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Um von der Corona-Krise betroffenen Unternehmern mehr finanzielle Liquidität zu verschaffen, wurden im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz zwei Möglichkeiten geschaffen, bei voraussichtlichen Verlusten im Jahr 2020 einen Antrag auf einen Verlustrücktrag von 2020 auf 2019 zu stellen. Zu unterscheiden sind hier die Fälle, bei denen bislang nur Vorauszahlungen 2019 geleistet wurden und noch keine Steuererklärung für 2019 ans Finanzamt übermittelt wurde oder ob die Steuererklärung 2019 bereits ans Finanzamt übermittelt wurde oder übermittelt werden soll.

Verlustrücktrag – Variante 1: Grundsätze zum pauschalierten Verlustrücktrag

Hat ein Mandant 2019 Vorauszahlungen geleistet und erwartet wegen der Corona-Krise 2020 insgesamt Verluste, kann er bereits heute – ohne Steuererklärung 2020 und ohne Steuerbescheid 2020 – einen Verlustrücktrag zur Minderung der Vorauszahlungen 2019 beantragen.

Der pauschalierte Verlustrücktrag beträgt nach dem neuen § 110 EStG in der Fassung des Corona-Steuerhilfegesetzes grundsätzlich 30 % der Gewinn- und Vermietungseinkünfte, die 2019 zur Ermittlung der Vorauszahlungen berücksichtigt wurden.

Wer profitiert von dem pauschalierten Verlustrücktrag?

Vom pauschalierten Verlustrücktrag von 2020 auf die geleisteten Vorauszahlungen profitieren Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften und mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Voraussetzung für den pauschalierten Verlustrücktrag ist, dass bereits 2019 solche Einkünfte erzielt und in die Ermittlung der Vorauszahlungen eingeflossen sind (analog BMF 24.4.2020, IV C 8 – S 2225/20/10003:010, II, Tz. 1).

Vom neuen pauschalierten Verlustrücktrag profitieren im Übrigen nicht nur natürliche Personen, sondern auch Körperschaften im Sinn des Körperschaftsteuergesetzes wie z. B. eine GmbH oder AG.

Beispiele

1. Ein Gewerbetreibender erzielt seit vielen Jahren Gewinne aus seinem Betrieb. Deshalb wurden 2019 Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt.

Folge: Erwartet der Gewerbetreibende wegen der Corona-Krise für 2020 einen steuerlichen Verlust aus seiner gewerblichen Tätigkeit, kann er einen Antrag auf pauschalierten Verlustrücktrag stellen.

2. Eine Unternehmerin musste 2019 Vorauszahlungen wegen ihrer Gewinneinkünfte leisten. Ihr Unternehmen wurde Ende 2019 veräußert. Im Jahr 2020 erzielt sie erstmals Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und erwartet wegen Verzögerung bei Fertigstellung des Vermietungsobjekts und wegen Mietausfällen aufgrund der Corona-Krise insgesamt steuerliche Verluste.

Folge: Obwohl in den Vorauszahlungen 2019 damals noch keine Vermietungseinkünfte berücksichtigt waren, kann die Steuerzahlerin einen pauschalierten Verlustrücktrag beantragen. Denn im BMF-Schreiben vom 24.4.2020 findet sich in II, Tz. 1 folgende Aussage: Der pauschalierte Verlustrücktrag aus dem Jahr 2020 beträgt 30 % (im BMF-Schreiben stehen noch 15 %; Anhebung auf 30 % im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz) des Saldos der maßgeblichen Gewinneinkünfte und/oder der Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung. Durch die Formulierung „und/oder“ ist ersichtlich, dass Verluste aus Vermietung auch pauschaliert zurückgetragen werden dürfen, selbst wenn Vermietungseinkünfte bei den Vorauszahlungen 2019 noch keine Rolle spielten.

Steuererklärung 2019 liegt dem Finanzamt bereits vor: Kein Problem

Der pauschalierte Verlustrücktrag ist nur möglich, solange für 2019 noch keine Veranlagung der eingereichten Steuererklärungen stattgefunden hat (siehe BMF-Schreiben vom 24.4.2020, Seite 1, letzter Absatz). Das bedeutet im Umkehrschluss: Hat ein Mandant die Steuererklärung bereits elektronisch ans Finanzamt übermittelt, erfolgte allerdings noch keine Bearbeitung, können Sie den Antrag auf pauschalierten Verlustrücktrag für diesen Mandanten noch stellen.

