An die Form eines Kindergeldantrags sind keine hohen Anforderungen zu stellen, da das Kindergeld der Wahrung des Grundsatzes der Steuerfreiheit des Existenzminimums und der Förderung der Familie dient.
Sachverhalt
Streitig war u. a., ob ein per E-Mail gestellter Kindergeldantrag formwirksam erfolgte.
Grundlage
Für die Frage, ob ein wirksamer Kindergeldantrag vorliegt und wann er eingegangen ist, ist bei Antragseingang bis einschließlich 9.12.2020 § 67 Satz 1 EStG i. d. F. vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen vom 3.12.2020 (BGBl I 20, 2668) maßgeblich.
Hiernach war der Antrag auf Kindergeld „schriftlich“ zu stellen. Der zweite Hs. („eine elektronische Antragstellung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich vorgeschriebene Schnittstelle ist zulässig, soweit der Zugang eröffnet wurde“) wurde erst mit Wirkung ab dem 10.12.2020 eingefügt und ist für vorher gestellte Anträge ohne Belang.
Jedenfalls bis einschließlich 9.12.2020 – und damit auch im Streitfall – konnte ein Kindergeldantrag auch mit einer einfachen E-Mail ohne Beifügung des amtlichen Vordrucks im PDF gestellt werden, selbst wenn sie nur einfach und nicht qualifiziert elektronisch signiert war, also keine Unterschrift und kein elektronisch erstelltes Unterschriftssurrogat enthielt.
Gemäß § 87a Abs. 3 Satz 1 AO konnte die durch Gesetz für Anträge an die Finanzbehörden – zu denen auch die Familienkassen gehören – angeordnete Schriftform durch eine elektronische Form ersetzt werden. Gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 AO genügte der elektronischen Form ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Da eine qualifizierte Signatur eine Unterschrift ersetzt, war sie jedoch nur in den Fällen erforderlich, in denen ein Unterschriftserfordernis besteht. Ansonsten genügte in den Fällen des § 87a Abs. 1 Satz 1 AO, in denen der Empfänger einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente geschaffen hat, eine E-Mail mit einem die Person des Antragstellers erkennbar machenden Zusatz, wie etwa einer Namensangabe als Abschluss der E-Mail.
Entscheidung
Der BFH entschied, dass entgegen der von der Familienkasse vertretenen Auffassung § 67 Satz 1 EStG kein Unterschriftserfordernis enthält. Denn im Steuerrecht kann aus dem Begriff „schriftlich“ nicht ohne Weiteres ein Unterschriftserfordernis abgeleitet werden.
Da eine qualifizierte elektronische Signatur eine Unterschrift ersetzt und für einen Kindergeldantrag kein Unterschriftserfordernis besteht, genügte im Streitfall eine E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur, um einen formwirksamen Kindergeldantrag zu stellen.
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