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Die Beteiligung eines Arbeitnehmers am Unternehmen des Arbeitgebers hat durch die Coronapandemie eine ganz neue Bedeutung bekommen. Die steuerfreie Gewährung von Vermögensbeteiligungen, die in der Vergangenheit meist nur von Konzernunternehmen in Anspruch genommen wurde, ist nun auch für kleine und mittelständische Betriebe ein Thema. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Infos zur steuerfreien Gewährung einer Vermögensbeteiligung nach § 3 Nr. 39 EStG zusammengefasst.

Neuregelung seit 1.7.2021

Seit 1.7.2021 gelten neue lohnsteuerliche Steuerspielregeln, wenn Mitarbeitern Vermögensbeteiligungen zugewendet werden. Neu ist, dass der steuerfreie Höchstbetrag von 360 EUR auf 1.440 EUR angehoben wurde. Zudem wurde eine Norm eingeführt, wonach Einkünfte aus der Vermögensübertragung an bestimmte Unternehmen des Arbeitgebers (Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen), deren Gründung nicht mehr als zwölf Jahre zurückliegt, zunächst nicht besteuert werden.

In der Praxis gab es zur Neuregelung vom 1.7.2021 zahlreiche Praxisfragen, die das Bundesfinanzministerium leider erst mehr als fünf Monate später beantwortet hat (BMF 16.11.21, IV C 5 – S 2347/21/10001 :006). Hier die wichtigsten Informationen, um bei späteren Lohnsteuerprüfungen auf der sicheren Seite zu stehen.

Begünstigter Personenkreis

Zunächst stellt sich die Frage, welchen Mitarbeitern eine Vermögensbeteiligung nach § 3 Nr. 39 EStG i. H. v. bis zu 1.440 EUR steuerfrei zugewandt werden darf. Hier trifft das BMF-Schreiben folgende Aussagen:

Es muss sich um unbeschränkt oder beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer handeln, die in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen. Ob es sich bei dem Dienstverhältnis um ein Hauptarbeitsverhältnis handelt oder um eine Nebentätigkeit, spielt keine Rolle.

In einem gegenwärtigen Arbeitsverhältnis befinden sich auch Mitarbeiter, deren Dienstverhältnis ruht (z. B. während Mutterschutz oder Elternzeit) sowie Mitarbeiter, die aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung über eine befristete Tätigkeit ins Ausland gesandt wurden.

Praxistipp

Damit ist klar, dass Personen, die ausschließlich Versorgungsbezüge erhalten, im Sinne dieser lohnsteuerlichen Vorschrift nicht begünstigt sind. Sie stehen nicht mehr in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis.

Begünstigte Vermögensbeteiligung

Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 39 EStG setzt voraus, dass die verbilligte oder unentgeltliche Überlassung einer Vermögensbeteiligung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird. Doch was versteht man unter einer Vermögensbeteiligung im Sinne dieser Vorschrift?

Was eine Vermögensbeteiligung ist, wird auch im BMF-Schreiben vom 16.11.2021 nicht genauer definiert. Hier wird auf ein früheres Schreiben des Bundesfinanzministeriums verwiesen, in dem eine abschließende Aufzählung von Vermögensbeteiligungen i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, b, f bis l und Abs. 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes zu finden ist (BMF 29.11.17, IV C 5 – S 2430/17/10001).

Im Schreiben vom 16.11.2021 finden sich zur Vermögensbeteiligung jedoch folgende Hinweise:

Sogenannte „virtuelle Beteiligungen“, also schlichte schuldrechtliche Bonusversprechen des Arbeitgebers, fallen nicht unter die Regelungen der begünstigten Vermögensbeteiligung i. S. v. § 3 Nr. 39 EStG.

Aktienoptionen sind keine Vermögensbeteiligungen i. S. d. Fünften Vermögensbildungsgesetzes. Nach Ausübung der Aktienoption und dem darauf folgenden vergünstigten Bezug von Aktien kann § 3 Nr. 39 EStG jedoch zur Anwendung kommen.

