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Der BFH hat aktuell entschieden, dass die vom Gesetzgeber rückwirkend eingeführten formellen Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind.
BFH 19.4.12, VI R 74/10,
BFH 11.11.10, VI R 17/09; VI R 16/09; 9.11.10, VI B 101/10
BVerfG 21.7.10, 1 BvL 11/06 u.a.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen.
Hierzu können auch Aufwendungen im Krankheitsfall gehören. Bestimmte Krankheitskosten, bei denen die medizinische Notwendigkeit nicht offensichtlich ist, dürfen allerdings nur noch berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige ihre Zwangsläufigkeit z.B. durch ein amtsärztliches Gutachten nachweist.
Eine entsprechende gesetzliche Regelung hat der Gesetzgeber durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingeführt. Der Gesetzgeber hat damit auf die Änderung einer langjährigen Rechtsprechung reagiert.
Im zugrunde liegenden Urteilsfall machten die Kläger u.a. die Kosten für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastungen geltend. Sie hatten die medizinische Notwendigkeit der Kur jedoch nicht durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder vergleichbares Attest belegt. Finanzamt und Finanzgericht ließen die Aufwendungen deshalb nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zu.
Die Revision der Kläger war ebenfalls erfolglos. Auf die strenge Art des Nachweises kann nach geltendem Recht nicht (mehr) verzichtet werden. Die nun vom Gesetzgeber geregelten Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
Auch der Umstand, dass die neuen Nachweisregelungen rückwirkend in allen noch offenen Fällen anzuwenden sind, ist verfassungsrechtlich unbedenklich; darin liegt keine unzulässige Rückwirkung.
Praxishinweise:
Trotz der gesetzlichen Neuregelung bleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz in § 33 EStG, dass die Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, ohne dass es im Einzelfall der Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf.
Der BFH betont jedoch, dass dies nur für die eigentliche Heilbehandlung gilt und nicht mehr für solche Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist oder wenn es sich um medizinische Hilfsmittel als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handelt. Hier hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit formalisiert nach § 64 Abs. 1 EStDV nachzuweisen.
Ob und inwieweit die Zulässigkeit der Rückwirkung für die Zeit nach dem Ergehen der Urteile des BFH bis zu der Verkündung des Steuer-vereinfachungsgesetzes am 4.11.2011 gilt, ließ der BFH im Urteilsfall ausdrücklich dahinstehen. Dieses betraf nämlich lediglich den Veranla-gungszeitraum 2006.