Achtung: Soweit er nicht anderweitig der Rentenversicherungspflicht unterliegt, verliert der Minijobber so Ansprüche auf die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Zeit, in der ein 450-€-Job ausgeübt wird, wird in vollem Umfang bei den erforderlichen Mindestversicherungszeiten (sog. Wartezeiten) für alle Leistungen der Rentenversicherung (u.a. Ansprüche auf Frührente, Rente wegen Erwerbsminderung, Entgeltumwandlung) berücksichtigt.

1.2     Besonderheiten bei Personengesellschaften

1.2.1    Gesellschafter einer GbR

Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die gemeinsam einen Betrieb führen, sind nicht versicherungspflichtig beschäftigt. Auch wenn nur einer dieser Gesellschafter etwa in die Handwerksrolle eingetragen ist, werden die anderen Gesellschafter dieses Handwerksbetriebs nicht zu sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern.

Hinweis

Ausnahmsweise besteht für einen GbR-Gesellschafter Sozialversicherungspflicht, wenn er in Abhängigkeit von der Gesellschaft Arbeit für diese leistet und arbeitnehmer­gleich in den Betrieb eingegliedert ist.

1.2.2    Kommanditisten

Grundsätzlich sind Kommanditisten, die in der Kom-manditgesellschaft (KG) gegen Arbeitsentgelt tätig sind, als Arbeitnehmer zu bewerten und als solche sozialversicherungspflichtig. Dies gilt auch dann, wenn die Geschäftsführerbefugnis des Komplementärs Einschränkungen unterliegt – etwa weil bei Entscheidungen der Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist.

Wird ein Kommanditist mit Zustimmung aller Gesellschafter geschäftsführend tätig, besteht keine Versicherungspflicht. Für Kommanditisten entfällt die Sozialversicherungspflicht ferner, wenn sie

  • nicht im Rahmen eines Anstellungsvertrags be-schäftigt werden, sondern
  • ihre Tätigkeit in der KG aufgrund gesellschaftlicher Abmachungen als persönlichen Beitrag zur Errei-chung des Gesellschaftszwecks leisten.

Diese Bewertung trifft selbst dann zu, wenn im Gesell-schaftsvertrag eine Vergütungsregelung für die persönliche Tätigkeit getroffen ist. Kommanditisten der genannten Art sind keine Arbeitnehmer, sondern selb­ständige Mitunternehmer.

Sonderform: GmbH & Co. KG

Die Besonderheit einer GmbH & Co. KG besteht darin, dass die Komplementärstellung innerhalb der KG von einer juristischen Person – nämlich der GmbH – eingenommen wird. Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften obliegt die Geschäftsführung der KG der Kom­plementär-GmbH. Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Gesellschafter ist grundsätzlich auf die für die KG geltenden sozialversicherungsrechtlichen Grundsätze zurückzugreifen.

Die GF der GmbH sind oftmals ebenso Gesellschafter und – wie Letztere – zugleich Kommanditisten der KG.

Ein Abhängigkeitsverhältnis zur KG – und damit eine Sozialversicherungspflichtbesteht nicht, wenn Gesellschafter auf ihr eigenes Anstellungsverhältnis in maßgebender Weise Einfluss nehmen können. Gesellschafter-GF können dies grundsätzlich bereits in ihrer Eigenschaft als Kommanditisten der KG (aufgrund des KG-Gesellschaftsvertrags) haben.

Hinweis

Ebenfalls ist dieser maßgebliche Einfluss der Gesellschafter-GF auch als Gesellschafter der Komplementär-GmbH möglich, wenn dieser die alleinige Geschäftsführung übertragen ist.

Kommanditisten sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen, soweit die Geschäftsführung allein der Kom­plementär-GmbH obliegt. Sie sind zugleich Gesellschafter der GmbH. In dieser Konstellation sind für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der GF ausschließlich die Stimmenverhältnisse innerhalb der GmbH heranzuziehen. Verfügt ein GF bei dieser Sachlage in der Gesellschafterversammlung der GmbH über einen maßgeblichen Einfluss, so berechtigt ihn dieser auch zur Einflussnahme auf sein Anstellungsverhältnis mit der KG, so dass kein Abhängigkeitsverhältnis zur KG vorliegen kann.

Wird dagegen die Geschäftsführung nach dem Gesellschaftsvertrag der Aufsicht und Weisungsbefugnis der Gesellschafter unterstellt, kann ein Gesellschafter der GmbH, der zugleich als GF für die KG tätig ist, in einem Abhängigkeitsverhältnis zur KG stehen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass er innerhalb der GmbH über einen maßgeblichen Einfluss verfügt. Das Abhängigkeitsverhältnis liegt hier dann vor, wenn

  • die Komplementär-GmbH in dem willensbildenden Organ der KG keinen maßgeblichen Einfluss innehat, sondern
  • der maßgebliche Einfluss vielmehr nach der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags in den Händen der Kommanditisten liegt.

1.2.3    Stille Gesellschafter

Grundsätzlich sozialversicherungspflichtig sind stille Gesellschafter, wenn sie als Arbeitnehmer in der Geschaft mitarbeiten.

Keine Sozialversicherungspflicht besteht dagegen für stille Gesellschafter, wenn sie

  • zur Hälfte sowohl am Gewinn als auch am Verlust des Unternehmens beteiligt sowie
  • als gleichberechtigter GF in dem Unternehmen tätig sind.

In einem solchen Fall üben sie einen maßgeblichen Einfluss auf die Betriebsführung und die kaufmännische Leitung des Betriebs aus.

1.3     Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften

1.3.1    Gesellschaft mit beschränkter Haftung

Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) ist es typisch, dass Gesellschafter zugleich als GF tätig sind. Die sozialversicherungsrechtliche Einordnung richtet sich in diesem Fall danach, ob es sich bei der Beschäftigung des Gesellschafter-GF um eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit handelt. Zu prüfen ist, ob die betreffende Person

  • eher funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teilnimmt und die für einen Arbeitnehmer typischen Merkmale vorliegen oder ob ihr
  • eine vertraglich begründete Rechtsmacht zusteht, die es ihr wie einem selbständigen Unternehmer er­möglicht, frei zu bestimmen, ob, wann, wie und wo Tätigkeiten für das Unternehmen erbracht werden.

