Die Sachbezugsbewertung für die private Nutzung eines Dienstwagens ist grundsätzlich einfach. Doch höchst kompliziert und mit einigen Besonderheiten versehen wird es, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen individuellen Dienstwagen zuweist, sondern die Nutzung von Fahrzeugen eines Fahrzeugpools gestattet. Da sich die verwendeten Fahrzeuge von Tag zu Tag ändern, stellt sich die Frage, wie der geldwerte Vorteil zu bewerten ist.
Grundsatz zur Dienstwagenbesteuerung
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG unterliegt die Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs durch den Arbeitnehmer für private Zwecke als geldwerter Vorteil der Besteuerung. Zugleich fallen auch Sozialabgaben an. Zusätzlich unterliegt gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG auch die Nutzung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte als weiterer geldwerter Vorteil der Besteuerung und den Sozialabgaben. Steht dem Arbeitnehmer immer das identische Fahrzeug zur Verfügung, ist die Ermittlung des geldwerten Vorteils einfach. Es wird entweder auf Basis des Bruttolistenneupreises die pauschale 1 %-Regelung angewandt (bzw. für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte die 0,03 %-Regelung) oder anhand eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs der geldwerte Vorteil genau und individuell ermittelt.
Beispiel 1 |
Arbeitnehmer Anton hat von seinem Arbeitgeber einen Dienstwagen erhalten. Anton nutzt diesen für berufliche und private Fahrten sowie für Fahrten zwischen seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte (einfache Entfernung 20 km). Der Bruttolistenpreis beträgt 40.000 EUR. |
Lösung: Der Arbeitgeber hat für Anton aufgrund des überlassenen Dienstwagens monatlich einen geldwerten Vorteil i. H. v. 640 EUR als Arbeitslohn zu versteuern und zu verbeitragen (40.000 EUR × 1 % = 400 EUR zzgl. 40.000 EUR × 0,03 % x 20 km = 240 EUR). |
Das Problem bei einem Fahrzeugpool
Eine individuelle Ermittlung des geldwerten Vorteils wie im Beispiel ist nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Dienstwagen individuell zur Nutzung zugeordnet hat. Stehen dem Arbeitnehmer hingegen laufend wechselnde Fahrzeuge aus einem Fahrzeugpool des Arbeitgebers für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zur Verfügung, kann der geldwerte Vorteil nicht so einfach ermittelt werden. Denn der Arbeitgeber weiß nicht, welcher Arbeitnehmer konkret an welchen Tagen welches Fahrzeug für Privatfahrten bzw. für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte verwendet hat. Daher ist bei der Nutzung eines Fahrzeugpools keine fahrzeugbezogene, sondern eine fahrzeugpoolbezogene Berechnung erforderlich. Die Grundsätze hierzu hat das BMF im Schreiben vom 3.3.2022 (IV C 5, S 2334/21/10004; Rz. 14) verankert.
Fahrzeugpool und die private Pkw-Nutzung
Stehen Arbeitnehmern für Privatfahrten laufend wechselnde Fahrzeuge aus einem Fahrzeugpool zur Verfügung, so ist zunächst für alle Fahrzeuge der Bruttolistenneupreis zu ermitteln und dieser mit 1 % anzusetzen. Der so als geldwerter Vorteil für sämtliche Fahrzeuge ermittelte Nutzungswert wird addiert und in einem zweiten Schritt auf die Arbeitnehmer verteilt, welche den Fahrzeugpool nutzen dürfen. Das Ergebnis ist der individuelle steuer- und beitragspflichtige Arbeitslohn (vgl. BFH 15.5.02, VI R 132/00).
Bei dieser Berechnung kommt es nicht darauf an, ob die Anzahl der Fahrzeuge im Fahrzeugpool die Anzahl der nutzenden Arbeitnehmer übersteigt oder unterschreitet. Genauso macht es keinen Unterschied, ob ein Arbeitnehmer mehr oder weniger als andere Arbeitnehmer auf den Fahrzeugpool zugreift und ob ein Arbeitnehmer in Voll- und ein anderer Arbeitnehmer in Teilzeit beschäftigt wird. Es findet eine rein pauschale Verteilung des insgesamt entstandenen geldwerten Vorteils nach Köpfen auf alle Nutzungsberechtigte statt.
