Preisgelder für Dissertationen oder sonstige wissenschaftliche Arbeiten, die während des Anstellungsverhältnisses mit einer Universität erstellt werden, sind nach einem aktuellen Urteil des FG Köln zumindest dann als Arbeitslohn zu versteuern, wenn dem Mitarbeiter im Rahmen des Arbeitsverhältnisses die entsprechende Zeit eingeräumt wird.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige erstellte während ihrer Zeit als befristet angestellte wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität ihre Dissertation. Für diese erhielt sie ein Preisgeld, das von der Wirtschaft gesponsert und von der Uni vergeben wurde. Die Uni verpflichtete die Preisträger, eine managementfähige Präsentation für den Sponsor zu erstellen sowie ggf. dort einen Fachvortrag zu halten.
Das FA erkannte die Druckkosten der Dissertation als Werbungskosten an, erfasste aber das Preisgeld als Arbeitslohn. Hiergegen wandte sich die Steuerpflichtige. Nach Auffassung der Doktorandin sei das Preisgeld nicht für eine Tätigkeit an der Uni geleistet worden, sondern stelle eine Anerkennung für eine bestimmte Forschungstätigkeit dar. Die Anstellung an der Uni sei auch keine Voraussetzung für die Preisverleihung.
Entscheidung
Das FG weist die Klage als unbegründet zurück. Die Revision wird zugelassen, da der BFH die Frage der Steuerbarkeit von Dissertationspreisen für wissenschaftliche Mitarbeiter einer Universität noch nicht entschieden hat.
Zum Begriff des Arbeitslohns
Zum Arbeitslohn gehören alle in Geld oder Geldeswert bestehenden wirtschaftlichen Vorteile, die dem Arbeitnehmer für die Überlassung seiner individuellen Arbeitskraft zufließen, also „für“ eine Beschäftigung gewährt werden und durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind (Gegenleistung im weitesten Sinne). Dies gilt auch für verliehene Preise, die in untrennbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Arbeitslohn stehen. Lediglich Preise, die für das Lebenswerk oder das Gesamtschaffen verliehen werden, werden außerhalb einer Einkunftstätigkeit bezogen und sind steuerlich unbeachtlich.
Preisgeld für Dissertation durch Arbeitsverhältnis veranlasst
Im Streitfall ist das Preisgeld durch das ehemalige Arbeitsverhältnis der Steuerpflichtigen als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni veranlasst und stellt sich nach objektiven Gesichtspunkten im weitesten Sinne als Frucht der Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin dar. Sie hat ihre Dissertation (auch) im Rahmen ihrer Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin gefertigt, wenngleich arbeitsvertraglich keine ausdrückliche Pflicht zur Promotion bestand. Laut Arbeitsvertrag war ihr jedoch ausreichend Gelegenheit u. a. zum Erwerb sonstiger Qualifikationen, also z. B. zur Erstellung einer Dissertation, zu geben. Diese Verpflichtung hat der Lehrstuhl erfüllt, indem die Steuerpflichtige zum Ende der Promotion immer weniger für den Lehrstuhl arbeiten musste und sich mehr um die Dissertation kümmern konnte. Damit ist die Dissertation auch das Ergebnis ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Das Preisgeld als Anerkennung ihrer Forschungstätigkeit ist mithin tätigkeitsbezogen und Frucht dieser Tätigkeit.
Weiterhin wurde der Preis durch die Uni als ihrem ehemaligen Arbeitgeber vergeben, sodass im Zweifel alle Zuwendungen unter dem Gesichtspunkt des Austauschs von Dienstleistung und Gegenleistung erfolgen.
Der konkrete Veranlassungszusammenhang wird auch nicht dadurch aufgehoben oder überlagert, dass die Dissertation außerhalb der Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin erstellt wurde und der Preis auch Promotionsstudenten offensteht, die nicht wissenschaftliche Mitarbeiter der Uni sind.
Die Steuerpflichtige hat den Preis auch nicht für ihr „Lebenswerk“ oder „Gesamtschaffen“ erhalten, sondern leistungsbezogen hinsichtlich eines Einzelwerks, da der Preis laut Sponsoringvertrag auf die Dotierung der besten drei Promotionen eines Jahrgangs gerichtet ist.
Dissertation gehört zur Erwerbssphäre
Der Zusammenhang zwischen dem Preis und den Lohneinkünften ergibt sich auch daraus, dass eine Dissertation zum einen Zugangsvoraussetzung für die wissenschaftliche Laufbahn einer Akademikerin ist und zum anderen sich Doktoranden von einem Doktortitel bessere Chancen im Berufsleben versprechen.
Die Steuerpflichtige hat zudem ihre Dissertation durch Ansatz der Druckkosten als Werbungskosten der Erwerbssphäre zugeordnet, sodass die aufgrund dieser Dissertation erhaltenen wirtschaftlichen Vorteile in die Erwerbssphäre fallen.
Fazit | Preisgelder für Dissertationen oder sonstige wissenschaftliche Arbeiten, die während des Anstellungsverhältnisses mit einer Universität erstellt werden, sind nach diesem Urteil zumindest dann als Arbeitslohn zu versteuern, wenn dem Mitarbeiter im Rahmen des Arbeitsverhältnisses die entsprechende Zeit eingeräumt wird. Der Urteilsfall ist nicht zu vergleichen mit dem vom FG Nürnberg (25.2.14, 1 K 1718/12) entschiedenen Fall, in dem ein Krankenhausarzt neben seinem Arbeitsverhältnis für seine Tätigkeit in einer internationalen Forschungsgruppe von einer Stiftung, die mit seinem Arbeitgeber verbunden war, einen Preis erhielt. Letztlich bleibt aber die ggf. zu erwartende Revisionsentscheidung des BFH abzuwarten. Unstreitig dürften z. B. Preise, die Studenten für sehr gute Examensnoten von Sponsoren gewährt werden, nicht einkommensteuerbar sein.
Fundstelle
FG Köln 18.2.20, 1 K 1309/18