Mehrheitsgesellschafter-GF

Ein GF, der mehr als 50 % der GmbH-Anteile hält, ist nicht sozialversicherungspflichtig. Durch die Mehr­heitsbeteiligung lenkt er die Geschicke der GmbH und ist daher nicht abhängig nach Sozialversicherungsrecht.

Hinweis

Als mögliche Ausnahme kommt in Betracht, dass der Mehrheitsgesellschafter-GF seine Anteile an der Kapitalgesellschaft als Treuhänder hält und aufgrund der treuhänderischen Bindung und Ausgestaltung in der Ausübung seiner Gesellschafterrechte vollständig beschränkt ist. Wirtschaftlich betrachtet steht er in diesem Fall einem Fremd-GF gleich.

GF mit 50-%-Anteil

Auch ein Gesellschafter-GF mit 50-%-Anteil ist nicht sozialversicherungspflichtig, da er nach Kapitalbeteiligung und Stimmrecht die Gesellschaft beherrscht bzw. einen maßgebenden Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschafter hat, so dass er jeden Beschluss, vor allem jede ihm nicht genehme Weisung, verhindern kann. Besonders deutlich wird dies bei einer Zweiperso­nen-GmbH.

Minderheitsgesellschafter-GF

Grundsätzlich muss sich ein Minderheitsgesellschafter-GF den Weisungen der Mehrheit der anderen Gesellschafter fügen. Er ist daher im Sinne der Sozialversicherung abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig. Es fehlt in diesem Fall an einer Kapitalbeteiligung von 50 % oder mehr bzw. an einer eingeräumten umfassenden Sperrminorität.

Jedoch sieht es anders aus, wenn der Minderheitsgesellschafter-GF zwar nicht die Mehrheit, aber mehr als ein Drittel des Stammkapitals besitzt und im Gesellschaftsvertrag eine Sperrminorität vereinbart wurde.

Beispiel

Frau Müller und Herr Mahler sind Gesellschafter und zugleich GF einer GmbH. Dabei besitzt Frau Müller 30.000 € des Stammkapitals von 50.000 €. Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass Gesellschafterbeschlüsse mit einer Zwei­drittelmehrheit zu fassen sind.         Herr Mahler besitzt eine Sperrminorität, da er mit 20.000 € mehr als ein Drittel des Stammkapitals hält. Daher kann er Weisungen verhindern und ist demzufolge nicht versicherungspflichtig.

Bezieht sich die Sperrminorität aber nur auf die Festlegung der Unternehmenspolitik, die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Auflösung der Gesellschaft, kann trotz Sperrminorität eine abhängige Beschäftigung vorliegen, da es dem Minderheitsgesellschafter-GF an einem entscheidenden Einfluss auf die Kapitalgesellschaft fehlt.

GF einer Familiengesellschaft

Besteht zwischen Gesellschaftern untereinander eine familiäre Verbundenheit, spricht man von einer Familiengesellschaft. Das Weisungsrecht richtet sich dann nicht allein nach der prozentualen Beteiligung, sondern auch nach familiär bedingter Einflussnahme.

Beispiel

Herr Mayer war mit 30 % und seine Tochter mit 70 % an einer Sanitär-GmbH beteiligt. Herr Mayer agierte als GF und brachte den erforderlichen Meisterbrief ein, während seine Tochter Prokura besaß und alle kaufmännischen Arbeiten des Unternehmens verrichtete. Durch seinen GF-Dienstvertrag waren Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausübung Herrn Mayer im Wesentlichen frei überlassen. Die GmbH zahlte jahrelang Beiträge für Herrn Mayer an die Bundesagentur für Arbeit. Als das Unternehmen liquidiert wurde, beantragte Herr Mayer Arbeitslosengeld. Zu Recht wurde der Antrag abgelehnt, da kein Beschäftigungsverhältnis vorgelegen hatte. Grund: Herr Mayer war nicht sozialversicherungspflichtig, weil er in seiner Tätigkeit nicht fremdbestimmt war. Gemeinsam mit seiner Tochter trug er das Unternehmerrisiko. Die GF-Tätigkeit war überwiegend durch familiäre Rücksichtnahme geprägt; es mangelte an der Ausübung eines Weisungsrechts durch die Tochter. Zu­dem war die Sanitär-GmbH auf Herrn Mayer angewiesen, da sie von einem Handwerksmeister geleitet werden muss.

Wie so oft bei der rechtlichen Beurteilung kommt es auch bei derartigen Fällen auf den Einzelfall an, insbesondere auf das „Gesamtbild der GF-Tätigkeit“.

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte zuletzt eine leichte Korrektur im Hinblick auf die Beurteilung familiär bedingter Einflussnahme für die Sozialversicherungspflicht vorgenommen. Die familiär bedingte Weisungsfreiheit eines Minderheitsgesellschafter-GF ende oftmals bei einem Zerwürfnis. Die Unsicherheiten aus einer solchen „Schönwetter-Selbständigkeit“ seien mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar. Tatsächlich stelle daher die Rücksichtnahme innerhalb der Familiengesellschaft kein absolutes Kriterium für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht dar. Dennoch sei auch weiterhin maßgeblich, ob für den GF nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit Weisungsgebundenheit bestehe. Dabei komme es auf den GF-Dienstvertrag mitsamt etwaiger Zusatzvereinbarungen sowie auf die tatsächlichen Verhältnisse an.

Vor diesem Hintergrund müsse man, wenn – entgegen dem vorangehenden Beispiel – Sozialversicherungsfreiheit erwünscht sei, den Dienstvertrag entsprechend formulieren. Allerdings könne keine völlige Weisungsfreiheit vereinbart werden, da der GF nach dem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung den Weisungen der Gesellschafterversammlung zu folgen habe. Zulässig sei aber – auch weiterhin – eine Klausel, wonach der GF sich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausübung im Wesentlichen frei einteilen kann. Diese stelle dann bei einer Gesamtbeurteilung ein gewichtiges, gegen eine persönliche Abhängigkeit sprechendes Argument dar und sei damit ein Indiz für die Sozialversicherungsfreiheit.

Daran hat auch die neuere Rechtsprechung des BSG nichts geändert.

Fremd-GF

Für einen Fremd-GF gilt grundsätzlich das Gleiche wie für einen leitenden Angestellten. Er unterliegt als ab-hängig Beschäftigter der Sozialversicherungspflicht.

