In für UNTERNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Die korrekte Anwendung des Umsatzsteuerrechts wird Ihnen als Unternehmer nicht gerade leichtgemacht.
Durch die Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens werden erhöhte Anforderungen an Sie gestellt.
Auf der Rechnungseingangsseite, also bei der Rechnungsprüfung, werden im Zweifel konkrete Kenntnisse über die Zolltarifnummern der gelieferten Waren verlangt. Bestehen hinsichtlich der Warengattung Zweifel, ob diese in den Anwendungsbereich der Umkehr der Steuerschuldnerschaft fällt oder nicht, können Sie sich auf die Vereinfachungsregelung berufen.
BFH, Verfahren XI B 84/15 – eingegangen am 15.01.2016, EuGH, Verfahren C-453/15 – eingegangen am 18.11.2015; EuGH Urteil vom 23.04.2015 – C-111/14

Allerdings greift die Vereinfachungsregelung nur für den Fall, dass – einvernehmlich -Nettorechnungen gestellt werden.
Dagegen dürfen Sie bei Zweifeln über die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens keinesfalls Bruttorechnungen von Ihrem Lieferanten akzeptieren. Denn dann wäre die Anwendung des Verfahrens zur Disposition des Steuerpflichtigen gestellt. Dem hat der BFH aber bereits mit seinem Urteil vom 22.08.2013 eine Abfuhr erteilt.

Nicht zu vernachlässigen ist das wirtschaftliche Risiko bei fehlerhafter umsatzsteuerlicher Beurteilung des Leistungsvorgangs

Gehen Sie als leistender Unternehmer fälschlicherweise davon aus, dass der Vorgang dem Reverse-Charge-Verfahren zu unterwerfen ist, schulden Sie möglicherweise die Umsatzsteuer, obwohl Sie diese nicht von Ihrem Kunden erhalten haben. Gehen Sie dagegen davon aus, dass der Vorgang nicht dem Reverse-Charge-Verfahren zu unterwerfen ist, und stellt sich dies später als Fehler heraus, kann der Leistungsempfänger die in der Rechnung aufgeführte und von ihm auch an Sie bezahlte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen, da diese gesetzlich nicht geschuldet wurde.
Nach der Erweiterung des Leistungskatalogs und der Einführung des Schnellreaktionsmechanismus darf sicher auch die Frage gestellt werden, ob das derzeitige Umsatzsteuersystem überhaupt noch zukunftsfähig ist oder ob es nicht besser wäre, im B2B-Bereich ohne Ausnahmen auf das Reverse-Charge-Verfahren zurückzugreifen.
Schließlich soll die Umsatzsteuer auf Unternehmerebene neutral sein. Nicht die beteiligten Unternehmer, sondern nur der Letztverbraucher soll mit der Umsatzsteuer belastet werden.Eine generelle Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens wird jedoch bislang auf EU-Ebene abgelehnt, so dass Sie als Unternehmer wohl auf Dauer mit beiden Systemen – der Regelbesteuerung und dem Reverse-Charge-Verfahren – umgehen müssen.