Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat als erstes Finanzgericht über die Frage entschieden, ob Scheidungskosten nach der ab 2013 geltenden Neuregelung als außergewöhnliche Belastung steuermindernd berücksichtigt werden können.
Danach sind „Prozesskosten“: für die Ehescheidung selbst abzugsfähig, nicht aber die sogenannten „Scheidungsfolgesachen“:.
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.10.2014, Az. 4 K 1976/14, Rev. BFH Az. VI R 66/14
Zum Hintergrund
Nach der langjährigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs waren Zivilprozesskosten – mit Ausnahme von Scheidungskosten – grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hatte der Bundesfinanzhof in 2011 jedoch entschieden, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Diese günstige Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ausgehebelt. Nunmehr heißt es: „Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.“
Strittig ist nun, ob
mit der Neuregelung „nur“ die Rechtslage vor der steuerzahlerfreundlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wieder hergestellt werden sollte oder
damit auch die Sonderbehandlung der Ehescheidungskosten entfällt.
Entscheidung des Finanzgerichts
Nach Auffassung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz sind die Prozesskosten für eine Ehescheidung auch nach der Neuregelung als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Denn der Gesetzestext knüpft exakt an eine Formulierung aus der bis 2010 geltenden Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs an.
Diese Anknüpfung weist darauf hin, dass der Gesetzgeber keine neuartigen, sondern die dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Wertungen in das Gesetz einfließen lassen wollte.
Unter „Verlust der Existenzgrundlage“ ist auch der Verlust der seelischen Existenzgrundlage zu verstehen, die nach Zerrüttung einer Ehe ohne Scheidung anzunehmen ist. Daher ist die Zwangsläufigkeit bei Ehescheidungen grundsätzlich zu bejahen.
Dagegen stellen die (prozessualen) Kosten für Scheidungsfolgesachen (Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht) keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Die Zwangsläufigkeit solcher Kosten ist u.a. deshalb zu verneinen, da sie der Steuerpflichtige dadurch vermeiden kann, dass er die Einbeziehung von Folgesachen in den Scheidungsverbund nicht beantragt.
Praxishinweise
Auch für Veranlagungszeiträume ab 2013 sollten Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Da die Finanzverwaltung diese Aufwendungen jedoch vorerst nicht berücksichtigen und den Ausgang des Revisionsverfahrens abwarten wird, sollte unter Hinweis auf das anhängige Verfahren Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass sich außergewöhnliche Belastungen nur dann steuermindernd auswirken, wenn sie die im Gesetz festgelegte zumutbare Belastung übersteigen. Die Höhe der zumutbaren Belastung hängt dabei u.a. vom Gesamtbetrag der Einkünfte ab.