1.3.2    Haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft

Die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG) ist eine besondere Form der GmbH, die bereits mit einem Stammkapital ab 1 € gegründet werden kann. Hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung gelten für eine solche UG uneingeschränkt die in Punkt 1.3.1 dargestellten Grundsätze.

1.3.3    Aktiengesellschaft

Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften sind grundsätzlich abhängig Beschäftigte. Die einzige Ausnahme davon besteht, wenn ein Vorstandsmitglied über die Aktienmehrheit im Unternehmen verfügt. Dann ist dieses Vorstandsmitglied nicht als Beschäftigter, sondern als selbständig Tätiger im weitgehend eigenen Unternehmen anzusehen.

1.3.4    Verein und Genossenschaft

Für Vorstandsmitglieder von Vereinen und Genossen­schaften, die dort gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden, gelten die allgemein zu beachtenden Grundsätze (siehe Punkt 1.1), wonach sie sozialversicherungs­pflichtig sind.

Genauer besteht die Sozialversicherungspflicht für ein Vorstandsmitglied

  • bei funktionsgerechter Eingliederung in die Ordnung der Genossenschaft (Erledigung der laufenden Verwaltungsgeschäfte),
  • bei gleichbleibender Zahlung von Arbeitsentgelt und
  • auch bei Weisungsfreiheit als Angestellter in leitender Stellung.

Hinweis

Auch ehrenamtliche Vorstandsmitglieder einer eingetragenen Genossenschaft mit geringfügiger Beschäftigung, die hierfür eine dem Umfang ihrer Tätigkeit und sozialen Gründen entsprechende lohnversteuerte sogenannte Aufwandsentschädigung erhalten, sind sozialversicherungspflichtig.

1.4     Statusfeststellungsverfahren

Zur Klärung des Sozialversicherungsstatus sollten Unternehmen in Zweifelsfällen ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragen. Damit wird über das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung entschieden.

Hinweis

Gesellschafter-GF und mitarbeitende Gesellschafter können ebenso wie das Unternehmen selbst jederzeit ein solches Verfahren beantragen.

Basis für die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund ist die Position des Mitarbeiters bzw. Gesellschafters, vor allem bezüglich seines Einflusses auf die Entscheidungen der Gesellschafterversammlung.

Hinweis

Grundsätzlich spielen zivilrechtliche Vereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrags und verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen Gesellschaftern keine Rolle.

2      Krankenversicherung

Die Krankenversicherung regelt die gesundheitliche Versorgung der Versicherten (u.a. medizinische Behandlungen, Vorsorge- und Früherkennungsmaßnah­men, Krankengeld, Rehabilitation).

2.1     Versicherte und Versicherungsträger

Grundsätzlich pflichtversichert sind:

  • Arbeitnehmer und Auszubildende,
  • behinderte Menschen in anerkannten Werkstätten, Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen,
  • Bezieher von Arbeitslosengeld,
  • Bezieher von Arbeitslosengeld II,
  • Künstler und Publizisten,
  • landwirtschaftliche Unternehmer und deren mitar-beitende Familienangehörige,
  • Personen in Einrichtungen der Jugendhilfe,
  • Personen ohne anderweitige Absicherung im Krank­heitsfall,
  • Praktikanten, Auszubildende ohne Arbeitsentgelt und Auszubildende des Zweiten Bildungswegs,
  • Rentner und Rentenantragsteller, die eine bestimmte Vorversicherungszeit erfüllt haben,
  • Studenten,
  • Bezieher von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Hinweis

Arbeitnehmer, die mit ihrem Verdienst dauerhaft über der Versicherungspflichtgrenze liegen, sind „krankenver­sicherungsfrei“. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie sich jedoch weiter in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern.

Gesetzlich versichern kann man sich derzeit bei den sogenannten Krankenkassen. Hierzu gehören:

  • Betriebskrankenkassen,
  • Ersatzkassen,
  • Innungskrankenkassen,
  • landwirtschaftliche Krankenkassen,
  • Ortskrankenkassen und
  • die Knappschaft.

Hinweis

Es besteht freie Krankenkassenwahl.

2.2     Versicherungsleistungen

Die wesentlichen Leistungen der Krankenkassen sind ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Krankenhausbehandlung, Arznei- und Verbandsmittel, kieferorthopädische Behandlung, Früherkennung von Krankheiten und medizinische Rehabilitation. Es werden aber auch weitere wichtige Leistungen übernommen, wie Krankengeld, Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes, Schwangerschafts- und Mutterschaftsleistungen einschließlich Mutterschaftsgeld, spezielle Programme für chronisch Kranke und Vorsorgeleistungen. Zu guter Letzt ergänzen weitere Leistungen wie Haushaltshilfe, Heilmittel, Hilfsmittel, Prävention und Fahrtkosten das Spektrum.

Hinweis

An den von den Krankenkassen übernommenen Kosten für die ambulante ärztliche Behandlung muss sich der Versicherte in unterschiedlicher Höhe beteiligen. Kostenbefreit sind allerdings Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Außerdem besteht die Möglichkeit der teilweisen Befreiung (Ausnahme: Fahrtkosten). Bei zahnärztlichen Behandlungen wird nur ein Teil der sogenannten Sachleistungen von den Krankenkassen übernommen.

2.2.1    Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit

Nach sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit zahlen die Krankenkassen Krankengeld, das 70 % des beitragspflichtigen Bruttoverdiensts und höchstens 90 % des Nettoverdiensts entspricht. Für die gleiche Krankheit besteht der Anspruch auf Krankengeld innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren längstens für 78 Wochen.

2.2.2    Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit des Kinds

Krankengeld wird ebenfalls gezahlt, wenn ein Kind unter zwölf Jahren erkrankt und es nach ärztlicher Bescheinigung erforderlich ist, dass ein Elternteil die häusliche Betreuung des Kindes übernimmt.

Hinweis

Arbeitsentgelt gibt es währenddessen in der Regel nicht.

Die Dauer der Krankengeldzahlung ist je Kind auf zehn Arbeitstage, bei Alleinerziehenden auf 20 Arbeitstage im Jahr begrenzt. Bei mehreren Kindern beträgt der jährliche Höchstanspruch 25 Arbeitstage, bei Alleinerziehenden 50 Arbeitstage.

2.3     Familienversicherung

Ehepartner, eingetragene Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes und Kinder eines Pflicht- oder freiwillig Versicherten sind beitragsfrei – sofern sie keine oder nur geringfügige eigene Einkünfte haben. Zudem genießen sie mit Ausnahme des Krankengelds die gleichen Leistungsansprüche wie der Versicherte.

