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Aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten befinden sich in nahezu jeder Bilanz. Jüngst entschied auch der BFH, dass es keine Geringfügigkeits- oder Kleinbetragsgrenzen gibt. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, sind Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden. Das ist selbst dann Pflicht, wenn die Abgrenzungen wie bei Kfz-Steuern nur wenige Euro betragen.

Aktive Rechnungsabgrenzungsposten

In der Handelsbilanz sind gemäß § 250 Abs. 1 HGB auf der Aktivseite der Bilanz Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen, wenn

* Ausgaben vor dem Abschlussstichtag getätigt werden und
* diese als Aufwand
* für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag

zu berücksichtigen sind. Gleiches gilt gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG für die Steuerbilanz bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG. Der Ausweis erfolgt durch Aktivierung der Aufwendungen auf der Aktivseite der Bilanz und ist zur periodengerechten Gewinnermittlung erforderlich. Der Aufwand wird dadurch in das Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit verschoben und erst mit Auflösung des Aktivpostens im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit berücksichtigt.

Wichtig ist in der Praxis, dass die Bildung nur erfolgt, wenn der Aufwand „für eine bestimmte Zeit“ nach dem Abschlussstichtag anfällt. Eine bestimmte Zeit liegt nur vor, wenn die abzugrenzende Ausgabe für einen konkreten nach dem Abschlussstichtag liegenden Zeitraum geleistet wurde (z. B. für einen bestimmten Tag, Woche, Monat usw.). Lässt sich der Zeitraum nur durch eine Schätzung ermitteln, ist kein Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden (BFH 3.11.82, I B 23/82). Deshalb sind Entwicklungskosten künftiger Produkte nicht zu aktivieren, da diesen keine bestimmte Zeit zugeordnet werden kann.

Beispiel 1

Ein Unternehmer entrichtet am 17.10.2021 eine Anzahlung i. H. v. netto 10.000 EUR für einen Messestand in der Zeit vom 5.3. bis 12.3.2022.

Lösung:

Im Jahr 2021 liegt eine Ausgabe vor, welche erst im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit (2022) als Aufwand zu berücksichtigen ist. Da die Zahlung für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag geleistet wird (5.3. bis 12.3.2022), sind die Aufwendungen zum 31.12.2021 als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren. Der Aktivposten wird im Jahr 2022 aufgelöst, sodass sich im Jahr 2022 eine Gewinnminderung von 10.000 EUR ergibt.

Beachten Sie | Rechnungsabgrenzungsposten sind nur bei Gewinnermittlung durch Bilanzierung zu bilden. Wird der Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung ermittelt, gilt das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Im Beispiel würden sich bereits im Zahlungsjahr 2021 Betriebsausgaben von 10.000 EUR ergeben. Nur wenn Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet werden, ergibt sich gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG eine Verteilung auf den Zahlungszeitraum. Gleiches gilt bei Einnahmen (§ 11 Abs. 1 Satz 3 EStG – Wahlrecht).

Beispiel 2

Ein Unternehmer muss jährlich zum 1.12. Erbbauzinsen i. H. v. 12.000 EUR entrichten. Das Erbbaurecht läuft jeweils vom 1.12. bis zum 30.11. des Folgejahres. Bis zum 31.12.2021 hat der Unternehmer die Zahlung nicht geleistet.

Lösung:

Zum 31.12.2021 ist eine Verbindlichkeit i. H. v. 12.000 EUR zu passivieren. Zugleich erfolgt die Aktivierung der auf das Folgejahr 2022 entfallenden Beträge von 11.000 EUR als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten. Der Gewinn des Jahres 2021 mindert sich um 1.000 EUR, der Gewinn des Jahres 2022 um 11.000 EUR.

Besonderheit: Damnum/Disagio

Hierbei handelt es sich um den Unterschiedsbetrag zwischen Erfüllungsbetrag und Ausgabebetrag einer Verbindlichkeit (§ 250 Abs. 3 HGB). Wird beispielsweise ein Darlehen i. H. v. 100.000 EUR aufgenommen, von dem nur 97.000 EUR ausgezahlt wurden (zurückzuzahlen sind aber 100.000 EUR), so beträgt das Damnum 3.000 EUR (quasi ein Zins vorab). Handelsrechtlich besteht ein Wahlrecht zur Aktivierung und linearen Abschreibung auf die Darlehenslaufzeit. Steuerlich ist das Damnum zwingend als Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren. Dabei ist der Posten ratierlich über die gesamte Darlehenslaufzeit, bei Tilgungs- oder Abzahlungsdarlehen degressiv nach der Zinsstaffelmethode und bei Endfälligkeitsdarlehen linear aufzulösen. Bei vorzeitiger Sondertilgung des Darlehens ist der Rechnungsabgrenzungsposten im Verhältnis der Sondertilgung zu dem Gesamtdarlehensbetrag aufzulösen (BFH 24.6.09, IV R 26/06).

