Betreiber von PV-Anlagen, die die Voraussetzungen nach § 3 Nr. 72 EStG erfüllen, müssen seit 2022 ihre Einnahmen und den Eigenverbrauch nicht mehr versteuern. Doch was ist mit Ausgaben, die erst 2022 anfielen und nachweislich Leistungen betreffen, die wirtschaftlich dem Jahr 2021 oder früher zugeordnet werden können? Nach einem vielversprechenden Finanzgerichtsurteil sollten dem Finanzamt diese Ausgaben unbedingt trotz der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG präsentiert werden.
Grundsätze für nachlaufende Betriebsausgaben trotz Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG
Musste ein Steuerzahler im Jahr 2024 nach einer Umsatzsteuerprüfung wegen des Betriebs einer PV-Anlage für die Jahre 2019 bis 2021 nachzahlen und trägt diese Ausgaben in der Anlage EÜR 2024 und in der Anlage G 2024 ein, wird das Finanzamt diesen Betriebsausgabenabzug ablehnen. Die Ablehnung wird in der Regel mit den Ausführungen im BMF-Schreiben vom 17.7.2023, IV C 6 – S 2121/23/10001 :001; Tz. 21 und 29 begründet.
Praxistipp
Doch gegen die Ablehnung des Betriebsausgabenabzugs in Steuerjahren ab 2022, die nachweislich Ausgaben betreffen, die wirtschaftlich Steuerjahre bis Ende 2021 zuzuordnen sind, lohnt sich gegen den nachteiligen Steuerbescheid ein Einspruch. Begründet werden sollte dieser mit einem steuerzahlerfreundlichen Urteil des FG Münster (21.10.24, 1 V 1757/24 E) in einem Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung und einem Revisionsverfahren beim BFH (III R 35/24).
Finanzgericht äußert Zweifel an der Ablehnung des Betriebsausgabenabzugs
Die Begründung des FG Münster im AdV-Beschluss vom 21.10.2024 zur Ablehnung des Betriebsausgabenabzugs für Ausgaben, die nachweislich den Steuerjahren bis Ende 2021 wirtschaftlich zuzurechnen sind, ist vielversprechend. Denn weder in § 3 Nr. 72 EStG, noch in § 52 Abs. 4 Satz 28 EStG und im BMF-Schreiben vom 17.7.2023 sind Aussagen zum Betriebsausgabenabzug enthalten. Vielmehr wird in diesen Vorschriften ausschließlich die Einnahmenseite geregelt.
In dem Fall des FG Münster beantragte der Betreiber einer PV-Anlage trotz Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG im Jahr 2022 einen Betriebsausgabenabzug für Steuerberatungskosten für die Jahre 2020 und 2021 und für Umsatzsteuernachzahlungen für 2020. Die Richter äußerten gegen das Betriebsausgabenabzugsverbot ernstliche Zweifel und gewährten die Aussetzung der Vollziehung.
Verhaltensknigge für Betreiber von PV-Anlagen
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Schritt 1: Zunächst sollten die ab dem Jahr 2022 gezahlten Rechnungen im Zusammenhang mit einer seit 1.1.2022 steuerfrei betriebenen PV-Anlage herausgesucht und untersucht werden.
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Schritt 2: Alle Rechnungen, die nachweislich Leistungen für die Steuerjahre bis Ende 2021 betreffen, sollten in der Anlage EÜR und in der Anlage G ab 2022 eingetragen werden.
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Nachlaufende Ausgaben, die dem FA präsentiert werden können: | ||
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Schritt 3: Lehnt das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug für Steuerjahre ab 2022 mit dem Hinweis auf § 3 Nr. 72 EStG ab, sollte Einspruch einlegt und mit Hinweis auf das Revisionsverfahren beim BFH (III R 35/24) ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens gestellt werden.
Mehrere Musterverfahren bei Finanzgerichten
Gegen die Ablehnung des Betriebsausgabenabzugs sind mehrere Musterverfahren bei verschiedenen Finanzgerichten anhängig. Sollte das Urteil im ersten Revisionsverfahren beim BFH nicht steuerzahlerfreundlich enden, dürften noch weitere Revisionsverfahren folgen. Gemeint sind folgende Verfahren: FG Nürnberg, 4 K 1440/23; FG Münster, 7 K 105/24, 7 K 219/24; FG Niedersachsen, 2 K 45/24, 5 K 52/24, 3 K 131/24).
Strenge Auffassung der Finanzverwaltung teils vorteilhaft
Die strenge Auffassung der Finanzverwaltung birgt natürlich auch steuerliche Vorteile, insbesondere, wenn ein Steuerzahler sich im Jahr 2021 eine PV-Anlage hat installieren lassen, auf die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG verzichtet hat und in der Umsatzsteuerjahreserklärung 2021 eine Vorsteuererstattung beantragt hatte. Erhält er diese Vorsteuererstattung im Jahr 2022 oder in späteren Jahren, kann er diese Einnahme nach Auffassung der Finanzverwaltung nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei vereinnahmen.
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FG Münster 21.10.24, 1 V 1757/24 E (AdV)