Praxistipp | Wurde aus welchen Gründen auch immer die Einkommensteuererklärung 2019 oder Körperschaftsteuererklärung 2019 bereits ans Finanzamt übermittelt, profitiert Ihr Mandant möglicherweise von Variante 2 zum vorläufigen Verlustrücktrag nach § 111 EStG in der Fassung des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes (siehe unter „Verlustrücktrag – Variante 2“).

Nachweis der Betroffenheit durch die Corona-Krise

Beantragen Sie für einen Mandanten die pauschalierte Herabsetzung der geleisteten Vorauszahlungen 2019, funktioniert das nur, wenn der Mandant von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich „negativ“ betroffen ist. Grundsätzlich sollen die Sachbearbeiter bei solchen Anträgen großzügig agieren. Der Nachweis der Betroffenheit ist bereits zu unterstellen, wenn die Vorauszahlungen zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer auf 0 EUR herabgesetzt wurden.

Höhe des pauschalierten Verlustrücktrags

Der pauschalierte Verlustrücktrag aus dem Jahr 2020 beträgt nach dem Gesetzeswortlaut des neuen § 110 EStG 30 % des Saldos der maßgeblichen Gewinneinkünfte und/oder der Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung.

Praxistipp | In § 110 Abs. 2 EStG weist der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hin, dass anstatt des pauschalierten Verlustrücktrags auch ein höherer, tatsächlich nachgewiesener Verlustrücktrag geltend gemacht werden kann. Hierzu müssen jedoch plausible Unterlagen und Berechnungen vorgelegt werden.

Antrag auf Verzicht einer 5. Vorauszahlung stellen

Bei der Bearbeitung der Steuererklärung 2019 kann es passieren, dass der Sachbearbeiter im Finanzamt eine 5. Vorauszahlung für 2019 festsetzt. Das passiert immer dann, wenn zu erwarten ist, dass die bisherigen Vorauszahlungen 2019 zu niedrig waren und es bei Abgabe der Steuererklärung 2019 andernfalls zu Steuernachzahlungen kommen würde.

Praxistipp | Wie bereits erwähnt, scheidet der pauschalierte Verlustrücktrag aus, sobald die Veranlagung 2019 durch ist. Sie sollten also unbedingt vermeiden, dass das Finanzamt die 5. Vorauszahlung im Steuerbescheid 2019 festsetzt. Stellen Sie deshalb einen Antrag beim Finanzamt, wegen der Corona-Krise ausnahmsweise auf die Festsetzung einer 5. Vorauszahlung für 2019 zu verzichten.

Verlustrücktrag – Variante 2: Vorläufiger Verlustrücktrag

Möchten Sie für Ihren Mandanten bereits eine Steuererklärung für 2019 ans Finanzamt übermitteln, können Sie nach § 111 EStG bereits ohne Steuererklärung 2020 und ohne Steuerbescheid 2020 einen wahrscheinlichen Verlust 2020 in der Steuererklärung für 2019 beantragen. Dieser vorläufige Verlustrücktrag beträgt nach § 111 EStG 30 % des Gesamtbetrags der Einkünfte, allerdings ohne Arbeitslohn. Grundvoraussetzung für die Anerkennung des vorläufigen Verlustrücktrags ist die Herabsetzung der laufenden Vorauszahlungen 2020 auf 0 EUR.

Praxistipp | Auch beim vorläufigen Verlustrücktrag bei Übermittlung einer Steuererklärung für 2019 gilt die Besonderheit, dass der tatsächliche Verlust 2020 auf die Einkünfte 2019 zurückgetragen werden kann, wenn der tatsächliche Verlust über dem pauschalen 30%-Betrag liegt. Das Finanzamt erwartet hier jedoch plausible Unterlagen und Berechnungen zum voraussichtlichen Verlust 2020.

Übergangsregelung bei vorläufigem Verlustrücktrag beachten

Beim vorläufigen Verlustrücktrag von 2020 auf 2019 gilt folgende Übergangsregelung: Wird der Einkommensteuerbescheid vor dem 15.7.2020 bestandskräftig, kann bis zum 1.8.2020 nachträglich ein Antrag auf Berücksichtigung des vorläufigen Verlustrücktrags nach § 111 EStG für 2020 gestellt werden.

Der Einkommensteuerbescheid ist insoweit zu ändern, selbst wenn es dazu keine Änderungsvorschrift in der Abgabenordnung gibt.