Beispiel 3

Ein Unternehmer hat am 1.9.2021 ein Darlehen i. H. v. 100.000 EUR aufgenommen, von dem nur 95.000 EUR ausgezahlt wurden. Das Darlehen hat eine Laufzeit von fünf Jahren und ist jährlich mit 20.000 EUR zu tilgen. Die Zinsen von 1,5 % jährlich sind ebenfalls jährlich (erstmals am 1.9.2022) zu entrichten.

Lösung:

Aufgrund der Differenz zwischen Erfüllungs- und Ausgabebetrag ergibt sich ein Damnum i. H. v. 5.000 EUR. Dieses ist zum 1.9.2021 zu aktivieren und auf die Laufzeit des Darlehens degressiv zu verteilen (Tilgungsdarlehen). Denn auf die erste Darlehensrate entfällt durch die Tilgung ein höherer Auflösungsbetrag, als auf die zweite Darlehensrate usw. Der auf das Jahr 2021 entfallende und gewinnwirksame Anteil des Damnums ermittelt sich wie folgt:

Summe der Ratenzahlungen:
15
(1 + 2 + 3 + 4 + 5)

Gewichtete Rate erstes Laufzeitjahr:

5
(nächstes Jahr 4 usw.)

Auf das erste Jahr entfallen:

1.667 EUR
(5.000 ÷ 15 × 5)

Zeitanteilig für vier Monate:

 556 EUR
(1.667 ÷ 12 × 4)

Das Damnum ist zum 31.12.2021 um 556 EUR zu reduzieren und mindert den Gewinn des Jahres 2021. Zugleich ist zum 31.12.2021 eine Verbindlichkeit für die das Jahr 2021 betreffenden Zinsen i. H. v. 500 EUR zu passivieren (100.000 × 1,5 % × 4 ÷ 12).

Passive Rechnungsabgrenzungsposten

Im Gegensatz zu den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten ergeben sich passive Rechnungsabgrenzungsposten, wenn Einnahmen vor dem Abschlussstichtag zufließen und diese Erträge für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen (§ 250 Abs. 2 HGB und § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG). Bei passiven Rechnungsabgrenzungsposten ist der Begriff der „bestimmten Zeit“ jedoch weiter auszulegen. Auch eine fundierte Schätzung des Zeitablaufs reicht zur Passivierung aus. Ebenso, wenn es sich um zeitlich nicht begrenzte Dauerleistungen handelt („immerwährende Zeit“ – BFH 15.2.17, VI R 96/13). Typische Beispiele hierfür sind von Mietern erhaltene Mietvorauszahlungen oder bereits vereinnahmte Garantiegebühren. Letztere sind während der Garantiezeit insoweit aufzulösen, als die Vergütung auf den bereits abgelaufenen Garantiezeitraum entfällt (BFH 23.3.95, IV R 66/94). Auch im Voraus erhaltene zeitraumbezogene Honorare sind passiv abzugrenzen, wenn diese anteilig auf das nächste Jahr entfallen und für den gesamten Zeitraum eine Dauerverpflichtung besteht (BFH 10.9.98, IV R 80/96). Passive Rechnungsabgrenzungsposten ergeben sich aber nur, wenn auf die Einnahme zum Abschlussstichtag bereits ein Rechtsanspruch besteht. Ohne diesen handelt es sich um empfangene Anzahlungen, die als solche zu passivieren sind.

Beispiele 4 und 5

4. Der Unternehmer erhält für eine vermiete Maschine die Miete für November 2021 bis April 2022 (sechs Monate) bereits am 1.11.2021 (3.000 EUR).

Lösung: Die Einnahme (Miete) fließt im Jahr 2021 zu, stellt jedoch teilweise einen Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag dar (Januar bis April 2022). Daher ist zum 31.12.2021 insoweit ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe der erhaltenen und auf das Jahr 2022 entfallenden Miete zu bilden (2.000 EUR; 3.000 ÷ 6 Monate × 4 Monate). Dieser wird im Jahr 2022 aufgelöst. Der Gewinn 2021 erhöht sich folglich um 1.000 und der Gewinn 2022 um 2.000 EUR.

