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Die für eine Verjährungsunterbrechung nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO erforderliche Außenwirkung liegt auch dann vor, wenn die Finanzbehörde durch eine BZSt-Online-Anfrage direkt auf die IdNr.-Datenbank zugreift. Zuständigkeitsmängel hindern die Unterbrechungswirkung einer Ermittlungsmaßnahme nicht. Ob die Finanzbehörde, welche die Maßnahme durchgeführt hat, örtlich zuständig war, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Maßnahme in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung.

Hintergrund

Die fünfjährige Zahlungsverjährung wird durch die in § 231 Abs. 1 AO abschließend aufgezählten Maßnahmen unterbrochen. Hierzu gehören u. a. Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen. Liegen die Voraussetzungen einer Verjährungsunterbrechung vor, beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, eine neue fünfjährige Verjährungsfrist. An die Verjährungsunterbrechung sind folgende Anforderungen zu stellen:

* Erforderlich ist eine nach außen wirkende Maßnahme. Rein innerdienstliche Maßnahmen reichen nicht aus. Allerdings ist die verjährungsunterbrechende Wirkung einer Wohnsitzanfrage nicht davon abhängig, ob der Zahlungspflichtige von dieser Maßnahme erfährt. Maßgebend ist allein, dass das Finanzamt den Entschluss fasst, seinen Zahlungsanspruch durchzusetzen. Dies muss über den rein innerdienstlichen Bereich hinaus nach außen sichtbar werden.

* Bei einer Verjährungsunterbrechung durch Ermittlungen zum Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen muss hinzukommen, dass das Finanzamt einen besonderen Anlass hatte, zur Realisierung des Zahlungsanspruchs entsprechende Ermittlungsmaßnahmen einzuleiten. Ein solcher Anlass besteht nur, wenn dem Finanzamt der Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen unbekannt ist. Eine rein schematische Anfrage kann die Verjährung nicht unterbrechen.

* Ferner muss die Maßnahme auf die Realisierung eines konkreten Anspruchs, dessen Verjährung unterbrochen werden soll, gerichtet sein.

* Zuständigkeitsmängel hindern die Unterbrechungswirkung der Ermittlungsmaßnahmen übrigens nicht. Die Unterbrechungshandlung nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO stellt einen Realakt dar. Ob die Finanzbehörde, welche die Maßnahme durchgeführt hat, örtlich zuständig war, hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Maßnahme in Bezug auf die Verjährungsunterbrechung. Denn es ist gerade bei unbekanntem Wohnsitz oder Aufenthalt nicht möglich, das zuständige Finanzamt vorab zu ermitteln. Dass eine Finanzbehörde hier nicht willkürlich tätig wird und nicht irgendeine beliebige Finanzbehörde die Verjährung unterbrechen kann, wird durch das weitere, oben bereits genannte Tatbestandsmerkmal erreicht. Jedoch muss die Maßnahme auf die Realisierung eines konkreten Anspruchs gerichtet sein.

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige ist aus Deutschland verzogen. Das Finanzamt konnte die ausländische Wohnanschrift auch durch eine Melderegisterabfrage nicht ermitteln. Mitte 2010 erfolgte daher die Niederschlagung der Steuerrückstände mit Überwachung der Zahlungsverjährung mit Ablauf des Jahres 2015. Eine noch vor Eintritt der Verjährung durchgeführte Online-Anfrage in der beim BZSt geführten Identifikationsnummern-Datenbank ergab die zutreffende ausländische Adresse des Steuerpflichtigen. Mit dem daraufhin erlassenen Abrechnungsbescheid stellte das Finanzamt fest, dass die Steuerrückstände nicht durch Zahlungsverjährung erloschen sind. Streitig war, ob die Online-Abfrage die Zahlungsverjährung unterbrochen hat. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Tatsache interessant, dass die Ermittlungshandlung ausschließlich von Finanzbehörden – nämlich von einem Finanzamt und dem BZSt – vorgenommen wurde. Fraglich war insoweit die erforderliche Außenwirkung. Einspruch und Klage hatten insoweit keinen Erfolg.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des Steuerpflichtigen zurückgewiesen. Das ­Finanzgericht hat zu Recht entschieden, dass die BZSt-Online-Anfrage die Verjährung wirksam unterbrochen hat.

Die Außenwirkung war durch die konkrete Online-Anfrage in der IdNr.-Datenbank des BZSt gegeben. Diese Datenbank wird vom BZSt geführt und grundsätzlich von den Meldebehörden gespeist. Das Finanzamt kann darauf zwar im Wege eines automatisierten Abrufverfahrens zugreifen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Finanzamt mit der BZSt-Online-Datenanfrage eine andere Behörde kontaktiert. Bei dem zur Bundesfinanzverwaltung gehörenden BZSt (Bundesoberbehörde gemäß § 1 Nr. 2 FVG) handelt es sich um eine vom einzelnen Finanzamt (Landesfinanzbehörde gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 FVG) zu unterscheidende Behörde, auch wenn jeweils Finanzbehörden i. S. von § 6 Abs. 2 AO vorliegen.

Ein Grund, eine Online-Auskunft beim Einwohnermeldeamt, die der BFH als Ermittlungshandlung mit Außenwirkung ansieht, anders zu behandeln als eine Online-Anfrage in der IdNr.-Datenbank des BZSt, ist nicht ersichtlich. Denn da in der BZSt-Datenbank weitgehend nur die Meldedaten der Meldebehörden gespiegelt werden, macht es für die Unterbrechung der Zahlungsverjährung keinen Unterschied, ob die für die Vollstreckung zuständige Finanzbehörde Informationen über die Anschrift des Schuldners bei einer Meldebehörde oder dem BZSt erhebt. Beide Stellen sind aus verwaltungsorganisatorischer Sicht Dritte, womit die für die Unterbrechung der Verjährung erforderliche Außenwirkung gegeben ist.

Der Zweck, durch das Erfordernis der Außenwirkung Rechtssicherheit zu schaffen, rechtfertigt in solch einem Fall keine weitere Einschränkung der verjährungsunterbrechenden Maßnahmen.

Praxistipp

Das Erfordernis der Außenwirkung soll Rechtssicherheit schaffen. Soweit ersichtlich ist höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob das auch dann der Fall ist, wenn zwei Finanzämter kooperieren und ob die Ämter dann demselben OFD-Bezirk oder Bundesland zuzurechnen sein dürften. Da die Außenrechtswirkung lediglich Rechtssicherheit schaffen soll, müsste dieses zumindest bei unterschiedlichen OFD-Bezirken oder Bundesländern bejaht werden können.

fundstelle
BFH 21.12.21, VII R 21/19