Hinweis

Wer aus einer Familienversicherung ausscheidet, kann sich unter bestimmten Voraussetzungen auch freiwillig weiter in der Gesetzlichen Krankenversicherung versichern.

Grundsätzlich sind Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres familienversichert. Nicht erwerbstätige Kinder können bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres familienversichert bleiben. Bei weiterer Schulausbildung oder Studium gilt dies sogar bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.

Hinweis

Wird die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung einer gesetzlichen Dienstpflicht des Kinds unterbrochen oder verzögert, besteht die Versicherung auch für den der Dauer dieses Diensts entsprechenden Zeitraum über das 25. Lebensjahr hinaus. Das gilt auch bei einer Unterbrechung oder Verzögerung durch den freiwilligen Wehrdienst, den Bundesfreiwilligendienst, den Jugendfreiwilligendienst, einen vergleichbaren anerkannten Freiwilligendienst oder durch eine Tätigkeit als Entwicklungshelfer für die Dauer von höchstens zwölf Monaten.

3      Pflegeversicherung

3.1     Versicherte und Versicherungsträger

Alle gesetzlich Krankenversicherten werden automa-tisch Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung. Die Pflegekasse ist bei der jeweils zuständigen Kranken-kasse errichtet. Wer privat krankenversichert ist, muss sich auch privat pflegeversichern. Nach dem Vorbild der Krankenversicherung sind Familienangehörige in der sozialen Pflegeversicherung unter bestimmten Vor­aussetzungen beitragsfrei mitversichert.

3.2     Versicherungsleistungen

Bei Pflegebedürftigkeit können Leistungen in Anspruch genommen werden. Als pflegebedürftig gilt, wer

  • körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigungen oder
  • gesundheitlich bedingte Belastungen bzw. Anforderungen

nicht selbständig kompensieren oder bewältigen kann und deshalb fremde Hilfe auf Dauer, mindestens aber für sechs Monate benötigt.

Hinweis

Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit erfolgt durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder einen anderen beauftragten Gutachter.

Entsprechend der jeweiligen Beeinträchtigung werden Pflegebedürftige einem von fünf Pflegegraden zuge­ordnet. Je höher der Pflegegrad, desto höher die Leistungen.

Zu den Leistungen beim Pflegegrad 1 gehören

  • umfassende Beratungsleistungen wie Pflegebera­tung durch speziell geschultes Pflegepersonal,
  • die Beratung in der eigenen Häuslichkeit durch anerkannte Pflegefachkräfte,
  • die Inanspruchnahme von Pflegekursen und Individuellen häuslichen Schulungen,
  • die Versorgung mit Pflegemitteln (z.B. Hausnotruf­systemen, Bettschutzeinlagen oder Einmalhandschuhen),
  • Zuschüsse für Maßnahmen der Wohnraumanpas-sung und
  • der Wohngruppenzuschlag zur gemeinschaftlichen Finanzierung von Unterstützungskräften in ambulant betreuten Wohngruppen.

Die Tabelle auf der nachfolgenden Seite zeigt die Leistungen, die bei den Pflegegraden 2 bis 5 gewährt werden, und zwar zusätzlich zu den zuvor beschriebenen Leistungen bei Pflegegrad 1.

Leistungen Pflegegrade
2 3 4 5
Pflegegeld
(monatlich bis zu)
316 € 545 € 728 € 901 €
Sachleistungen
(monatlich bis zu)
689 € 1.298 € 1.612 € 1.995 €
Verhinderungspflege (kalenderjährlich
bis zu)
1.612 € 1.612 € 1.612 € 1.612 €
Tages- und Nacht-pflege

(monatlich bis zu)

689 € 1.298 € 1.612 € 1.995 €
Kurzzeitpflege
(kalenderjährlich
bis zu)
1.612 € 1.612 € 1.612 € 1.612 €

3.2.1    Leistungen bei häuslicher Pflege

Damit Pflegebedürftige solange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können, hat der Gesetzgeber der häuslichen Pflege und Betreuung Vorrang vor der Versorgung im Pflegeheim eingeräumt. Dies schlägt sich in folgenden Leistungen nieder, die teilweise auch bereits in obiger Tabelle aufgeführt wurden.

Pflegegeld

Übernehmen Angehörige oder andere nicht professionelle Kräfte die häusliche Pflege und Betreuung, so kann Pflegegeld beantragt werden. Es richtet sich in der Höhe nach dem jeweiligen Pflegegrad. Mit dem Pflegegeld können Pflegebedürftige den Einsatz ihrer ehrenamtlichen Pflegepersonen honorieren.

Hinweis

Alternativ zur Pflege durch Angehörige können auch professionelle Pflegekräfte in Anspruch genommen werden, deren Aufwendungen direkt mit der Pflegekasse abgerechnet werden. Dies können ambulante Dienste oder Sozialstationen sein, die mit den Pflegekassen Verträge geschlossen haben. Pflegebedürftige haben die Möglichkeit, beide Leistungen zu kombinieren. Sie können sowohl teilweise ambulante Dienste als auch das Pflegegeld in Anspruch nehmen.

Entlastungsbetrag

Zuhause versorgte pflegebedürftige Personen haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von mo­natlich 125 €, wenn sie Leistungen nach den Pflegegraden 1 bis 5 beziehen. Mit diesem Betrag können anerkannte, qualitätsgesicherte Angebote genutzt werden, die der Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender dienen oder die Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der pflegebedürftigen Person bei der Gestaltung des Alltags fördern.

Pflegeunterstützungsgeld

Für Beschäftigte besteht die Möglichkeit, sich bis zu zehn Tage von der Arbeit freistellen zu lassen, um die Pflege naher Angehöriger zu organisieren. Der Zeit-raum muss zusammenhängend sein, kann aber auf mehrere Pflegepersonen aufgeteilt werden. Das gilt für „akute Pflegesituationen“, das heißt außergewöhnliche Krisensituationen. Wer derartig kurzzeitig arbeitsverhindert ist, erhält für diese Zeit das Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung. Es beträgt 90 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts abzüglich der Beiträge zur Sozialversicherung. Antragsteller ist die Pflegekasse der pflegebedürftigen Person.

