Der EuGH bestätigt die deutsche Rechtsauffassung zur Organschaft: Innenumsätze sind auch weiterhin nicht umsatzsteuerbar. Alles bleibt also so, wie es schon immer war. Das klingt bei oberflächlicher Betrachtung wenig sensationell. Bei genauerer Betrachtung ist es für die betroffenen Unternehmen ein Segen!
Ein seltener Fall – der EuGH wurde vom BFH in Sachen Organschaft zweimal mit demselben Sachverhalt befasst:
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Durch ein erstes Vorabentscheidungsersuchen war zu klären, ob die deutsche Regelung zur Organschaft überhaupt unionsrechtskonform ist und ob es zu einer Entnahmebesteuerung kommt. Der EuGH entschied, dass die deutsche Regelung zur Organschaft unionsrechtskonform ist und dass es zu keiner Entnahmebesteuerung kommt.
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Aufgrund weiterer EuGH-Urteile stellten sich dem BFH in demselben Fall neue Vorlagefragen. Durch ein zweites Vorabentscheidungsersuchen war daher zu klären, ob die Innenumsätze entgegen der ständigen BFH-Rechtsprechung vielleicht doch umsatzsteuerbar sind. Auch hier bestätigte der EuGH die deutsche Rechtsauffassung und verneinte die Steuerbarkeit.
Die betroffenen Unternehmen können tief durchatmen! Das zeigt eine Folgenbetrachtung des BFH im ersten Vorlagebeschluss (Rn. 29). Die Gesamtheit der Organträger leistete 2018 Steuerzahlungen in einem Umfang von 10 % des gesamten Steueraufkommens aus der Umsatzsteuer in Deutschland. Dieses belief sich nach dem letzten hierzu vorliegenden Bericht des Bundesministeriums der Finanzen vom 31.1.2019 über die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2018 auf 234,8 Mrd. EUR. Die EuGH-Urteile haben dementsprechend für Deutschland erhebliche fiskalische Auswirkungen: ca. 25 Mrd. EUR!
Hätte der EuGH entschieden, dass Innenumsätze entgegen der ständigen BFH-Rechtsprechung steuerbar sind, hätte dies weitreichende Folgen gehabt. Umsatzsteuerrechtlich dient die Organschaft als Gestaltungsinstrument für Unternehmer, die nicht zum (vollen) Vorsteuerabzug berechtigt sind, und damit insbesondere für
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Banken,
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Unternehmen im Bildungsbereich,
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Unternehmer im Gesundheitswesen,
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Unternehmen im Sozialwesen,
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Vermieter von Wohnungen,
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Versicherungen.
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Nichtabziehbare Vorsteuerbeträge lassen sich für derartige Unternehmen dadurch vermeiden, dass sie mit Dienstleistern Organschaften begründen, sodass die bezogenen Leistungen nicht steuerbar sind.
Praxistipp
Mit dem neuen EuGH-Urteil ist auch hinsichtlich der Innenumsätze „die Kuh vom Eis“. Die Organschaft ist damit ein Stück weit sicherer geworden – doch immer noch nicht wirklich sicher. Denn immer wieder kommt es zu Umsatzsteuernachzahlungen oder Umsatzsteuerausfällen, weil Organschaften unbemerkt weggefallen oder entstanden sind. Hier ist der Gesetzgeber aufgerufen: Organschaft auf Antrag heißt das Zauberwort.
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