Begünstigt sind nur Vermögensbeteiligungen „am“ Unternehmen des Arbeitgebers.

Unternehmen, die demselben Konzern i. S. d. § 18 Aktiengesetzes angehören, sind dem Unternehmen des Arbeitgebers zuzurechnen.

Praxistipp

Können Sie den Ausführungen der BMF-Schreiben vom 29.11.2017 und vom 16.11.2021 nicht entnehmen, ob ein Mandant eine Vermögensbeteiligung i. S. v. § 3 Nr. 39 EStG an einen Arbeitnehmer überträgt, empfiehlt sich frühzeitig die Beantragung einer Lohnsteuer-Anrufungsauskunft nach § 42e EStG.

Inländische und ausländische Investmentanteile nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c des 5. VermBG sind lohnsteuerlich keine Vermögensbeteiligungen.

Mehrfache Inanspruchnahme der Steuerfreiheit

Der steuerfreie Höchstbetrag von 1.440 EUR bei Übertragung einer Vermögensbeteiligung ist übrigens kein Jahresbetrag und nicht personenbezogen anzuwenden. Der Höchstbetrag steht einem Arbeitnehmer für jedes einzelne Dienstverhältnis zu. Hat ein Arbeitnehmer in einem Kalenderjahr mehrere aufeinanderfolgende Dienstverhältnisse oder ist er gleichzeitig bei mehreren Arbeitgebern in mehreren Dienstverhältnissen tätig, kann er von jedem Arbeitgeber eine steuerfreie Vermögensbeteiligung von 1.440 EUR gewährt bekommen.

Aufgeschobene Besteuerung geldwerter Vorteile

Löst die Übertragung einer Vermögensbeteiligung im Wert von mehr als 1.440 EUR einen zu versteuernden geldwerten Vorteil aus, muss das nicht zwingend dazu führen, dass der Arbeitnehmer sofort dafür Steuern zahlen muss. Hier ist die neue Vorschrift nach § 19a Abs. 4 Satz 1 EStG zu beachten.

Danach ist der geldwerte Vorteil bei Vermögensbeteiligungen an Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen – KMU – erst bei der Veräußerung oder der unentgeltlichen Übertragung, spätestens jedoch nach zwölf Jahren oder bei Beendigung des Dienstverhältnisses zu besteuern.

Praxistipp

Durch diese Neuregelung soll verhindert werden, dass die Gewährung einer steuerpflichtigen Vermögensbeteiligung daran scheitert, dass der Arbeitnehmer das Geld für die Bezahlung der Steuern für den empfangenen geldwerten Vorteil nicht aufbringen kann.

Fördervoraussetzungen für eine vorläufige Nichtbesteuerung

Die vorläufige Nichtbesteuerung nach § 19a Abs. 1 EStG ist nur anzuwenden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

* Das Unternehmen des Arbeitgebers überschreitet nicht die Schwellenwerte, die in Art. 2 Abs. 1 des Anhangs der Empfehlung der Kommission vom 6.5.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen oder mittleren Unternehmen genannt werden.
* KMU-Kriterien in Zahlen: Weniger als 250 Personen beschäftigt „und“ Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR „oder“ Jahresbilanzsumme höchstens 43 Mio. EUR „und“ grundsätzlich keine Beteiligung der ­öffentlichen Hand zu 25 % oder mehr.
* Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht.
* Die Gründung des Unternehmens liegt nicht mehr als zwölf Jahre vor der Übertragung des Vermögensanteils.

Fazit | Die seit 1.7.2021 geltende Neuregelung könnte zu einem neuen, sehr umfassenden Beratungsfeld für Steuerberater werden. Denn bei Lohnsteuerprüfungen dürften die Lohnsteuerprüfer diese Thematik aufgrund der zahlreichen Kriterien für die steuerfreie Übertragung sehr intensiv prüfen. Je mehr Arbeitnehmer von § 3 Nr. 39 EStG profitieren sollten, desto wichtiger ist die lohnsteuerliche Rechtssicherheit für Ihre Mandanten.