Versicherungsschutz für Pflegende

Oftmals sind pflegende Angehörige wegen ihres Engagements in ihrer eigenen Berufstätigkeit eingeschränkt. Arbeitnehmer, die sich für sechs Monate von der Arbeit freistellen lassen, um nahe Angehörige zu pflegen, bleiben in der Renten- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert. Die Beiträge übernimmt die Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen. Diese zahlt auch Zuschüsse zur freiwilligen Krankenversicherung, wenn in dieser Pflegezeit eine beitragsfreie Familienversicherung nicht möglich ist.

Hinweis

Pflegende sind bei ihrer Pflegetätigkeit auch gegen Unfälle versichert.

Urlaubsregelung

Ist die Pflegeperson aus wichtigen Gründen zur Pflege verhindert, kann die von ihr versorgte Person für einen begrenzten Zeitraum pro Jahr eine Ersatzkraft (sog. Verhinderungspflege) oder auch eine ganztägige Pflege in einer stationären Einrichtung (sog. Kurzzeitpflege) in Anspruch nehmen. In dieser Zeit wird das Pflegegeld bis zur Hälfte der zuletzt geleisteten Höhe weitergezahlt.

3.2.2    Leistungen bei teilstationärer Pflege

Ist die Betreuung Pflegebedürftiger zeitlich nur teilwei-se möglich, kann ergänzend zu den häuslichen Pflegehilfen eine stationäre Versorgung in Pflegeeinrichtungen in Anspruch genommen werden.

3.2.3    Leistungen bei Heimpflege

Bei einer notwendigen Unterbringung in einem Pflegeheim erhalten Pflegebedürftige zu den Heimkosten von ihrer Pflegekasse folgende monatliche Zuschüsse.

  Pflegegrade
1 2 3 4 5
Zuschuss
(monatlich bis zu)
125 € 770 € 1.262 € 1.775 € 2.005 €

4      Rentenversicherung

Die gesetzliche Rentenversicherung ist das zentrale Regelungsinstrument für die Altersversorgung von Ar-beitnehmern und vieler Selbständiger.

4.1     Versicherte und Versicherungsträger

In der Rentenversicherung sind grundsätzlich ver-dienstunabhängig alle Arbeitnehmer, Auszubildenden, Wehrdienstleistenden und Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienst pflichtversichert. Bei Selbständigen sind nur bestimmte Gruppen (z.B. Handwerker und Künstler) pflichtversichert. Für andere Selbständige besteht die Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern. Gleiches gilt auch für Hausfrauen. Nur Berufsgruppen mit eigenen Altersversorgungssystemen (z.B. Beamte, Angehörige freier Berufe) können der Rentenver­sicherung im Allgemeinen nicht beitreten. Um die Ansprüche von Rentnern und Beitragszahlern kümmert sich als Träger die Deutsche Rentenversicherung Bund. Zudem gibt es noch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See.

4.2     Versicherungsleistungen

Folgende Leistungen bietet die Rentenversicherung:

  • Altersrente,
  • Hinterbliebenenrente,
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
  • Rehabilitationsmaßnahmen,
  • Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Medizinische Rehabilitationsleistungen, vor allem stationäre Kuren, werden schon dann genehmigt, wenn die Erwerbsfähigkeit gefährdet ist – und der Betreffende nach der Kur voraussichtlich wieder voll einsatzfähig wird. Wer Reha-Leistungen beansprucht, muss allerdings zuvor für eine bestimmte Zeit Rentenversicherungsbeiträge gezahlt haben. Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gehören Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes sowie Ausbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen.

Hinweis

Entscheidend für die Rentenhöhe sind die Versiche-rungsjahre und die Höhe der Versicherungsbeiträge.

4.2.1    Arten der Altersrente

Man unterscheidet folgende verschiedene Altersrenten.

  • Regelaltersrente: Sie wird gewährt, wenn wenigs-tens fünf Versicherungsjahre zurückgelegt worden sind (allgemeine Wartezeit). Die Altersgrenze für die Regelaltersrente wird bis 2029 schrittweise von 65 Jahren auf 67 Jahre angehoben.
  • Altersrente für langjährig Versicherte: Sie wird ab dem 63. Lebensjahr gewährt, wenn 35 und mehr Versicherungsjahre nachgewiesen werden (mit Abschlägen).
  • Altersrente für besonders langjährig Versicherte: Sie wird ab dem 63. Lebensjahr gewährt, wenn 45 und mehr Versicherungsjahre nachgewiesen werden.
  • Altersrente für Schwerbehinderte: Sie wird nach einer individuellen Prüfung gewährt.
  • Altersrente für Frauen: Sie wird nach einer indivi-duellen Prüfung für Versicherte gewährt, die vor dem 01.01.1952 geboren wurden.
  • Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und nach Al-tersteilzeit: Sie wird nach einer individuellen Prü-fung für Versicherte mit Geburtsdatum vor dem 01.01.1952 gewährt.

4.2.2    Hinterbliebenenrente

Der überlebende Ehepartner eines Versicherten hat Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Rente des Verstorbenen. Dabei kommen eigene Einkünfte (z.B. eine eigene Rente) zur Anrechnung. Zur Hinterbliebenenversorgung durch die Rentenversicherung gehören auch Waisenrenten. Halbwaisen erhalten 10 % des Rentenanspruchs des verstorbenen Elternteils, Vollwaisen 20 % aus der Summe der Rentenansprüche beider Eltern.

4.2.3    Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Wenn wegen gesundheitlicher Defizite die Erwerbsfä-higkeit gemindert ist, zahlt die Rentenversicherung eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung.

  • Teilweise Erwerbsminderung: Der Versicherte kann gesundheitlich bedingt auf nicht absehbare Zeit nur noch drei bis sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeits­markts erwerbstätig sein.
  • Volle Erwerbsminderung: Der Versicherte kann wegen einer Krankheit oder Behinderung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts nur noch weniger als drei Stunden täglich erwerbstätig sein.

Hinweis

Arbeitnehmer mit Geburtsdatum nach dem 01.01.1961 erhalten eine halbe Erwerbsminderungsrente. Bei vorzeitiger Inanspruchnahme sind Rentenabschläge einzubeziehen.

