Mit dem Zollkodex-Anpassungsgesetz wurde der unionsrechtliche Schnellreaktionsmechanismus in nationales Recht umgesetzt. Hierdurch kann der Anwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers im Rahmen einer Verordnung kurzfristig erweitert werden.
Bisher konnte eine Ausnahme von der Regelbesteuerung nur dann erteilt werden, wenn der betroffene Mitgliedstaat diese in einem aufwendigen und langwierigen Verfahren beantragte.
Durch die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht hat die Bundesrepublik Deutschland nun die Möglichkeit, den Leistungskatalog des § 13b UStG durch Rechtsverordnung relativ unbürokratisch temporär zu erweitern.
„Richtlinie 2013/42/EU zur Änderung der MwStSystRL in Bezug auf einen Schnellreaktionsmechanismus bei Mehrwertsteuerbetrug“
Liegen konkrete Hinweise vor, die den Verdacht erheblicher Steuerhinterziehungen rechtfertigen, oder gibt es Informationen über verwirklichte Steuerhinterziehungen in Deutschland, soll das BMF kurzfristig reagieren können.
Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ist (zunächst) zeitlich beschränkt auf maximal neun Monate. Nur wenn der Europäische Rat im regulären Verfahren die Erweiterung bestätigt, darf die Bundesregierung unbefristet daran festhalten. Für die Zukunft darf man also gespannt sein, wie sich der Leistungskatalog für die Anwendung der Steuerschuldumkehr erweitern wird.
Diese Regelung ist jedoch nicht unkritisch zu sehen. Die Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens für die Metalllieferungen ist hier das beste (Negativ-) Beispiel.
Unternehmen muss genug Zeit eingeräumt werden, um auf Rechtsänderungen reagieren zu können. Das Beispiel der Metalllieferungen zeigt, dass zwischen der Einführung des Gesetzes zum 01.10.2014 und dem Ende der gewährten Übergangsfrist zum 30.06.2015 ganze neun Monate bis zur endgültigen Geltung der Änderung vergangen sind.
Von einer kurzfristigen Erweiterung des Reverse-Charge-Verfahrens zur Betrugsbekämpfung kann also keine Rede sein.
Unternehmen werden sich auf weitere Anwendungsbereiche einstellen müssen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Regelung tatsächlich nur mit Bedacht und nach Abwägung der Vor- und Nachteile von der deutschen Finanzverwaltung angewendet wird.
Sofern Sie zukünftig mit von Ihnen gelieferten oder empfangenen Waren oder Leistungen durch neue gesetzliche Regelungen in den Anwendungsbereich der Steuerschuldumkehr fallen, sollten Sie insbesondere folgende Maßnahmen beachten:
Als leistender Unternehmer:
Analysieren Sie, ob Ihre Leistung in den Anwendungsbereich der Steuerschuldumkehr fällt. Falls erforderlich, fordern Sie unverbindliche Zolltarifauskünfte an.
Analysieren Sie, ob Ihr Kunde die erforderlichen Voraussetzungen als Unternehmer erfüllt.
Passen Sie Ihre Fakturierung an.
Passen Sie Ihre Rechnungsformulare an (siehe Punkt 4).
Passen Sie Ihre Buchhaltungsrichtlinien/Ihr Buchungsverhalten an.
Prüfen Sie, ob die Neuregelung Auswirkungen auf schwebende Geschäfte hat.
Beachten Sie möglicherweise gewährte Übergangsfristen.
Informieren Sie Ihre Kunden.
Als Leistungsempfänger:
Analysieren Sie, ob Sie als Abnehmer in den Anwendungsbereich der Steuerschuldumkehr fallen.
Analysieren Sie, ob die von Ihnen bezogene Ware/Dienstleistung in den Anwendungsbereich der Neuregelung fällt.
Beachten Sie möglicherweise gewährte Übergangsfristen.
Prüfen Sie, ob die Neuregelung Auswirkungen auf schwebende Geschäfte hat.
Akzeptieren Sie nur noch Nettorechnungen und zahlen Sie keine Umsatzsteuer an Ihren Lieferanten aus.
Passen Sie Ihr Buchungsverhalten entsprechend an.
Hinweis
Bei Fragen zur Umsetzung der konkreten Regelungen in Ihrem speziellen Fall unterstützen wir Sie gerne. Vereinbaren Sie bitte einen Beratungstermin, sobald Sie Ihre Geschäfte betroffen sehen.