In Zukunft können Erben einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrag nicht mehr zur Minderung der eigenen Einkommensteuer geltend machen.
Das hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden. Der BFH ist damit von einer rund 45 Jahre währenden höchstrichterlichen Rechtsprechung und entsprechenden Praxis der Finanzverwaltung abgerückt.
BFH-Beschluss vom 17.12.2007, Az. GrS 2/04, DStR 2008, 545
Die Einkommensteuer sei eine Personensteuer. Sie erfasse die im Einkommen zu Tage tretende Leistungsfähigkeit der einzelnen natürlichen Personen und werde daher vom Grundsatz der Individualbesteuerung und vom Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit beherrscht. Hiermit sei es unvereinbar, die beim Erblasser nicht verbrauchten Verlustvorträge auf den Erben zu übertragen.
Allerdings hielt der Große Senat aufgrund des Rechtsstaatsprinzips eine vertrauensschützende Übergangsregelung für notwendig. Die neue Rechtsprechung ist daher erst mit Wirkung für die Zukunft anzuwenden, d.h. erst in solchen Erbfällen, die nach Veröffentlichung dieses Beschlusses eintreten werden.
Da der Beschluss am 12.3.2008 publik gemacht wurde, sind Verluste bei Todesfällen ab dem 13.3.2008 nicht mehr übertragbar. Die Änderung hat in der Rechtsprechung u.a. folgende praktische Auswirkungen:
Bis zum Todesfall nicht verrechnete Spekulationsverluste sind nicht mehr vererbbar.
Auch bei Verlusten aus vermieteten Immobilien oder im Rahmen der Gewinneinkünfte sollten Verluste noch zu Lebzeiten realisiert werden. Das gelingt etwa durch die Auflösung stiller Reserven oder den Verkauf nicht benötigter Betriebsteile.
Ältere Betriebsinhaber sollten prüfen, ob sie Sonderabschreibungen, Bewertungswahlrechte oder Rücklagen überhaupt noch in Anspruch nehmen.
Im Rahmen der Übergangsregelung ist die bisherige Verwaltungsauffassung bis zum 12.3.2008 weiter zu beachten, wonach ein Verlustabzug nur dann zum Tragen kommt, wenn der Erbe durch den Verlust des Erb-lassers auch tatsächlich wirtschaftlich belastet ist.
Nicht von der neuen Rechtslage sind allerdings die Erblasserschulden betroffen. Sie gehen mit dem Erbfall auf die Rechtsnachfolger über und schmälern den erbschaftsteuerlichen Erwerb. Ähnlich sieht es aus, wenn die Nachfolger Kirchensteuer für den Verstorbenen zahlen. Denn diese können sie weiterhin als Sonderausgaben absetzen.