5      Arbeitslosenversicherung

5.1     Versicherte

Die Arbeitslosenversicherung ist grundsätzlich verpflichtend für alle Arbeitnehmer – auch Auszubildende. Beschäftigte außerhalb der EU-Staaten können sich ebenso wie Selbständige und Pflegepersonen auf Antrag freiwillig versichern. Keiner Versicherungspflicht unterliegen:

  • Beamte,
  • Schüler und Studierende (die nebenbei jobben),
  • geringfügig Beschäftigte,
  • Arbeitnehmer, die die Anspruchsvoraussetzungen für die Regelaltersrente erfüllen.

5.2     Versicherungsleistungen

Die Arbeitsmarktpolitik der Bundesagentur für Arbeit ist darauf ausgerichtet, Arbeitslosigkeit zu verhindern, bereits eingetretene Arbeitslosigkeit zu beseitigen und betroffene Arbeitnehmer finanziell abzusichern. Versicherte haben Anspruch auf folgende Leistungen:

  • Arbeitslosengeld,
  • Ausbildung,
  • Ausbildungs- und Arbeitsvermittlung,
  • berufliche Qualifizierung,
  • Berufsberatung,
  • Fortbildung,
  • Gründungszuschuss,
  • Insolvenzgeld,
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
  • Rehabilitationsleistungen,
  • (Saison-)Kurzarbeitergeld,
  • Umschulung.

5.2.1    Arbeitslosengeld

Arbeitslosengeld soll bei Arbeitslosigkeit das ausfal­lende Arbeitsentgelt teilweise ersetzen. Es erhält, wer in den vorausgegangenen zwei Jahren mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die weiteren Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld sind:

  • persönliche und rechtzeitige Arbeitslosmeldung bei der Agentur für Arbeit und
  • Beantragung des Arbeitslosengelds.

Bei Vorliegen aller Voraussetzungen erhält der Antrag-steller als Arbeitslosengeld 60 % des pauschalierten Nettoverdiensts. Wer mindestens ein Kind hat, erhält 67 %. Das Arbeitslosengeld wird je nach Alter und zurückgelegter Versicherungszeit zwischen sechs und maximal 18 Monaten gewährt.

5.2.2    Grundsicherung für Arbeitslose

Neben Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sieht die Grundsicherung für Arbeitsuchende als weiteren Leistungskomplex die Sicherung des Lebensunterhalts vor (z.B. durch die Zahlung von Arbeitslosengeld II).

Für die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist im Regelfall die Bundesagentur für Arbeit mit den örtlichen Agenturen als Träger zuständig. Die Zuständigkeit der kommunalen Träger beschränkt sich unter anderem auf die individuell zu bestimmenden Leistungen für Unterkunft und Heizung. Davon abweichend hat der Gesetzgeber bestimmten kommunalen Trägern durch ein besonderes Optionsrecht die Wahrnehmung (fast) aller Aufgaben der Grundsicherung übertragen.

Hinweis

Soweit sie nicht familienversichert sind, unterliegen Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II beziehen, der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht. Die Beiträge übernimmt der Bund.

5.2.3    Insolvenzgeld

Bei Insolvenz eines Unternehmens und Bestehen von Lohnforderungen aus den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses vor der Insolvenz zahlt die Bun­desagentur für Arbeit Insolvenzgeld. Es entspricht in der Höhe dem rückständigen Nettoentgelt. Auch die noch offenen Beiträge zur Sozialversicherung werden von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt.

5.2.4    Kurzarbeitergeld

Mit dem Kurzarbeitergeld soll Unternehmen geholfen werden, ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu über-winden, ohne Arbeitnehmer zu entlassen. Grundsätzlich besteht Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn ein Betrieb der Bundesagentur für Arbeit einen erheblichen Arbeitsausfall anzeigt, der mindestens ein Drittel der Belegschaft betrifft und sie mehr als 10 % ihres Monatsverdienstes kostet. Gezahlt wird das Kurzarbeitergeld in Höhe von 67 % bzw. 60 % des ausfallenden Nettoarbeitsentgelts, in der Regel für längstens sechs Monate.

6      Unfallversicherung

Die Unfallversicherungsträger treffen in enger Zusammenarbeit mit den Betrieben alle geeigneten Maßnahmen, um Unfällen und Berufskrankheiten vorzubeugen. Sie haben das Recht und die Pflicht, Vorschriften darüber zu erlassen, was der Arbeitgeber tun muss, um Unfall- und Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz zu beseitigen oder wenigstens zu minimieren.

Des Weiteren sorgen sie für eine wirksame Erste Hilfe. Dazu können Sie den Versicherten „Unfallverhütungsvorschriften“ machen. Zu den notwendigen präventi­ven Maßnahmen eines Unternehmens gehört die Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit, von Betriebsärzten und unter bestimmten Voraussetzungen von Sicherheitsbeauftragten.

Hinweis

Unternehmen können sich alternativ auch einem überbetrieblichen arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Dienst der Unfallversicherungsträger anschließen.

6.1     Versicherte und Versicherungsträger

Alle Arbeitnehmer (auch Minijobber) und Auszubildenden sind unfallversichert. Unfallversichert ist zudem jeder Bürger, der im Interesse des Gemeinwohls tätig wird, etwa als Blutspender. Selbständige, Unternehmer und Freiberufler können freiwillig eine Unfallversicherung abschließen oder sich privat versichern.

Die Unfallversicherung ist nach Wirtschaftsbereichen gegliedert. Ihre Träger sind die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Letzteren ist die Unfallversicherung von Kindern, Schülern und Studierenden sowie anderen speziellen Personengruppen übertragen worden. Die gewerblichen Berufsgenossenschaften sind für bestimmte Gewerbezweige zuständig.

6.2     Versicherungsleistungen

Zu den Leistungen der Unfallversicherung gehören:

  • ergänzende Leistungen zur Rehabilitation,
  • Hinterbliebenenrente,
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
  • Pflegegeld,
  • Sicherstellung von Erster Hilfe,
  • Sterbegeld,
  • umfassende Heilbehandlung,
  • Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren,
  • Verletzten- und Übergangsgeld,
  • Verletztenrente.

Bei einem Schaden kommt die Unfallversicherung oh-ne zeitliche Begrenzung vom Tag des Unfalls an für die Kosten der erforderlichen Heilbehandlung auf.

6.2.1    Verletzten- und Übergangsgeld

Kommt es infolge eines Unfalls oder einer Berufskrankheit zur Arbeitsunfähigkeit, zahlt die Unfallversicherung im Anschluss an die Entgeltfortzahlung Verletztengeld. Es wird in der Regel für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit gezahlt. Tritt keine Genesung ein, endet das Verletztengeld nach längstens 78 Wochen. Anschließend gibt es Rente.

