In für UNTERNEHMER

In zwei Urteilen beschäftigte sich der BFH mit der Frage, inwieweit ein rückwirkend geänderter Veräußerungsgewinn nach §§ 16 und 17 EStG als rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO einzustufen ist.
Quelle:
Wegfall der Geschäftsgrundlage: BFH 28.10.09, IX R 17/09,
BFH 27.6.06, IX R 47/04, BStBl II 07, 162; 22.7.08, IX R 79/06, BStBl II 09, 227
Veräußerung einbringungsgeborener Anteile: BFH 19.8.09, I R 3/09,

Rückabwicklung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage

Wird der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft durch die Parteien wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vollständig rückgängig gemacht, wirkt dieses Ereignis steuerlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück. Nach Ansicht des BFH liegt ein rückwirkendes Ereignis nicht nur bei Veränderungen des Verkaufspreises, sondern auch dann vor, wenn der bereits bezahlte Kaufpreis aus Gründen zurückgewährt wird, die im Kaufvertrag selbst angelegt sind. Ob dies aufgrund einer auflösenden Bedingung oder infolge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage geschieht, ist dabei unerheblich. Dies ist vergleichbar mit der Rückabwicklung eines Anschaffungsgeschäfts, das wegen Vertragsstörungen keine steuerbare Veräußerung darstellt.
Entsprechend der zivilrechtlichen Rechtsprechung kann auch der gemeinsame Irrtum über steuerliche Folgen zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Parteien eine bestimmte steuerliche Lastenverteilung zur Vertragsgrundlage gemacht haben.
Fazit: Ist die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft auch steuerlich rückwirkend entfallen, kommt es nicht mehr zu einer Besteuerung nach § 17 EStG. Sofern die Veranlagung des Verkaufsjahres verfahrensrechtlich noch offen ist, ist hier kein Veräußerungsgewinn anzusetzen. Bei bestandskräftigen Bescheiden kommt eine Berichtigung über § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht.

Nachträgliche Kaufpreisreduzierung bei der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile

In einem weiteren Urteil entschied der BFH, dass sich der Gewinn aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile rückwirkend ändert, wenn die Vertragsparteien wegen Streitigkeiten über Wirksamkeit oder Inhalt des Vertrages einen Vergleich schließen und den Veräußerungspreis rückwirkend mindern.
Für ein rückwirkendes Ereignis ist Voraussetzung, dass die rückwirkende
Vertragsänderung durch eine ernstliche Auseinandersetzung über Wirksamkeit und Inhalt des ursprünglichen Vertrages veranlasst ist und die Vereinbarungen auch tatsächlich durchgeführt werden. Es kommt nicht darauf an, ob tatsächlich ein Anfechtungs- oder Rücktrittsrecht oder ein Sachmangel besteht.
Quelle: In Fällen, in denen der Kaufpreis bereits bezahlt wurde, stellt eine im Wege des Vergleichs vereinbarte Kaufpreisänderung allerdings nur dann ein rückwirkendes Ereignis dar, wenn die Änderung auf Gründen beruht, die im Kaufvertrag selbst angelegt sind. Wird ein neuer Vertrag ohne sachlichen Zusammenhang mit dem ursprünglichen Vertrag geschlossen, liegt kein rückwirkendes Ereignis vor.