Beispiel 2 |
Ein Fahrzeugpool besteht aus drei Fahrzeugen. Die Bruttolistenpreise betragen 30.000 EUR, 40.000 EUR und 50.000 EUR. Alle Fahrzeuge können und werden von den fünf Arbeitnehmern auch für private Zwecke genutzt. Keinem Arbeitnehmer wurde ein Fahrzeug zur alleinigen Privatnutzung zugeordnet. Lösung: Jeder Bruttolistenpreis wird mit 1 % angesetzt, sodass sich insgesamt ein geldwerter Vorteil für die private Dienstwagennutzung von 1.200 EUR pro Monat ergibt (30.000 EUR × 1 %; 40.000 EUR × 1 % und 50.000 EUR × 1 %). Da die Nutzung des Fahrzeugpools durch fünf Arbeitnehmer erfolgt, muss jeder Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil von 240 EUR (1/5 von 1.200 EUR) als Arbeitslohn versteuern und den Sozialabgaben unterwerfen. |
Beachten Sie | Diese individuelle Durchschnittsberechnung bedingt notwendigerweise, dass der Arbeitgeber laufend die Ermittlung des geldwerten Vorteils anpassen muss. Denn sobald sich die Anzahl der nutzenden Arbeitnehmer verändert oder ein Fahrzeug aus dem Fahrzeugpool ausscheidet bzw. ein neues Fahrzeug zum Fahrzeugpool hinzukommt, ergeben sich für die Ermittlung des geldwerten Vorteils Änderungen. Für die Praxis hat es sich daher bewährt, einen größeren Fahrzeugpool in mehrere Unterpools zu untergliedern und diesen Unterpools jeweils nur wenige Arbeitnehmer zuzuordnen.
Fahrzeugpool und Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
Für den geldwerten Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erfolgt eine davon abweichende Berechnung. Zwar wird zunächst ebenfalls für jedes Fahrzeug der Bruttolistenneupreis ermittelt, mit 0,03 % angesetzt und aus den Einzelbeträgen eine Summe gebildet. Der Gesamtbetrag wird jedoch vor einer Multiplizierung mit den individuellen Entfernungskilometern auf die Anzahl der für den Fahrzeugpool nutzungsberechtigten Arbeitnehmer verteilt. Erst im nächsten Schritt wird der pauschale Anteil eines jeden Arbeitnehmers mit der individuellen einfachen Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte multipliziert. Dadurch wird erreicht, dass für den Fall, dass weniger Fahrzeuge als Nutzungsberechtigte vorhanden sind, der Sachbezug für die Fahrten zum Betrieb nicht höher ausfällt als bei einer fiktiven Zurechnung jeweils eines der gemeinschaftlich genutzten Firmenfahrzeuge bei genau einem Arbeitnehmer.
Beispiel 3 | |||
Die Arbeitnehmer aus Beispiel 2 verwenden die Fahrzeuge auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Die einfache Entfernung für die Arbeitnehmer beträgt 10, 20, 30, 40 und 50 km. Lösung: Der addierte und für jedes Fahrzeug mit 0,03 % angesetzte Bruttolistenpreis beträgt 36 EUR (30.000 EUR × 0,03 %; 40.000 EUR × 0,03 % und 50.000 EUR × 0,03 %). Da die Nutzung durch fünf Arbeitnehmer erfolgt, sind für jeden 7,20 EUR maßgebend (1/5). Damit beträgt der geldwerte Vorteil: |
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a) 10 km × 7,20 EUR = |
72 EUR |
d) 40 km × 7,20 EUR = |
288 EUR |
b) 20 km × 7,20 EUR = |
144 EUR |
e) 50 km × 7,20 EUR = |
360 EUR |
c) 30 km × 7,20 EUR = |
216 EUR |
Pauschalierung kann zu ungerechten Ergebnissen führen
Die Praxis zeigt, dass diese pauschale Ermittlung und Verteilung bei einem Fahrzeugpool oft zu ungerechten Ergebnissen führen. Nutzt ein Arbeitnehmer zum Beispiel überwiegend ein Fahrzeug mit einem gemessen am Fahrzeugpool unterdurchschnittlichen Bruttolistenpreis, muss er dennoch einen nach dem Durchschnittswert bemessenen geldwerten Vorteil versteuern und den Sozialabgaben unterwerfen. Parallel wird der Arbeitnehmer begünstigt, der überwiegend ein Fahrzeug mit einem überdurchschnittlich hohen Bruttolistenpreis nutzt. Zudem kann es zu einem unverhältnismäßig hohen geldwerten Vorteil kommen, wenn die Anzahl der nutzungsberechtigten Arbeitnehmer die Anzahl der Fahrzeuge im Fahrzeugpool übersteigt und einzelne Arbeitnehmer die Fahrzeuge unterdurchschnittlich oft nutzen.
Übergang zur Einzelbewertung mit 0,002 % zulässig
Um dieses ungerechte Ergebnis zu umgehen, können Arbeitnehmer wahlweise den geldwerten Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nach der 0,002 %-Methode bewerten. Diese Wahl wird üblicherweise im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung getroffen. Wenden Arbeitnehmer ihr Wahlrecht an, dann bewerten sie den geldwerten Vorteil mit der tatsächlich durchgeführten Anzahl von Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und mit 0,002 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer für genau das Fahrzeug, welches sie an dem jeweiligen Tag verwendet haben (BMF 3.3.22, Rz. 13).
