Nachdem der BFH vor Kurzem bereits den Fremdvergleich bei Arbeitsverträgen zwischen Angehörigen entschärft hatte, indem ein fehlender Arbeitsnachweis oder mehr geleistete Stunden als vertraglich vereinbart nicht das Aus für die steuerliche Anerkennung bedeuten, hat der BFH nun dem Formalismus der Finanzämter eine weitere Abfuhr erteilt.
Nach dem aktuellen Urteil sind bei der steuerlich erforderlichen Prüfung der Fremdüblichkeit von zwischen nahen Angehörigen vereinbarten Vertragsbedingungen großzügigere Maßstäbe anzulegen, wenn der Vertragsschluss – wie etwa über ein Darlehen – unmittelbar durch die Erzielung von Einkünften veranlasst ist.
BFH 22.10.13, X R 26/11,
BFH 17.7.13, X R 31/12; 25.1.00, VIII R 50/97, BStBl II 00, 393; 9.10.01, VIII R 5/01, BFH/NV 02, 334; 19.8.08, IX R 23/07, BFH/NV 09, 12
BVerfG 7.11.95, 2 BvR 802/90, BStBl II 96, 34
Steuerberater Leipzig, Steuerkanzlei Leipzig, Jens Preßler
Sachverhalt
Im Urteilsfall hatte der Sohn von seinem Vater eine Bäckerei mit umfangreichem Betriebsinventar erworben. In Höhe des Kaufpreises gewährte der Vater ein verzinsliches Darlehen an den Sohn. Seine Forderung gegenüber dem Sohn trat er wiederum sofort an seine Enkel ab, den minderjährigen Kindern des Sohnes. Laut Darlehensvertrag sollten die jährlichen Zinsen dem Kreditbetrag zugeschrieben werden. Für beide Seiten galt eine Kündigungsfrist von sechs Monaten.
Entscheidung
Der BFH erkannte die Zinsaufwendungen des Sohnes im Gegensatz zur Vorinstanz als Betriebsausgaben an, weil der Sohn den Mittelbedarf für seine betriebliche Investition ohne das Angehörigendarlehen bei einem Kreditinstitut hätte decken müssen. Insoweit sind bei der Durchführung des Fremdvergleichs großzügigere Maßstäbe anzulegen als in Fällen, in denen etwa Eigenmittel dem Betrieb entnommen und als Angehörigenkredit zurückgewährt werden. In diesem Zusammenhang können einzelne unübliche Klauseln durch andere Vereinbarungen kompensiert werden. Das geht solange, wie gewährleistet ist, dass die Vertragschancen und -risiken insgesamt in fremdüblicher Weise verteilt sind.
So kann beispielsweise das Fehlen von Sicherheiten bei kurzer Kündigungsmöglichkeit durch einen höheren Zinssatz ausgeglichen werden. Wichtig bleibt aber, ob und wann die Zinsen tatsächlich an die Enkel ausgezahlt werden.
Praxishinweis?
Der BFH erläutert in seiner aktuellen Bäckerei-Entscheidung ausführlich seine Beurteilung unter Heranziehung der Urteile aus der Vergangenheit, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkunftserzielung veranlasst oder aber durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen nach § 12 EStG motiviert sind.
Das beinhaltet auch die Neuausrichtung seiner Rechtsprechung im Anschluss an den Beschluss des BVerfG zur Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten innerhalb der Verwandtschaft.