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Zum 01.10.2014 hat der Gesetzgeber die Anwendung der Umkehr der Umsatzsteuerpflicht auf die Lieferung von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets beschlossen. Die
Neuregelung gilt für Umsätze und Teilleistungen, die nach dem 30.09.2014 ausgeführt werden, sowie in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem 01.10.2014 vereinnahmt wurde und die Leistung erst nach dem 30.09.2014 ausgeführt wird.
BFH, Urteil v. 28.8.2014, V R 7/14, BFH, Urteile v. 25.2.2015, XI R 30/13 und XI R 15/14

Vorerst war diese Regelung ohne Einführung einer Bagatellgrenze beabsichtigt. In letzter Minute wurde sie jedoch nochmals – aufgrund massiver Kritik der Wirtschaftsverbände – im Zollkodex-Anpassungs-gesetz geändert und eine Bagatellgrenze von 5.000 € eingeführt.
Des Weiteren wurde eine Übergangsregelung bis zum 30.06.2015 beschlossen.
Voraussetzung für die Anwendung der Übergangsfrist, in welcher sowohl Brutto- als auch Nettoabrechnungen möglich waren, war, dass der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert wird.
Die Einführung einer Bagatellgrenze war von den Wirtschaftsverbänden gefordert worden und dringend nötig, da in den Anwendungsbereich der Regelung auch Metalle fallen, die auch in Baumärkten auf der Einzelhandelsstufe zu erwerben sind. Hier wären also Abgrenzungsprobleme vorprogrammiert gewesen, wenn beispielsweise ein Unternehmer im Baumarkt Kupferdraht oder Ähnliches erworben hätte.
Außerdem hat der Gesetzgeber erkannt, dass der Anwendungsbereich der Regelung zu weit gefasst wurde. Daher wurde die Anlage 4 zum Umsatzsteuergesetz angepasst und einige Positionen aus dem Anwendungsbereich herausgenommen.
Diese Neuerungen sind zum 01.01.2015 in Kraft getreten.
Ähnlich wie bei der Lieferung von Schrott wird zur Abgrenzung der in diesen Anwendungsbereich fallenden Lieferungen auf Zolltarifnummern verwiesen.
Die am 19.12.2014 vom Bundesrat verabschiedete Version der Anlage 4 zum Umsatzsteuergesetz enthält die Waren, für deren Lieferung der Leistungsempfänger die Steuer schuldet.
Nicht mehr enthalten sind Lieferungen von Selen und bestimmte Gold-, Eisen- und Stahllieferungen, die in der Zeit vom 01.10.2014 bis zum 31.12.2014 noch in der Anlage 4 zum Umsatzsteuergesetz aufgeführt waren.
Bei den Stahllieferungen fallen etwa Lieferungen von geformten oder bearbeiteten Waren (z.B. rohe oder bearbeitete Gussstücke oder Rohre) nicht mehr in den Anwendungsbereich der Steuerschuldumkehr. Auch Alufolie wurde beispielsweise aus dem Anwendungsbereich herausgenommen.

Hinweis

Regelmäßig werden Sie also von der Neuregelung nur betroffen sein, wenn Sie Abnehmer oder Lieferant von Metallen und den in der Anlage 4 genannten Waren in „Rohform“ sind! Viele Lieferungen, die zunächst von der beabsichtigten Neuregelung betroffen waren, fallen nun nicht mehr in den Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens.
Um herauszufinden, ob das gelieferte Produkt unter die Reverse-Charge-Regelung fällt, müssen Sie folglich im ersten Schritt eine zolltarifliche Einstufung vornehmen.
Auch wenn das BMF in seinem Schreiben vom 26.09.2014 weitere Erläuterungen zu den einzelnen Warengruppen gibt, treten häufig Abgrenzungsprobleme auf.
Klarheit kann hier eine unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke bringen.
In einem zweiten Schritt müssen Sie prüfen, ob das Produkt mit dieser Zolltarifnummer in der Anlage 4 zum Umsatzsteuergesetz verzeichnet ist:
„Merkblatt+Umsatzsteuer.pdf(Merkblatt+Umsatzsteuer.pdf)“:

Hinweis

Die Umkehr der Steuerschuldnerschaft gilt für die reine Lieferung von Gegenständen (ohne Einbau oder Montage), die innerhalb Deutschlands erbracht wird und an unternehmerische Abnehmer erfolgt, auch wenn die Waren für den privaten Bereich bezogen werden.
Die Regelung gilt dagegen nicht für
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit Metallen (Transport, Metallbearbeitung etc.),
die Lieferung von Metallabfällen (hier greift gegebenenfalls die Reverse-Charge-Regelung für den Schrotthandel) sowie
Werklieferungen, beispielsweise an einem Bauwerk ausgeführte Metalllieferungen (hierfür gilt gegebenenfalls die Reverse-Charge-Regelung für Bauleistungen).
Als betroffener Metallhändler sollten Sie eine zolltarifliche Analyse aller von Ihnen vorgenommenen Lieferungen vornehmen. Hierbei müssen Sie beachten, dass, falls im Zusammenhang mit Metalllieferungen unselbständige Nebenleistungen zur Warenlieferung erbracht werden, diese das Schicksal der Hauptleistung „Lieferung“ teilen, so dass insoweit einheitlich die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers anzuwenden ist.

Hinweis

Hilfe bei der zolltariflichen Einstufung bietet die Webseite des Statistischen Bundesamts unter „www.destatis.de -> Methoden -> Klassifikationen -> Außenhandel -> Warenverzeichnis für die Außenhandelsstatistik.
Des Weiteren sollten Sie die Unternehmereigenschaft Ihres Kunden prüfen, da die Neuregelung nur dann zur Anwendung kommt, wenn Ihr Kunde ein umsatzsteuerlicher Unternehmer ist (z.B. anhand einer USt-IdNr., durch Vorlage einer Bescheinigung USt 1 TG (für Bauunternehmer) oder durch die Vorlage einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG).

Darüber hinaus

sollten Sie Ihre Kunden (sicherheitshalber) schriftlich über die derzeitige gesetzliche Regelung informieren. Hierzu können Sie sich des nachfolgenden Musters bedienen.

Beispiel Informationsschreiben an Kunden


Sehr geehrte Damen und Herren,
der deutsche Gesetzgeber hat eine Neuregelung für die Umsatzbesteuerung von Metalllieferungen eingeführt: Seit dem 30.06.2015 schuldet nicht mehr der Lieferer die Umsatzsteuer für die Lieferung von Metallen, sondern der unternehmerische Abnehmer (sogenanntes Reverse-Charge-Verfahren, § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG). Das gilt für alle Lieferungen, die ab dem 30.06.2015 von uns ausgeführt werden.
Wir unterwerfen alle Metalllieferungen, die unter die Neuregelung fallen und die Bagatellgrenze von 5.000 € übersteigen, dem Reverse-Charge-Verfahren. Das bedeutet für Sie, dass Sie zukünftig in diesen Fällen von uns eine Nettorechnung mit dem Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ bekommen und Sie als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer an Ihr Finanzamt abführen müssen.
Mit freundlichen Grüßen

In Ihrer Buchhaltung müssen Sie die entsprechenden Vorkehrungen treffen und die entsprechenden Konten und Buchungsschlüssel einrichten.
Auf Ihren Ausgangsrechnungen muss der Hinweis „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ abgedruckt werden (vgl. Punkt 4: Die Besonderheiten bei der Rechnungsstellung).
Auch als Abnehmer von Metalllieferungen müssen Sie entsprechende Vorkehrungen treffen und eine zolltarifliche Einstufung aller Metallerzeugnisse vornehmen, die Sie erwerben.

Achtung

Auch die Bagatellgrenze von 5.000 € bei der Lieferung von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets ist leider nicht optional ausgestaltet! Sie dürfen also bei Lieferungen unterhalb dieser Grenze keinesfalls das Reverse-Charge-Verfahren anwenden.
Abzustellen ist dabei auf alle im Rahmen eines zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgangs gelieferten Gegenstände der genannten Art. Nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben unberücksichtigt.