Kann der Verletzte oder Erkrankte zwar wieder arbeiten, aber nicht mehr in seinem bisherigen Beruf, hat er Anspruch auf Leistungen zur beruflichen Rehabilita­tion (u.a. Aus- und Fortbildung, Umschulung, Eingliederungszuschüsse an den Arbeitgeber). Während einer solchen beruflichen Rehabilitation besteht – bei fehlenden Einkünften – Anspruch auf Übergangsgeld.

6.2.2    Verletztenrente

Bei einer dauerhaften Erwerbsminderung zahlt die Unfallversicherung Verletztenrente. Ihre Höhe ist abhängig vom Grad der Erwerbsminderung und dem Jahresarbeitsverdienst. Bei vollkommener Erwerbsunfähigkeit, erhält der Versicherte eine Rente in Höhe von zwei Drittel seines Jahresarbeitsentgelts (Vollrente). Ansonsten bekommt er den Anteil der Vollrente, der dem Grad der Erwerbsminderung entspricht.

Hinweis

Zusätzlich zur Rente besteht bei Pflegebedürftigkeit Anspruch auf Pflegegeld oder Sachleistungen. Bei Tod infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit zahlt die Unfallversicherung unter anderem Sterbegeld sowie Hinterbliebenenrente.

7      Steuerliche Geltendmachung

Kranken- und Pflegeversicherung

Steuerlich lassen sich Vorsorgeaufwendungen – also Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge – als Sonderausgaben wie folgt geltend machen.

  • Arbeitnehmer: Beträge bis zu 1.900 €
  • Ehepaare: doppelte Beträge (bis zu 3.800 €)
  • Selbständige und andere ohne Beitragszuschuss: Beträge bis zu 2.800 €
  • Privatversicherte: Beiträge für die Basiskranken­versicherung (nicht jedoch Extras wie Chefarztbehandlung, Einbettzimmer, Zahnersatzleistungen etc.)

Hinweis

Es können auch höhere Beträge als 1.900 € bzw. 2.800 € geltend gemacht werden, dann können aber keine sonstigen Vorsorgeaufwendungen anerkannt werden.

Beispiel

Das Ehepaar Müller zahlt pro Jahr ohne Krankengeld insgesamt 5.000 € an Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung. Damit übersteigen die Beiträge die gemeinsame Höchstsumme von 3.800 € (= 1.900 € × 2). Dennoch sind die 5.000 € in dieser Höhe als Sonderausgaben absetzbar. Allerdings entfällt für das Ehepaar in diesem Fall die Möglichkeit, weitere Versicherungsbeiträge (z.B. Unfall- oder Kfz-Haftpflichtversicherung) steuerlich als Sonderaus-gaben abzusetzen.

Rentenversicherung

Aufwendungen für die Altersvorsorge können ebenso wie die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zu einem bestimmten Höchstbetrag als Sonderausgaben abgesetzt werden. Dies wirkt sich jedoch bis 2025 tatsächlich nur mit einem bestimmten Prozentsatz steuermindernd aus, der sich seit 2005 (60 %) jährlich verändert und bis 2025 auf 100 % ansteigt.

In 2017 sind 84 % der gezahlten Beiträge als Sonderausgaben absetzbar (von jährlich maximal 23.362 € bei Ledigen bzw. 46.724 € bei Verheirateten/eingetragenen Lebenspartnern), also maximal 19.624 € bzw. 39.248 € bei Verheirateten/eingetragenen Lebenspartnern.

Beispiel

Herr Maier zahlt durch Entgeltumwandlung bei einem Bruttojahresgehalt von 100.000 € eigene Beiträge in eine Rürup-Rente ein.

Im Jahr 2017 kann er folgenden Betrag als Sonderausgaben abziehen:

allgemeiner Altersvorsorgehöchstbetrag     19.624,00 €

Kürzung um 18,7 % des Bruttojahresgehalts,
maximal 18,7 % von 64.800 €                      – 12.117,60 €

individueller Altersvorsorgehöchstbetrag     7.506,40 €

maximal abziehbare Sonderausgaben (84 % =) 6.305,38 €

Herr Maier kann 2017 also mit einem Sonderausgaben­abzug von 6.305,38 € rechnen.

Arbeitslosenversicherung

Beiträge zur Arbeitslosenversicherung können nur im Rahmen des gültigen Abzugsvolumens (in Höhe von 1.900 € bzw. 2.800 €, s.o.) geltend gemacht werden. Da dieses in der Praxis im Regelfall durch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erschöpft ist, gibt es eher selten die Möglichkeit, die Arbeitslosenversicherungsbeiträge als sonstige Vorsorgeaufwendungen bei den Sonderausgaben geltend zu machen.

Hinweis

Derzeit ist eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht darüber anhängig, ob die Begrenzung der steuerlichen Geltendmachung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge rechtmäßig ist (Az. 2 BvR 598/12).

Unfallversicherung

Grundsätzlich können Beiträge zur Unfallversicherung als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Allerdings besteht auch hierfür die Begrenzung auf den Höchstbetrag für alle in Ansatz gebrachten Versicherungen (1.900 € bzw. 2.800 €, s.o.). Ebenso gilt für Verheiratete auch hier der doppelte Höchstbetrag.

Je nach Beruf lässt sich zusätzlich ein Anteil bei den Werbungskosten eintragen oder anderweitig verwen-den. Selbständige oder Unternehmer verbuchen die Kosten bei den Betriebsausgaben.

8      Fehlerhafte Beurteilung der Sozialversicherungspflicht

Sozialversicherungsrechtliche Folgen

Ergibt eine Prüfung die nachträgliche Feststellung der Sozialversicherungspflicht, werden die Beiträge für längstens vier Jahre nachgefordert. Die Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die Beiträge fällig geworden sind.

In der Regel haftet das Unternehmen als Beitragsschuldner für die gesamten Sozialversicherungsbeiträge mit Ausnahme der letzten drei Monate und dies auch nur, wenn das Arbeitsverhältnis noch besteht.

Für vorsätzlich vorenthaltene Beiträge besteht eine Nachforderungsfrist von 30 Jahren. Dem Unternehmen obliegt die Beitragsschuld in Höhe des Gesamtsozial­versicherungsbeitrags. Zwar kann die Gesellschaft gegenüber einem sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter einen Anspruch auf den von ihm zu tragenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltend machen, doch lässt sich ein unterbliebener Abzug nur bei den nächsten drei Lohn- oder Gehaltszahlungen nachholen.