5. Ein Friseursalon gibt zum Jahresende 2021 ihren Stammkunden kostenlos Gutscheine aus. Mit diesen lassen sich bei Einlösung im nächsten Jahr die Kosten eines Friseurbesuchs reduzieren (fixe oder prozentuale Ermäßigung).

Lösung: Ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten für die ausgegebenen Gutscheine ist zum 31.12.2021 nicht zu bilden, da es an einer erhaltenen Einnahme vor dem Abschlussstichtag mangelt. Denn die Gutscheine wurden als Zugabe ausgegeben. Die Passivierung einer Verbindlichkeit oder Rückstellung kommt ebenfalls nicht in Betracht (BFH 19.9.12, IV R 45/09).

Transitorische und antizipative Posten

Bei den genannten Rechnungsabgrenzungsposten handelt es sich um transitorische Posten (Ausgabe/Einnahme vor Abschlussstichtag und Aufwand/Ertrag nach Abschlussstichtag). Antizipative Posten entstehen dagegen, wenn die Ausgabe/Einnahme erst nach dem Abschlussstichtag gezahlt wird und diese einen Aufwand/Ertrag vor dem Abschlussstichtag darstellt. Typischerweise liegen antizipative Posten also bei Forderungen und Verbindlichkeiten vor. Die Auswirkungen sind mit denen von Rechnungsabgrenzungsposten identisch. Antizipative Posten können aber auch nach

Maßgabe des § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG als Rechnungsabgrenzungsposten zu berücksichtigen sein. Dies ist der Fall für

1. als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen und für
2. als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

Rechnungsabgrenzungsposten – auch bei geringer Bedeutung erforderlich

In Rechtsprechung und Literatur wurde zum Teil die Auffassung vertreten, dass Rechnungsabgrenzungsposten nicht gebildet werden müssen, wenn diese von Betrag und Auswirkung her nicht wesentlich sind (vgl. zur Wesentlichkeit BFH 20.6.00, VIII R 32/98, zu Rechnungsabgrenzungsposten BFH 18.3.10, X R 20/09). Für geringe Rechnungsabgrenzungsposten soll nach dieser Auffassung vielmehr ein Wahlrecht zur Aktivierung bestehen. Demgegenüber entschied der BFH jetzt mit Urteil vom 16.3.21 (X R 34/19), dass sich weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Einschränkung der gesetzlichen Pflicht zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten entnehmen lässt.

Konkret fehlt es an einer rechtlichen Grundlage für ein Wahlrecht zur Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten in Fällen von geringer Bedeutung. Auch die Regelungen bei der Behandlung geringwertiger Wirtschaftsgüter i. S. d. § 6 Abs. 2 EStG können nicht auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten übertragen werden. Denn es handelt sich bei diesen nicht um ein Wirtschaftsgut. Die Bildung von (geringen) Rechnungsabgrenzungsposten widerspricht auch nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Denn der Aufwand zur Ermittlung und Bildung steht nicht in einem unangemessenen Verhältnis zur Verbesserung des Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens. Weiterhin können eine Vielzahl von (geringen) Rechnungsabgrenzungsposten in der Summe zu einer insgesamt bedeutenden Verzerrung der Vermögenslage führen.

Fazit | Rechnungsabgrenzungsposten in nahezu jeder Bilanz: Das neue BFH-Urteil und die Gesetzeslage führen dazu, dass in der Praxis nahezu jede Bilanz zumindest einen kleinen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten ausweisen muss. Denn sobald dem Betriebsvermögen ein Fahrzeug zugeordnet wurde, fallen für dieses Kfz-Steuern an. Die Steuern beziehen sich aber anders als Kfz-Versicherungen nicht auf ein Kalenderjahr.

Sie umfassen vielmehr den kommenden Jahreszeitraum seit Zulassung des Fahrzeugs auf den jeweiligen Fahrzeughalter. Erfolgte die Zulassung zwischen dem 1.2. und 31.12. eines Jahres, entfällt die gezahlte Steuer des ersten und jeden weiteren Jahres zwangsläufig zu 1/12 bis 11/12 auf das nachfolgende Kalenderjahr. Diese Beträge sind als Rechnungsabgrenzungsposten im Jahresabschluss auszuweisen (vgl. auch BFH 19.5.10, I R 65/09), selbst wenn sie betragsmäßig nur gering sind.

Fundstelle
BFH 16.3.21, II R 3/19