Den sich danach ergebenden Jahresvorteil vergleichen sie mit dem, welchen der Arbeitgeber versteuert und den Sozialabgaben unterworfen hat. Die Differenz wird vom steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn abgezogen und führt zur Steuererstattung.
Beispiel 4 | ||
Arbeitnehmer E aus Beispiel 3 macht in seiner Einkommensteuererklärung geltend, dass er den Pkw mit dem Bruttolistenpreis von 30.000 EUR an 80 Tagen und den Pkw mit dem Bruttolistenpreis von 40.000 EUR an 35 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte verwendet hat. An den übrigen Tagen ist er mit einem privaten Fahrzeug gefahren, da die Fahrzeuge des Fahrzeugpools bereits vergriffen waren. Lösung: Bisher hat der Arbeitgeber 4.320 EUR als geldwerten Vorteil versteuert (12 Monate × 360 EUR). Dieser Arbeitslohn reduziert sich aufgrund der Einzelbewertung auf: |
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Pkw 1: |
30.000 EUR × 0,002 % × 50 km × 80 Fahrten = |
2.400 EUR |
Pkw 2: |
40.000 EUR × 0,002 % × 50 km × 35 Fahrten = |
1.400 EUR |
3.800 EUR |
Geldwerter Vorteil neu: Die sich ergebende Differenz von 520 EUR mindert den steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn. Die abgeführten Sozialabgaben bleiben hingegen bestehen.
Praxistipp
Die Einzelbewertung kann auch bereits im Rahmen der Lohnabrechnung vorgenommen werden. Der Arbeitgeber hat dann die Einzelaufzeichnungen des Arbeitnehmers als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen (BMF 3.3.22, Rz. 13). Der Vorteil besteht dann darin, dass sich nicht nur die Lohnsteuer, sondern auch die Sozialabgaben reduzieren.
Voraussetzungen für die Einzelbewertung nach der 0,002 %-Methode
Um die Einzelbewertung anwenden zu können, muss der Arbeitnehmer jeden einzelnen Kalendertag benennen, an welchem er eine Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durchgeführt hat. Zudem muss das jeweils genutzte Fahrzeug des Pools angegeben werden. Eine pauschale Aussage von beispielsweise 105 Fahrten im Jahr 2022 genügt nicht. Ebenfalls kann nicht im Laufe eines Kalenderjahres zwischen der pauschalen Bewertung und der Einzelbewertung nach der 0,002 %-Methode gewechselt werden. Der Arbeitnehmer muss sich immer für das gesamte Kalenderjahr entscheiden, welches Verfahren angewandt werden soll.
Fahrzeugpool mit Hybrid-/Elektrofahrzeugen
Nicht jeder Fahrzeugpool besteht ausschließlich aus Verbrennern. Viele Fahrzeugpools bestehen aus gemischten Fahrzeugflotten, welche sowohl Verbrenner, Hybrid- und Elektroautos beinhalten. Bei solchen Fahrzeugpools ist eine Besonderheit zu beachten. Denn gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 2. HS EStG ist bei vielen Hybrid- und Elektroautos nur der halbe Bruttolistenneupreis anzusetzen. Bei Elektroautos ist sogar nur ein Viertel des Bruttolistenneupreises anzusetzen, wenn die Anschaffung nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2031 erfolgte und der Bruttolistenneupreis nicht mehr als 60.000 EUR beträgt. Dieser halbierte oder geviertelte Bruttolistenneupreis ist auch im Rahmen eines Fahrzeugpools zu berücksichtigen, sodass sich der insgesamt anzusetzende und auf alle den Fahrzeugpool nutzenden Arbeitnehmern zu verteilende Sachbezug entsprechend reduziert.
Beispiel 5 |
Ein Fahrzeugpool besteht aus zwei Fahrzeugen. Ein Verbrenner mit einem Bruttolistenneupreis von 50.000 EUR und ein reines E-Fahrzeug mit einem Bruttolistenneupreis von 40.000 EUR. Lösung: Grundsätzlich wäre jedes Fahrzeug mit 1 % des Listenpreises anzusetzen, sodass ein Sachbezug von 900 EUR auf alle den Fahrzeugpool nutzenden Arbeitnehmern zu verteilen wäre (50.000 EUR × 1 % und 40.000 EUR × 1 %). Da der Bruttolistenneupreis für das E-Fahrzeug jedoch nur mit einem Viertel angesetzt wird (10.000 EUR), reduziert sich der auf alle den Fahrzeugpool nutzenden Arbeitnehmern zu verteilende Sachbezug auf 600 EUR (50.000 EUR × 1 % und 10.000 EUR × 1 %). |
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