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Mit Urteil vom 22.08.2013 hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen auf den Kopf gestellt.
Nachdem sich die Finanzverwaltung vorerst der Meinung des BFH angeschlossen hatte und das Reverse-Charge-Verfahren nur dann zur Anwendung kommen ließ, wenn die Bauleistung wieder für eine konkrete Ausgangsbauleistung des Leistungsempfängers verwendet wurde, gilt seit dem 01.10.2014 weitestgehend wieder die alte Rechtslage.
Für die Entstehung der Umsatzsteuerschuld bei Bauleistungen ist also nicht die konkrete Verwendung der Eingangsbauleistung entscheidend, sondern es wird wieder der Gesamtumsatz des Leistungsempfängers betrachtet, so dass es darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen erbringt.

Nur hinsichtlich der Beurteilung von Bauleistungen an Bauträger bleibt es bei der Rechtslage, die das BFH-Urteil vorgegeben hat: Für diese Fälle ist § 13b UStG also auch künftig nicht mehr anwendbar.
Im Einzelnen sind seit dem 01.10.2014 folgende Maßnahmen zur Besteuerung von Bauleistungen vorgesehen:
Um dem leistenden Unternehmer den Nachweis zu erleichtern, dass der Empfänger seiner Leistung nachhaltig tätig wird, sieht der neue § 13b UStG vor, dass die zuständige Finanzbehörde dem Leistungsempfänger eine Bescheinigung ausstellt, aus der sich genau dies ergibt.
Dabei handelt es sich um eine gesonderte Bescheinigung neben der Bescheinigung gemäß § 48b Einkommensteuergesetz (EStG) für Zwecke der Bauabzugsteuer.
Diese ist nicht länger als drei Jahre gültig, ein Widerruf oder eine Zurücknahme ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich. Zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft kann es auch dann kommen, wenn die Bescheinigung zwar ausgestellt, jedoch nicht gegenüber dem leistenden Unternehmer verwendet wurde.

Musterantrag auf amtliche Bescheinigung für Bauunternehmer

An das Finanzamt

Antrag auf Ausstellung eines Nachweises zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bau- und/oder Gebäudereinigungsleistungen (USt 1 TG)
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir beantragen die Ausstellung eines Nachweises zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bau- und/oder Gebäudereinigungsleistungen (USt 1 TG).
Wir führen die folgenden Leistungen nachhaltig aus:
• Bauleistungen im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG
• Gebäudereinigungsleistungen im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG
Mit freundlichen Grüßen

Im Rahmen des Bescheinigungsverfahrens müssen die Finanzämter über die Frage der Nachhaltigkeit entscheiden. Dabei sind sie angewiesen, wieder maßgeblich auf den Anteil der Bauleistungen am Gesamtumsatz des Leistungsempfängers abzustellen.
Hierfür greift wieder die 10-Prozent-Grenze: Das Kriterium der Nachhaltigkeit ist dann erfüllt, wenn der Unternehmer mindestens 10 % seines Weltumsatzes mit Bauleistungen erwirtschaftet.

Hinweis

Erbringen Sie als Unternehmer Bauleistungen unterhalb der 10-%-Grenze, gelten Sie damit im Regelfall nicht als Bauleister und müssen den Wechsel der Steuerschuldnerschaft für Bauleistungen nicht beachten.
Auch wenn Sie „klassischer“ Bauträger sind, also keine Bauleistungen erbringen, sondern bebaute Grundstücke an Ihre Kunden liefern, müssen Sie das Reverse-Charge-Verfahren nicht in Erwägung ziehen.
Schließlich kann es beim Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger bleiben, wenn beide Parteien übereinstimmend hiervon ausgegangen sind und wenn dadurch keine Steuerausfälle entstehen.
Das ist dann der Fall, wenn der Leistungsempfänger den an ihn erbrachten Umsatz zutreffend versteuert hat.
Durch die gesetzliche Neuregelung herrscht seit dem 01.10.2014 Klarheit bei der Abrechnung von Bauleistungen. Mit der Einführung des Bescheinigungsverfahrens wurde in diesem Bereich wieder Rechtssicherheit hergestellt.
Für Gebäudereinigungsleistungen gelten die Grundsätze zu den Bauleistungen in entsprechender Anwendung. Dies betrifft vor allem die 10-Prozent-Nachhaltigkeitsgrenze, die USt-1-TG-Bescheinigung und die Vereinfachungsregelung.

Hinweis

Zusammengefasst und vereinfacht lässt sich die Anwendung der Steuerschuldumkehr für Bauleistungen für das Jahr 2014 und danach zeitlich wie folgt einteilen:
1. Leistungen vor dem 14.02.2014
Man darf sich aufgrund von Übergangsregelungen grundsätzlich auf die Rechtslage vor dem Ergehen der BFH-Entscheidung vom 22.08.2013 berufen (Globalbetrachtung möglich, aber kein Muss).
2. Leistungen ab dem 14.02.2014 bis zum 30.09.2014
Einzelfallbetrachtung: Anwendung der BFH-Regelung sowie der hierzu ergangenen BMF-Schreiben (Abkehr von der Umkehr der Steuerschuldnerschaft, es wird auf die konkrete Verwendung der Bauleistung abgestellt).
3. Leistungen ab dem 01.10.2014
Globalbetrachtung:
Anwendung der neuen gesetzlichen Regelung und weitgehende Rückkehr zu der bis zum Ergehen des BFH-Urteils vom 22.08.2013 geltenden alten Verwaltungsmeinung (kein Abstellen auf die konkrete Verwendung der Bauleistung/10-Prozent-Regelung), Rechtssicherheit durch Einführung eines neuen Bescheinigungsverfahrens.