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Von den Beteiligungsverhältnissen abweichende inkongruente Gewinnausschüttungen und Wiedereinlagen sind nach ständiger BFH-Rechtsprechung steuerlich anzuerkennen und führen grundsätzlich auch dann nicht zu einem Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO, wenn keine anderen als steuerliche Gründe für solche Maßnahmen bestehen.
BMF 17.12.13, IV C 2 – S 2750-a/11/10001,
BFH 19.8.99, I R 77/96, BStBl II 01, 43; 4.5.12, VIII B 174/11, BFH/NV 12, 1330; 27.5.10, VIII B 146/08, BFH/NV 10, 1865

Steuerberater Leipzig, Steuerkanzlei Leipzig, Jens Preßler


Nach aktuell geänderter Verwaltungsauffassung setzt die steuerliche Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung zunächst voraus, dass eine vom Grund- oder Stammkapital abweichende Gewinnverteilung zivilrechtlich wirksam bestimmt ist.
Unter dieser Bedingung folgt das BMF dem BFH im Grundsatz in allen offenen Fällen.
Allerdings bleiben die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttungen und der verdeckten Einlage unberührt. Dabei müssen drei Voraussetzungen vorliegen:
1. Bei einer GmbH wird im Gesellschaftsvertrag ein anderer Maßstab als das Verhältnis der Geschäftsanteile im Gesellschaftsvertrag festgesetzt. Für eine nachträgliche Satzungsänderung zur Regelung einer ungleichen Gewinnverteilung ist die Zustimmung aller beteiligten Gesellschafter erforderlich.
Alternativ enthält die Satzung anstelle eines konkreten Verteilungsmaßstabs eine Klausel, nach der alljährlich mit mehrheitlicher Zustimmung der Gesellschafter oder einstimmig über eine abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann. Zudem ist der Beschluss mit der in der Satzung bestimmten Mehrheit gefasst worden.
2. Bei einer Aktiengesellschaft wird in der Satzung ein abweichender Gewinnverteilungsschlüssel festgelegt. Für eine nachträgliche Satzungsänderung zur Gewinnverteilung bedarf es der Zustimmung der benachteiligten Aktionäre. Enthält die Satzung nur eine Öffnungsklausel für eine abweichende Verteilung, ist diese für die Wirksamkeit einer inkongruenten Gewinnausschüttung nicht ausreichend.
3. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt dann nur vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gezielt gewählt wird, sodass sie beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem nicht vorgesehenen Steuervorteil führt.
Von einem Gestaltungsmissbrauch ist bei Vereinbarung einer inkongruenten Gewinnausschüttung nicht auszugehen, wenn für die vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Gewinnverteilung unter den besonderen Umständen des Einzelfalls beachtliche wirtschaftlich vernünftige außersteuerliche Gründe nachgewiesen werden.
Als Indiz für eine unangemessene Gestaltung gilt, wenn die Gewinnverteilungsabrede nur kurzzeitig gilt oder wiederholt geändert wird.

Praxishinweis

Der BFH hatte die inkongruente Gewinnausschüttung zur Nutzung von Verlustvorträgen einer Familiengesellschaft und dem sog. Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren zugelassen. Dies gilt auch bei einer Gewinnausschüttung mit einer anschließenden inkongruenten Wiedereinlage.