In für BUCHHALTER & UNTERNEHMENSBERATER, für UNTERNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Immer wieder verursachen (Natur-)Katastrophen beträchtliche Schäden, die Solidarmaßnahmen erfordern. Das BMF schnürt dann im Einvernehmen mit den Landesfinanzministerien umfangreiche Maßnahmepakete, um Unterstützungsleistungen für die Opfer steuerlich zu fördern.
Zuletzt geschah dies im Mai für die Erdbebenopfer in Nepal. Vielfach unbekannt ist, dass die Fördermaßnahmen ausschließlich die Ertragsteuern in all ­ihren Erhebungsformen sowie das Verfahrensrecht betreffen, da nur hier die Bundesrepublik Deutschland die alleinige Steuerhoheit besitzt. Von den wichtigen Steuern ausgenommen ist damit die Umsatzsteuer.
BMF 19.5.15, IV C 4 – S 2223/07/0015 :003, 2015/0373468, BStBl I 15, 466

Europäische Vorgaben sehen keine Hilfsmaßnahmen vor

Das Umsatzsteuerrecht ist in den EU-Mitgliedstaaten insbesondere durch die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie weitgehend harmonisiert. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die dort getroffenen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie kennt keine Möglichkeit, die es einem Mitgliedstaat zur Bewältigung von Naturkatastrophen – wenn auch nur zeitlich und sachlich begrenzt – gestatten würde, von den verbindlichen Richtlinienvorschriften abzuweichen.
Sachliche Billigkeitsmaßnahmen bei unentgeltlichen Zuwendungen aus einem Unternehmen nach § 3 Abs. 1b UStG sind daher ebenso wenig möglich wie eine Ausweitung der Steuervergütung nach § 4a UStG.
Auch unternehmerisch veranlasste unentgeltliche Sachleistungen werden besteuert
Gem. § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG sind einer Lieferung gegen Entgelt unter den weiteren Voraussetzungen
Berechtigung zum Vorsteuerabzug
kein Geschenk von geringem Wert
kein Warenmuster
auch alle („jede andere“) unentgeltlichen Zuwendungen, die nicht aus außerunternehmerischen Motiven (vgl. Nr. 1 der Vorschrift) oder zu Privatzwecken des Personals (vgl. Nr. 2 der Vorschrift) erfolgen, gleichgestellt.
Damit erfasst § 3 Abs. 1b UStG auch unternehmerisch bedingte unentgeltliche Wertabgaben!
Nach der amtlichen Gesetzesbegründung soll die Neuregelung lediglich einen umsatzsteuerlich unbelasteten Letztverbrauch vermeiden.
Die Finanzverwaltung ist allerdings der Auffassung, dass die Steuerbarkeit nicht entfällt, wenn der zuwendende Unternehmer die Gegenstände aus unternehmerischen Gründen abgibt. Hierzu gehört die Abgabe von neuen oder gebrauchten Gegenständen insbesondere zu Werbezwecken, zur Verkaufsförderung oder zur Imagepflege, z.B. Sachspenden an Vereine oder Schulen, Warenabgaben anlässlich von Preisausschreiben, Verlosungen usw. zu Werbezwecken („Abschn. 3.3 Abs. 10 Sätze 8 u. 9 UStAE“:http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/Umsatzsteuer-Anwendungserlass/Umsatzsteuer-Anwendungserlass-aktuell-Stand-2015-09-04.pdf?__blob=publicationFile&v=69).
Weite Teile der Literatur sehen hierin – entgegen der Auffassung der Redaktion – einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot, weil der Unternehmer letztlich mit der Umsatzsteuer aus Gemeinkosten des Unternehmens belastet wird.

Beispiel

Schenkt der deutsche Unternehmer seinen nepalesischen Geschäftspartnern zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen eine Maschine aus seinem Betriebsvermögen, sind die Aufwendungen in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG ist insoweit aus Billigkeitsgründen nicht anzuwenden.
Umsatzsteuerlich ist die unentgeltliche Zuwendung auch dann nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG steuerbar, wenn der Unternehmer sie aus unternehmerischen Erwägungen tätigt.

Das war einmal anders!

Bis zum 31.3.1999 wäre eine derartige Zuwendung nicht umsatzsteuerbar gewesen, da der „alte“ Eigenverbrauch (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a und b _a.F._ UStG) neben dem Gesellschafterverbrauch (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 _a.F._ UStG) und dem Arbeitnehmerverbrauch (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchstabe c _a.F._ UStG) nur Wertabgaben aus außerunternehmerischen Erwägungen erfasste.
Praxishinweis
# Der Mandant ist darauf hinzuweisen, dass er im Fall der Sachspende neben der „reinen“ Sacheinbuße grundsätzlich auch die zusätzliche Umsatzsteuerbelastung zu tragen hat.
# Auch nach der Verwaltungsauffassung nicht steuerbar ist dagegen die Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus unternehmerischen Gründen. Hierunter fällt zum Beispiel die unentgeltliche Überlassung von Gegenständen, die im Eigentum des Zuwendenden verbleiben und die der Empfänger später den Zuwendenden zurückgeben muss (vgl. „Abschn. 3.3 Abs. 10 Sätze 10 u. 11 UStAE“:http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/Umsatzsteuer-Anwendungserlass/Umsatzsteuer-Anwendungserlass-aktuell-Stand-2015-09-04.pdf?__blob=publicationFile&v=69)
Beispiel
Wie vorher unter 2. Der deutsche Unternehmer überlässt seinen nepalesischen Geschäftspartnern die Maschine lediglich leihweise.
Das dürfte selbst dann gelten, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Maschine aufgrund der Nutzung für das deutsche Unternehmen wertlos geworden ist und die nepalesischen Geschäftspartner die Verschrottung übernehmen.