Eine Rückerstattung von geleisteten Beiträgen kommt nur bei einer falschen Entscheidung der Rentenver­sicherung in Betracht. Gläubiger der Erstattungsansprüche ist derjenige, der die Beiträge rechtlich tatsächlich getragen hat. Hinsichtlich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags ist dies das Unternehmen als Arbeitgeber, wenn es vom Lohnabzug abgesehen hat. Andernfalls entsteht der Anspruch in der Regel für den Mitarbeiter bzw. Gesellschafter und die Gesellschaft hinsichtlich des jeweiligen Anteils.

Ein Rückerstattungsanspruch besteht ebenfalls bei der Krankenversicherung. Aber auch hier gilt: Wurden in der Zeit Leistungen ohne bestehendes Versiche-rungsverhältnis erbracht, wird ein Versicherungsverhält­nis fingiert und die Beitragsrückerstattung entfällt wegen erbrachter Versicherungsleistungen vollständig.

Für den sozialversicherungspflichtigen GF bietet die Korrektur seines sozialversicherungsrechtlichen Status den Vorteil, dass er rückwirkend Sozialversicherungsschutz erlangen kann, wobei die Beitragslast allein vom Unternehmen getragen wird.

Werden irrtümlich gezahlte Rentenversicherungsbeiträge vom sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter bewusst nicht zurückgefordert, gelten sie im vollen Umfang (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) als für die freiwillige Rentenversicherung entrichtet. Der Gesell-schafter-GF erlangt durch diesen Verzicht auf die Rückforderung der Rentenversicherungsbeiträge dann für die Vergangenheit eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für die Zukunft kann er sich darüber hinaus auch freiwillig versichern.

Stellt sich bei einer Unternehmensinsolvenz heraus, dass für den nicht sozialversicherungspflichtigen GF jahrelang fälschlicherweise Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden, besteht für den GF ein Erstattungsanspruch der geleisteten Arbeitnehmerbeiträge.

Steuerrechtliche Folgen

Die Weitergabe von zurückerstatteten Arbeitgeberbei-trägen an den sozialversicherungspflichtigen Mitarbei-ter bzw. die Umwandlung in eine freiwillige Versiche-rung in der gesetzlichen Rentenversicherung kann als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) beurteilt werden.

Hinweis

Eine vGA liegt vor bei

  • einer Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung,
  • die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
  • sich auf den Gewinn auswirkt und
  • nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht.

Eine vGA wird nicht als steuermindernde Betriebsausgabe anerkannt. Zudem erfolgt die Korrektur der Einkommens­ermittlung sowohl beim Unternehmen als auch beim sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter selbst.

Die Erstattung geleisteter Arbeitnehmeranteile durch den Sozialversicherungsträger bleibt ohne Auswirkung auf die Höhe des steuerpflichtigen Arbeitslohns. Allerdings mindern zurückerstattete Beiträge im Kalenderjahr der Rückzahlung gleichartige Aufwendungen, die bei der Einkommensteuerveranlagung als Sonderaus­gaben geltend gemacht werden. Erstattungsüberhänge im Bereich der Sonderausgaben führen nicht zu einer Korrektur des Einkommensteuerbescheids, bei dem sie sich ursprünglich ausgewirkt hatten. Vielmehr wird der Betrag des Erstattungsüberhangs im Jahr, in dem er ausgezahlt wird, dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzugerechnet.

Hinweis

Ohne steuerliche Auswirkungen bleibt die Erstattung von Altersvorsorgeaufwendungen oder sonstigen Aufwendun­gen, die nicht mit entsprechenden Beiträgen im Erstattungsjahr verrechnet werden können.

Bei Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen, die nicht erstattet werden, weil Versicherungsleistungen zu erbringen waren, ist der Arbeitgeberanteil der Gesellschaft, der bisher als steuerfreier Arbeitslohn gezahlt wurde, nachträglich zu versteuern. Kann die Gesellschaft den Lohnsteuerabzug nicht mehr korrigieren, weil sie nach Ablauf des Kalenderjahres bereits die Lohnsteuerbescheinigung übermittelt hat, muss dies dem Betriebsstättenfinanzamt angezeigt werden.

Strafrechtliche Folgen

Besteht ein sozialversicherungsrechtliches Beschäfti-gungsverhältnis, ist die Geschäftsführung des Unter-nehmens zur Meldung bei der Krankenkasse als zuständige Einzugsstelle verpflichtet. Außerdem müssen Lohnunterlagen geführt und die Gesamtsozialversi-cherungsbeiträge an die Krankenkasse abgeführt werden. Kommt das Unternehmen diesen Pflichten durch unwahre oder unvollständige Angaben bewusst nicht nach, liegt möglicherweise eine Strafbarkeit wegen Betrugs vor. Werden Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt, machen sich die Gesellschafter eines Unternehmens bzw. die Geschäftsführung wegen Vor-enthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt strafbar.

Hinweis

Dieses Delikt ist dann verwirklicht, wenn die Zahlung auch tatsächlich möglich war, was unter bestimmten Umständen (z.B. bei Zahlungsunfähigkeit oder einem Insolvenzantrag) nicht unbedingt gegeben ist.

Rechtsweg

Die Sozialgerichte sind für Rechtsstreitigkeiten über die Sozialversicherungspflicht zuständig, während die Arbeitsgerichte bei Streitigkeiten zwischen Unternehmen und sozialversicherungspflichtigen Mitarbeitern über den nachträglichen Abzug von Arbeitnehmeranteilen am Sozialversicherungsbeitrag zu entscheiden haben. Ebenfalls vor den Arbeitsgerichten werden Schadenersatzansprüche des GF gegenüber der Gesellschaft geltend gemacht, wenn die Gesellschaft die Beiträge zur Sozialversicherung nicht abgeführt hat. Eine Statusklage vor dem Arbeitsgericht entfaltet keine Bindungswirkung für den Rentenversicherungsträger.

Damit Sie sich persönlich einen Eindruck verschaffen können, bieten wir Ihnen ein kostenloses und unverbindliches Erstgespäch in unseren Kanzleien an.
Wir stehen Ihnen gerne für weitere Fragen zur Verfügung.